27. Hattinger Förderpreis für Junge Literatur
Die Vielfalt der Worte

Schirmherr Rainer Sommer (4.v.l.), die Jury und Mit-Organisator Walter Ollenik (2.v.r.) sowie die jungen Auoren und Autorinnen. Den Jurypreis gewann Carolin Nietzke (6.v.l. stehend), der Publikumspreis ging an Lousa Dormann (2.v.l.).
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  • Schirmherr Rainer Sommer (4.v.l.), die Jury und Mit-Organisator Walter Ollenik (2.v.r.) sowie die jungen Auoren und Autorinnen. Den Jurypreis gewann Carolin Nietzke (6.v.l. stehend), der Publikumspreis ging an Lousa Dormann (2.v.l.).
  • hochgeladen von Dr. Anja Pielorz

Unter der Schirmherrschaft vom stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Hattingen, Rainer Sommer, fand mit knapp 100 Besuchern und Besucherinnen im Stadtmuseum Hattingen die 27. Vergabe des Hattinger Förderpreises für Junge Literatur statt. Die acht ausgewählten Beiträge zur Lesung in der Siegerrunde stammten von Louisa Dormann, Dinah Ehnts, Mila Maria Hoyos, Annika Kneipp, Sabrina Mutscheller, Carolin Nietzke, Richard Oppong und Kathrin Thenhausen. Den Jurypreis gewann Carolin Nietzke, der Publikumspreis ging an Louisa Dormann.

Nachdem noch zusätzliche Stühle aufgrund des großen Besucherandrangs herangeschafft wurden, startete die Veranstaltung mit einleitenden Worten von Rainer Sommer, stellv. Bürgermeister der Stadt Hattingen. Er hob die Bedeutung der Literatur und der Worte hervor – bietet sie doch die Möglichkeit, an den Gedanken anderer teilzunehmen. Während – nach Aristoteles – der Geschichtsschreiber nur das wirklich Geschehene mitteilt, darf der Literat auch das aufschreiben, was geschehen könnte. Begleitet von dem Wunsch einer nie versagenden Schreibfeder startete dann die Lesung mit den acht Beiträgen.
Den Anfang machte Mila Maria Hoyos. Die 20jährige zukünftige Kauffrau für audiovisuelle Medien aus Engelskirchen begeisterte mit der Story „Entfernte Verwandte“ und ließ so manchen Teilnehmer und Teilnehmerin in ein Déjà-vu abtauchen: Da kommen sie wieder, die Verwandten, zum Kaffeeklatsch. Detailverliebt und pointiert beschreibt die junge Autorin die Situation und zaubert der Zuhörerschaft so manches Lächeln auf die Lippen.
Weiter geht es mit dem Beitrag „Leben“ von der 18jährigen Dinah Ehnts aus Esens. Sie möchte später journalistisch tätig werden und widmete sich für den Förderpreis dem herausfordernden Thema vom Suizid einer jungen Frau von einer Autobahnbrücke. Sie vollzieht diese Entscheidung nicht, weil sie erkennt, dass Lebendigkeit nicht in Gedanken, sondern in der Welt selbst zu suchen ist. Erinnerungen sind Gefühle, nicht Ereignisse. Sie entstehen durch die vielen Kleinigkeiten im Leben.
Sabrina Mutscheller, Studentin der Pharmazie, aus Linkenheim serviert mit ihrer Story „Verzählt“ eine Mischung aus Liebesgeschichte und Psychologie vor dem Hintergrund der Welt der Zahlen. Ihre Hauptfigur leidet unter dem zwanghaften Impuls, immer wieder in Gedanken Zählrituale aller möglichen Dinge durchführen zu müssen. Wenn sie sich verzählt oder nicht zu Ende zählen kann, beginnt sie von vorn. Das gilt auch für die Sommersprossen des neuen Mitschülers. Doch durch seine Person gelingt ihr ein anderer Blick auf die Dinge.

Großes Interesse an der Lesung

Der 23jährige Richard Oppong aus Hamburg, Student der Biotechnologie, erzählt in „Dieselben Fragen“ über Migration und Flucht aus Afghanistan sowie dem weiblichen Widerstand im Land. Autobiographisch ist seine Geschichte nicht.

Carolin Nietzke, Lektorin, Dozentin und Studentin der Literatur, beschreibt in „Bis zum Ende der Nacht“ die Beziehung eines Mädchens zu seiner Familie, die zunächst gescheitert schien und die im Rahmen des Weihnachtsfestes dann doch durch den Vater ein glückliches Ende nimmt.
Den Abschluss der Lesungen macht Louisa Dormann, Studentin der Germanistik und Sport aus Köln, mit dem Beitrag „Die Mutprobe.“ Zwei Mädchen gehen gegen die Jungs eine Wette ein, eine Nacht in dem Spukbaumhaus zu übernachten. Sie gewinnen die Wette, erhalten aber den versprochenen finanziellen Beitrag nicht, weil man ihnen nicht glaubt. Aber sie erkennen, dass der Gewinn aus dieser Wette für sie persönlich viel größer war als der Geldbetrag.
Annika Kneipp und Kathrin Thenhausen konnten aus persönlichen Gründen nicht vor Ort sein. Ihre Storys wurden durch Jury-Mitglied Lars Friedrich gelesen. Während es bei Annika Kneipp unter dem Titel „Das zweite Datum“ um das Todesdatum auf dem Grabstein der Mutter geht, beschäftigt sich die Geschichte von Kathrin Thenhausen unter dem Titel „Stille Figuren“ mit einem Schachspiel, gespielt von Vater und Kind und der Angst des Kindes, nie gut genug zu sein.

Auf Streifzug durch die Altstadt

Nach der Lesung der Beiträge darf das Publikum mit Hilfe von Stimmzetteln den Publikumspreis küren. Der Jurypreis stand schon vorher fest. Walter Ollenik, Mit-Organisator der Veranstaltung, gibt die Sieger bekannt: Es sind Carolin Nietzke und Louisa Dormann. Gewonnen haben aber eigentlich alle acht Beiträge – denn sie zeigen, dass Vielfältigkeit und Begeisterung für Worte und Literatur auch in der jungen Generation nicht abnehmen. Die jungen Teilnehmer und Teilnehmerinnen erlebten nicht nur eine spannende Förderpreis-Vergabe, sondern am Vorabend der Veranstaltung auch ein gemütliches Beisammensein und einen geführten Stadtrundgang mit Lars Friedrich durch die romantische Altstadt von Hattingen.

Hintergrund:
Der Hattinger Förderpreis wird seit 1991 vergeben. Initiiert wurde er von der Kulturinitiative Hattingen/Ruhr (KUBISCHU). Seit 2011 wird er gemeinsam von der Stadt Hattingen und dem Förderverein des Stadtmuseums ausgelobt. Er richtet sich an junge Erwachsene im Alter von 16 bis 25 Jahren. Die literarischen Texte werden in deutscher Sprache eingereicht und dürfen fünf DIN A4-Seiten nicht überschreiten und bisher noch nicht veröffentlicht worden sein. Die fünfköpfige Jury – aktuell sind es die Buchhändlerin Julia Fischer, Oberstudienrätin a.D. Ursula Ollenik, Journalist und Stadtführer Lars Friedrich, Grundschulrektorin a.D. Christa Heinbruch sowie Buchhändler Robin Müller - wählt aus allen Einsendungen acht Autorinnen und Autoren für die öffentliche Lesung aus und vergibt den Jurypreis. Zusätzlich wird nach der Lesung ein Publikumspreis vergeben. Die Preise sind mit jeweils 300 Euro dotiert. Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Endrunde erhalten eine Urkunde. Der Literaturpreis blickt auf eine lange Tradition zurück und feiert im Jahr 2019 mit der 25. Vergabe sein Jubiläum. Bisher gab es über 3.000 Bewerbungen aus 16 Ländern. Für viele war der Hattinger Literaturpreis Sprungbrett für literarische Erfolge, zum Beispiel für Nora Gomringer, Nora Bossong und Joan Weng.

Alle Fotos: Pielorz

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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