Stadtbibliothek zur OnleiheRuhr: Digitale Ausleihe in Hattingen beliebt wie sonst nirgends

Bernd Jeucken ist Leiter der Stadtbibliothek Hattingen im Reschop Carré.
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  • hochgeladen von Roland Römer

Der Renner in der Hattinger Stadtbibliothek im Reschop Carré heißt „OnleiheRuhr“. Warum das so ist und was sich dahinter verbirgt, darüber sprach der Lokalkompass mit dem Leiter der Stadtbibliothek, Bernd Jeucken:

Herr Jeucken, gut drei Jahre bietet die Stadtbibliothek Hattingen im Reschop Carré mittlerweile schon die Möglichkeit, unabhängig von den Öffnungszeiten und somit praktisch rund um die Uhr Bücher, Tageszeitungen, Zeitschriften, Hörbücher und Filme in digitaler Form auszuleihen. Wie wird dieses besondere Angebot, die „OnleiheRuhr“, von den Hattingern angenommen?
Nach mehr als drei Jahren OnleiheRuhr wird dieser Service inzwischen schon fast als selbstverständlich angesehen und gehört zum festen Mediensortiment unserer Bibliothek.
Zurzeit bieten wir einen Bestand von fast 14.000 E-Books, E-Audios und E-Magazins zur Ausleihe von zuhause oder unterwegs an.
Dabei ist auffällig, dass innerhalb unseres digitalen Ausleihverbundes, den wir zusammen mit den Städten Bochum, Ennepetal, Herne, Schwelm und Witten betreiben, die Onleihe besonders intensiv von den Bürgern unserer Stadt genutzt wird.
So waren im letzten Jahr 857 Hattinger aktiver Onleiher, ein Wert, den, bezogen auf die Einwohnerzahl ihres jeweiligen Stadtgebietes, keine andere Verbundbibliothek annähernd erreicht hat.
Da das Angebot ja in allen sechs teilnehmenden Städten identisch ist, spielt eventuell eine Rolle, dass wir die Onleihe besonders gezielt bewerben und Zusatzservices wie spezielle Ratgeber-Sprechstunden mit technische Hilfeleistungen oder Ausleihen von E-Book-Readern erbringen.
Von den 1.153 Neukunden der Stadtbibliothek in 2014 haben sich 382 erstmals aus dem Medienangebot der OnleiheRuhr bedient. Also sind ein Drittel unserer neuen Kunden auch Onleihe-Kunden!

Warum bieten nicht mehr Bibliotheken diesen Service an?
Aktuell sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz rund 2.380 Bibliotheken der Onleihe unseres zentralen Anbieters angeschlossen. Allzu viele weiße Flecken auf der Landkarte existieren also gar nicht mehr.
Erfolgsmeldungen zur Onleihe gibt es in ähnlicher Form fast überall dort, wo es dieses Angebot gibt, denn aufgrund des veränderten Medienverhaltens ist elektronisches Lesen alltäglich geworden.
Obwohl ich selbst nach wie vor lieber Bücher auf gedrucktem Papier lese, kann man allgemein sagen, dass Stadtbibliotheken, die nicht über einen hinreichend großen und zeitgemäßen digitalisierten Ausleihbestand verfügen, nicht zukunftsfähig sind.

Ganz unproblematisch ist dieser digitale Service sicher nicht für die Verlage, die ja ein Interesse am Kauf ihrer „Produkte“ haben werden und nicht am Verleih. Warum gibt es die „Onleihe“ dennoch?
Das ist korrekt – viele Verlage begreifen das Onleihe-Modell der Bibliotheken als geschäftsschädigend.
Da es, anders als bei der Ausleihe gedruckter Bücher, zurzeit keine klare urheberrechtliche Regelung über den Erwerb und die Nutzung von E-Medien gibt, können uns Verlage den Erwerb bestimmter E-Books untersagen. Von dieser Möglichkeit wird auch reichlich Gebrauch gemacht: Etwa 40 Prozent der auf der SPIEGEL-Bestsellerliste platzierten Titel können Bibliotheken gar nicht über die Onleihe ihren Nutzern zugänglich machen.
Dieses widerspricht der eigentlichen Aufgabenstellung öffentlicher Bibliotheken, die ihren Bürgern das „Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten“ (Art. 5 des Grundgesetzes) garantieren möchte.
Dieser Missstand wird sich vergrößern, wenn – wie abzusehen – immer mehr Texte nicht mehr gedruckt, sondern nur noch digitalisiert veröffentlicht werden. Wir hoffen, dass der Gesetzgeber in den nächsten Jahren diesen Rechtsstreit zugunsten der Bibliotheken entscheidet.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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