Wir sind Hattinger: Ludwig Hildebrandt (1883-1950)

Der junge Ludwig Hildebrandt. Foto: Stadtarchiv Hattingen/Familie Klaucke
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Die Firma „Otto Berghoff & Co. Kaffee-Import und Kaffee-Großrösterei Großhandlung in Speiseölen“ wurde 1904 an der Ruhr gegründet. Drei Jahre später trat Ludwig Hildebrandt als Gesellschafter mit ins Unternehmen ein. Vorher war er Angestellter der Rösterei. In unserer „Historischen Serie“ werfen wir heute mit Hilfe von Stadtarchivar Thomas Weiß einen duftenden Blick zurück. Paul Klaucke hat 2009 unter dem Titel „Zauberbohnen aus Hattingen“ umfangreich recherchiert.

In den Folgejahren siedelte die Rösterei vom Obermarkt zum Industriegelände am Reschop um, expandierte durch Landerwerb und die Errichtung eines Firmenneubaus an der Eickener Straße. Ludwig Hildebrandt übernahm 1911 nach dem Ausscheiden von Mitinhaber Otto Berghoff gemeinsam mit seinen Brüdern Friedrich und Karl die Geschäfte. Er produzierte Kaffee unter dem Namen „Hattinger Kaffee-Röstewerke Gebrüder Hildebrandt“. Die Rösterei hatte etwa dreißig Beschäftigte.
Die Kaufleute handelten noch mit Senf, Schokolade und Süßwaren. Zum 25-jährigen Bestehen anno 1936 wurden zwanzig Kaffee-Partien gemischt. Bohnen wurden aus Costa Rica, Nicaragua, Salvador, Honduras, Guatemala und Brasilien bezogen. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg unterschied der Volksmund zwischen Kaffee aus Ersatzstoffen wie Getreide und Bohnenkaffee. Kaffee war Luxus.
„Bewährt, beliebt, und altbekannt – der gute Kaffee: Hildebrandt.” Mit diesem Spruch warben die Hattinger Röstwerke für ihr Hauptprodukt, den Bohnenkaffee. Firmenbesitzer Ludwig Hildebrand galt als jemand, „der in der Stille wirkte“, wie die Hattinger Zeitung am 21. Juli 1950 schrieb. Am Tag zuvor verstarb er im Alter von 67 Jahren. Doch Hildebrandt war mehr als nur Geschäftsmann. Neben seiner Tätigkeit als zweiter Vorsitzender des Vereins der deutschen Kaffeegroßröster- und Händler, engagierter er sich außerdem in der kirchlichen Gemeinschaft, der er vorsaß.

Bewährt, beliebt, altbekannt – Kaffee Hildebrandt

Ludwig Hildebrandt erlebte den 24. August 1953 nicht mehr. Ein Tag, der in die Geschichte der deutschen Kaffeehersteller einging und vor allem bei Verbrauchern für Freude sorgte. An diesem Tag trat die Senkung der Kaffeesteuer in Kraft. Ein Pfund (500 Gramm) kostete fortan nur noch zwölf statt 19 Mark. „Nun müssen wir für den Staat nicht mehr den Kassierer spielen“, freuten sich auch die damaligen Firmeninhaber Kurt und Helmuth Hildebrandt.
Die „Heimat am Mittag“ beschrieb am 26. August 1953 die Prozedur der Kaffeeröstung: „Alles ist nach den modernsten Erkenntnissen im Fließbandsystem eingerichtet. Nach dem Aufschütteln auf den Röster wird der Kaffee von Menschenhand nicht mehr berührt. Binnen sechseinhalb Minuten haben die Schnellröster den Brand eines Ballens, das sind 60 bis 70 Kilogramm, vollzogen. Scharf passen die Röstmeister auf, dass ein Brand dem anderen gleicht. Durch die Silos wandern dann die braunen Bohnen einen Stock tiefer zur Verleserei. Eine doppelte Auslese bewirkt, dass der Kaffee in voller Reinheit in die Packung gelangt. Aber vorher erfolgt noch das Allerwichtigste: die Mischung. Sie bleibt Geheimnis des Hauses. 15 bis 20 Rohkaffeepartien aus den verschiedenen Provenienzen ergeben, nach bestimmten Rezepten gemischt, den Hildebrandt-Kaffee.“
1972 kam das Aus für den Hildebrandt-Kaffee. Es gab keinen Nachfolger für die Firma, die 1953 insgesamt 4000 Einzelhändler der Umgebung mit einem eigenen Fuhrpark aus bis zu zwanzig eigenen und angemieteten Fahrzeugen belieferte. Unverwechselbar wurde der Kaffee aber nicht in erster Linie durch sein Aroma – so wie es die Hersteller heute gerne anpreisen. „Markenzeichen war eine Milchkaramelle, die immer ganz oben in der Packung lag“, heißt es aus Familienkreisen.
Seit 2010 wird in Hattingen wieder Kaffee geröstet – im „Mayola“, in der Hufeisenstraße – nur wenige Meter entfernt vom alten Firmensitz der Hildebrandts.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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