Schwänzchen klauen: Coolness-Training in der Schillerschule

Beim „Tanz“ auf dem Seil ist friedfertiges Miteinander gefragt. Einer allein könnte das nicht schaffen. Foto: A. Thiele
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  • Beim „Tanz“ auf dem Seil ist friedfertiges Miteinander gefragt. Einer allein könnte das nicht schaffen. Foto: A. Thiele
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Kennen Sie „Schwänzchen klauen“? Dabei steckt ein Kind ein Tuch in seine Hosentasche, Zipfel nach außen, und ein anderes Kind muss das Objekt der Begierde herausziehen.

Der Trick bei diesem Spiel ist: Man muss seinem Gegenüber erst einmal genügend Zeit und Ruhe lassen, das Tuch ordentlich in die Tasche zu stopfen und darf erst danach zulangen. Dieses Verhalten entspricht den „transparenten Regeln“.

Mit solchen vermeintlichen Spielen schickt Coolness-Trainer Jürgen Berger (60) die Jungen und Mädchen der „Marienkäfer“-Klasse 2 b auf den Weg zur Selbstbehauptung. Es geht ihm darum, den Kindern der Schillerschule zu vermitteln, wie wichtig Respekt, Aufmerksamkeit und Disziplin für das menschliche Miteinander sind.

Auf Händen getragen

Um dieses Ziel zu erreichen, reicht das „Schwänzchen klauen“ natürlich nicht aus. Der freundliche Mann aus Rietberg lässt sich von den Kindern auf Händen tragen, um damit zu demonstrieren, „dass wir gemeinsam etwas schaffen können, wenn wir zusammenhalten“.

Gerne üben die quirligen „Marienkäfer“ auch ein, wie man Konflikte selber löst und sich behauptet. Zwei Schüler machen es vor. „Du Blödmann“, sagt das Mädchen zum Jungen. Der reckt die Handfläche nach vorn und verlangt: „Stopp, hör‘ auf!“ Erst, wenn sein Begehren auch beim dritten Mal nicht befolgt wird, wendet er sich hilfesuchend an seine Klassenlehrerin, im Fall der 2 b ist das Bärbel Tschentscher.

Zur Selbstbehauptung gehört zudem, ohne Provokation „durch jemand hindurchzugehen“, der sich vor einem aufgebaut hat – und erst im letzten Moment den Weg freimacht und sich entfernt.

„Jeder entscheidet mit, ob er zum Opfer wird“, betont die Leiterin der Schillerschule, Andrea Sdun, die den Coolness-Trainer eingeladen hat. Sechs Stunden in drei Blöcken trainiert jede Klasse unter anderem das Erlernen von Regeln und Normen, den respektvollen Umgang mit anderen und die Übernahme von Verantwortung.

Die Schüler erfahren, wie man – ohne Gewalt – Konflikte löst, wie man Grenzen setzt und diese akzeptiert. In den Folgejahren kommt der Trainer jeweils für drei Stunden in jede Klasse der Schillerschule.

Was hat Schulleiterin Andrea Sdun bewogen, Jürgen Berger einzuladen? „Die Verhaltensauffälligkeiten unter den Schüler nahmen zu und wir wollten jemanden haben, der das gemeinsame Erziehungskonzept der Pädagogen festigt. Das Verhalten aller Lehrer sollte einheitlich sein, wenn es zu Problemen oder Konflikten in den Klassen kommt.“

Herz für Kinder und Jugendliche

Ermöglicht wurde das Coolness-Training vom Lions-Hilfswerk Herne, das die Schule mit einem vierstelligen Betrag unterstützt. Die fünf Euro, die die Schüler pro Nase zahlen, würden nicht reichen.Vorsitzender Lothar Przybyl zeigt eben gerne Herz für Kinder und Jugendliche.

Die „Marienkäfer“ haben inzwischen schon ein bisschen mehr gelernt, sich durchzusetzen. „Ich wünsche mir, dass du im Unterricht nicht reinredest“, sagt ein Mädchen selbstbewusst zu einem Jungen. Eine anderer Junge weist seinen Klassenkameraden darauf hin, dass er ihn „in der Pause nicht schlagen“ soll. Es hilft wohl, Grenzen zu ziehen. Hoffentlich!
www.schillerschule-herne.de

Beim „Tanz“ auf dem Seil ist friedfertiges Miteinander gefragt. Einer allein könnte das nicht schaffen. Foto: A. Thiele
„Gemeinsam schaffen wir etwas.“ Das ist die Devise der Klasse 2b der Schillerschule. Um das auch zu beweisen, tragen die Jungen und Mädchen einen 
90-Kilo-Mann auf Händen: Coolness-Trainer Jürgen Berger. Foto: A. Thiele
Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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