Gesamtschule Hünxe trifft Eva Weyl
„Mit sechseinhalb Jahren kam ich ins Gefängnis“

Zeitzeugen: Die Schüler der Gesamtschule Hünxe hatten die besondere Gelegenheit Eva Weyls eindrucksvolle Erinnerungen zu hören. | Foto: Gesamtschule Hünxe
  • Zeitzeugen: Die Schüler der Gesamtschule Hünxe hatten die besondere Gelegenheit Eva Weyls eindrucksvolle Erinnerungen zu hören.
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  • hochgeladen von Petra Zellhofer-Trausch

Es ist weit nach Schulschluss, draußen regnet es. Dennoch haben sich engagierte Schüler der Oberstufen-Jahrgänge 11bis 13 der Gesamtschule Hünxe freiwillig wieder in die Schule begeben. Es herrscht gespanntes Schweigen. Der Grund dafür: die Gelegenheit zu einem Gespräch mit einer der letzten Zeitzeuginnen und Holocaust-Überlebenden, der 86-jährigen Eva Weyl.

Passend zur Befreiung des KZ Auschwitz vor 77 Jahren. Sie ist in Hünxe nicht unbekannt. Bereits vor zwei Jahren sprach sie in der vollen Aula der Schule. Aufgrund der derzeitigen Lage wurde Frau Weyl in den vergangenen Wochen an zwei Terminen aus Amsterdam per Videokonferenz direkt in den Klassenraum geschaltet. Ihre „Mission“, wie sie sagt: die eigenen Erfahrungen der folgenden Generation weiterzugeben und die Menschen zu warnen: „Versucht, menschlich zu sein und tolerant!“

Deportation in das KZ-Durchgangslager

Weyl, Tochter einer jüdischen Familie, kam 1935 im niederländischen Arnhem zur Welt. Ihre Eltern waren kurz zuvor aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigriert. Sie berichtete den Schülern von ihrer Kindheit, von der Unterdrückung durch die Nationalsozialisten, von ihrer Deportation 1942 in das KZ-Durchgangslager im niederländischen Westerbork und dem Leben dort. Begleitet wurde der Vortrag von düsteren Zeichnungen und Fotografien aus dem Alltag im Lager. Eindrücklich erklärte sie, wie im KZ durch ausreichend Essen, ein Theater, Schulen und ein riesiges Krankenhaus eine heile Scheinwelt aufgebaut wurde, die die Insassen vor ihrem Weitertransport in Vernichtungslager wie Auschwitz ruhigstellen sollte. Von den 107.000 Menschen, die insgesamt in dieses Lager kamen, überlebten nur 5.000. Weyl berichtete, wie ihrer Familie dieses Schicksal nur durch Glück und dank der Deutschkenntnisse ihres Vaters – denn der Lagerkommandant ließ nur deutschsprachige Juden für sich arbeiten - erspart blieb.

Kein Hass auf die Deutschen

Trotz dieser grausamen Erfahrungen stellte Weyl klar, dass sie die Deutschen nicht hasst. Den Schülerinnen und Schülern gab sie deutliche Worte mit auf den Weg: „Ihr alle seid unschuldig an der deutschen Vergangenheit – ihr seid ja alle so alt wie meine Enkel. Aber: für das, was ihr aus ihr macht, dafür seid ihr verantwortlich!“

Fragen an Eva Weyl

Im Anschluss an das Gespräch nutzten die Schüler begierig die Gelegenheit, der Zeitzeugin spontane wie auch im Unterricht vorbereitete Fragen zur Wahrnehmung und Verarbeitung des Erlebten zu stellen. Fragen, auf die Weyl offen und ausführlich antwortete. Den Schluss der Veranstaltung nutzte sie zu einem tagesaktuellen Appell: „Jeder hat das Recht, gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, aber bitte versucht den Leuten beizubringen, dass die Maßnahmen mit dem Holocaust nicht zu vergleichen sind, viele wissen das einfach nicht.“

Die Schüler waren dankbar für diese besondere Gelegenheit und Eva Weyl hat ihr Ziel erreicht: Die Schüler werden ihre eindrucksvollen Erinnerungen weitertragen!

Autor:

Lokalkompass Dinslaken-Voerde-Hünxe aus Dinslaken

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