Wie beugt man Extremismus vor?

Islamwissenschaftler Gordon Jensen. Foto: Ursula Erkens (MK)
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Die „Radikalisierung von Jugendlichen durch religiösen Extremismus“ stand jetzt auf dem Programm einer Fortbildungsveranstaltung des Kommunalen Integrationszentrums in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK), dem Landesprogramm Wegweiser, dem Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und dem Jugendamt des Märkischen Kreises. In drei Fachforen setzten sich im Lüdenscheider Kreishaus Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagogen und Sozialarbeiter/innen sowie Mitarbeiterarbeiter/innen der offenen Jugendarbeit und von Beratungsstellen mit Präventionsangeboten und didaktischen Unterrichtsmaterialien auseinander.

In seinem Eröffnungsreferat skizzierte Islamwissenschaftler Gordon Jensen vom MIK die zunehmende Gefahr durch einen extremistischen Salafismus, einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islams, die den Koran buchstabengetreu auslegt und in ihrer Ideologie Religion und Politik miteinander verbindet. Extremistische Salafisten lehnen die Demokratie westlicher Prägung ab und streben ein gottgegebenes Ordnungs- und Herrschaftssystem auf Grundlage der ‚Scharia‘ an. Ein Teil von ihnen schreckt dabei nicht vor Gewaltanwendung zurück, um das Ziel eines islamischen Staates zu verwirklichen. In ihrer dogmatischen Weltsicht unterscheiden extremistische Salafisten nur Gläubige und Ungläubige, Freunde und Feinde, Paradies und Hölle. „Viele Extremisten sind Laienprediger und haben keine religiöse Ausbildung“, so Jensen. Entsprechend seien deren Botschaften im religiös-theologischen Sinne in der Regel wenig fundiert, selbst wenn sie sich auf den Koran beriefen. Der extremistische Salafismus ist aktuell die am schnellsten wachsende Form des Islamismus in Deutschland und steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.

Auf der Suche nach der eigenen Identität, Anerkennung und Vorbildern sind es vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die sich von salafistischen Predigern und deren Ideologie angesprochen fühlen. Viele von ihnen fühlen sich von der Gesellschaft nicht angenommen und befinden sich zum Teil in verschiedenen Konfliktlagen. So leiden sie zum Beispiel unter Konflikten in ihrer Familie oder ihnen fehlt eine berufliche Perspektive. Dabei spielen Prostest und Provokation eine wichtige Rolle. Die Salafisten sprechen die jungen Leute gezielt an, laden sie zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten ein und bieten ihnen ein Komplettpaket aus Erlebnis, Ersatzfamilie, Wertschätzung, klaren Regeln und Normen und dem Kampf für eine „gerechte Sache“ an. Dabei nutzen Salafisten bewusst Sprache, Symbole und Medien der Jugendkultur, verbreiten ihre Propaganda professionell über Youtube und anderen Internet-Foren.

Insgesamt gibt es laut Verfassungsschutz derzeit 8350 extremistische Salafisten in Deutschland. Von rund 2500 in Nordrhein-Westfalen seien etwa 500 als gewaltorientiert einzuschätzen, sagte Gordon Jensen. Damit es erst gar nicht so weit kommt, gibt es das Präventionsprogramm „Wegweiser“ des NRW-Innenministeriums. Dieses unterstützt und berät Betroffene, die in die Radikalisierung abzurutschen drohen. Beratungsstellen gibt es unter anderem in Wuppertal und Dortmund. Für Ausstiegswillige gibt es Hilfe durch das Aussteigerprogramm Islamismus des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes.

Autor:

Henrik Stan aus Hagen

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