Wenn der Lohn nicht zum Leben reicht – das Gespenst „Zeitarbeit“

„Zusätzlich zu seinem Lohn hat jeder zwölfte Leiharbeiter im vergangenen Jahr Arbeitslosengeld II bezogen. Das teilte das Bundesarbeitsministerium auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion mit, wie die "Berliner Zeitung" berichtet. Demnach erhielten 65.000 der gut 820.000 Leiharbeiter in Deutschland Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitslose - etwa 7000 mehr als im Jahr zuvor.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/leiharbeiter106.html

Während in den Medien solche Zusatzkosten für aufstockende Leistungen (allein 420 Millionen Euro im Jahr 2010) überwiegend den „Erwerbslosen angelastet“ werden, fordern die Gewerkschaften seit langem die finanzielle Gleichstellung der Zeitarbeiter mit der Stammbelegschaft.

Hauptprofiteure der prekären Beschäftigung sind eindeutig die Zeitarbeitsfirmen selbst, die sich schnell durch gelockerte Kündigungsregeln von leidigen Arbeitern trennen können, und durch Deals mit den Jobagenturen im Hintergrund mit „frischem Menschenmaterial“ versorgen lassen können.

Und auch die Jobcenter „profitieren“ durch geschönte Zahlen. So kann jede prekäre Stellenausschreibung an etliche Erwerbslose verschickt werden, eine Vielzahl von Sanktionen auslösen bei jenen, die sich nicht, oder nicht schnell genug, auf die eine ausgeschriebene Stelle melden.
Aufstocker fallen außerdem aus der Arbeitslosenstatistik heraus.

Durch die Art ihrer Rückmeldungen an die Jobcenter üben die schwarzen Schafe unter den Zeitarbeitsfirmen indirekt sogar eigene Sanktionsmöglichkeiten über „nicht gefügige Erwerbslose“ aus.

Profiteure der Zeitarbeit sind aber natürlich auch die Unternehmen.

„Der Boom der Leiharbeit begann in Deutschland mit den Hartz-Reformen der rot-grünen Bundesregierung. Vor acht Jahren traten Lockerungen für die Branche in Kraft. Die Zahl der Leiharbeiter stieg dadurch von einst 250.000 Zeitarbeitern im
Jahr 1998 auf 820.000 im Jahr 2011. Für die Unternehmen ist das vor allem preislich günstig: Zeitarbeiter verdienen im Schnitt etwa ein Viertel weniger als die Stammbelegschaft. Auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Sparförderung gehören nicht zum Standardprogramm.“
http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/leiharbeit-viele-leiharbeiter-brauchen-zusaetzlich-alg-ii,10808230,11591594.html

Mehr und mehr berichten Betroffene davon, dass ihnen in Vorstellungsgesprächen nahegelegt wird: „Holen Sie sich doch den Rest beim Jobcenter.“

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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