IFG - Transparenz sollte Grundsatz sein, nicht Ausnahme

Aktengeheimnis.ade – dieser kleine Slogan zierte eine zeitlang den Briefkopf des BfDI (Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit)
www.bfdi.bund.de

Im Jahr 2006 trat das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft, dass jeden Bürger berechtigt, staatliche Informationen anzufordern.

In einem Interview mit dem Behördenleiter Peter Schaar arbeitete dieser heraus:
Transparenz sollte Grundsatz sein, nicht Ausnahme. Aber gerade die Ausnahmetatbestände würden immer wieder überdehnt ausgelegt und zur Abweisung von Anfragen vorgeschoben. Als Beispiel solcher Vorwände benennt Schaar die „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ (IFG § 6) und stellt heraus,
„Insbesondere, wenn der Staat der Auftraggeber ist, muss es mehr Transparenz geben. Was spricht denn dagegen, die Namen der Unternehmen zu veröffentlichen, die bei einem Auftrag den Zuschlag erhalten haben?
Auch Planungsunterlagen sollten der Öffentlichkeit viel umfassender zugänglich sein.
Denn die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie es zum Beispiel zu
extremen Kostenüberschreitungen kam und wie damit politisch umgegangen wurde. Das können doch keine Geschäftsgeheimnisse sein.“

Andere Behörden bemühen sich darum, lästige Frager mit Kostenforderungen abzuschrecken. Auch diese Erfahrung wurde von Peter Schaar bestätigt:

„Ich habe aber den Eindruck, dass manche Behörden inzwischen die Kostenpflicht nutzen, um der Flut der Anträge Herr zu werden. Das darf nicht sein. Sehr frühzeitig hatte die Bundesregierung zugesichert, den Gebührenrahmen so zu nutzen, dass hier keine Abschreckungseffekte entstehen.“

Er bedauert diese Form des Missbrauchs und hält eine Nachbesserung des Gesetzes für erforderlich.
zeit.de

Eigene Erfahrungen mit dem Informationsfreiheitsgesetz unterstreichen diese Aussagen.

Schulungsmaterial des Jobcenter Märkischer Kreis

Nachdem immer wieder Erwerbslose aus dem Märkischen Kreis übereinstimmend über einige Jobcenterinformationen berichtet hatten, die weder vom Gesetz, noch den Handlungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit gedeckt waren, war die Frage vom 10.10.2010 nach dem zugrunde liegenden Schulungsmaterial der Behördenmitarbeiter berechtigt. Es galt der Frage nachzugehen: Wurde hier möglicherweise vorsätzlich falsch geschult?

Zunächst wurde die Herausgabe des Schulungsmaterials vom Jobcenter unter Berufung auf Antragstellung als Verein abgelehnt; dann hieß es: „Auf Schulungsunterlagen findet das IFG keine Anwendung."
IFG012 - Schulungsmaterial

Durch die Einschaltung des Datenschutzbeauftragten von NRW wurden beide Argumente widerlegt, die Herausgabe aber trotzdem weiter verweigert.
Im Zuständigkeitenwechsel der Jobcenter vom Land an den Bund und damit an den Datenschutzbeauftragten des Bundes suchte das Jobcenter erneut die Flucht.

Aber diese hartnäckige Verweigerungshaltung des Jobcenter Märkischer Kreis fand beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kein Verständnis. In der Stellungnahme des BfDI heißt es:
"Über die grundsätzliche Verweigerungshaltung des Jobcenters werde ich voraussichtlich im dritten Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit berichten."

In Ermangelung einer Weisungsbefugnis des BfDI wurde nunmehr die Anrufung des Verwaltungsgerichts Arnsberg erforderlich. Aber wieder entzog sich das Jobcenter Märkischer Kreis dem legitimen Rechtsanspruch auf Information.

Wie ein ertappter pubertierender Schulbub bei Schritten auf dem Flur sein erstes Playboymagazin hastig unter die Matratze schiebt, die Fünfjährige den geklauten Schokoladenkeks in die Hosetasche gleiten lässt, oder beim Sichtbarwerden eines Polizeibeamten der Joint überhastet in den Gulli geworfen wird, so wirkte die nächste Reaktion des Jobcenters Märkischer Kreis auf die Einmischung des Verwaltungsgerichts. Diesem wird mitgeteilt:

"Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Schulungsunterlagen für neue Mitarbeiter in 2010 wegen der nunmehr seit dem 01.01.2011 geltenden Rechtslage auf Grund der gesetzlichen Änderungen nicht mehr aktuell waren. Daher waren die Schulungsunterlagen überwiegend nicht mehr verwendbar."
Die Möglichkeit einer Datenwiederherstellung wurde seitens der Beklagten nicht bestritten. Stattdessen heißt es knapp: "Ein Anspruch auf Rekonstruktion von Unterlagen lässt sich aus dem IFG/IFG-NRW nicht herleiten.
Antwort JC MK

Richtig ist, dass bei anhängigen Widersprüchen und Klagen sehr wohl die alten Weisungen und Gesetze angewendet werden müssen.

Steuerverschwendung in Höhe von fast 15 Millionen Euro bei Ein-Euro-Jobs nachgewiesen

In einem weiteren Beispiel für die praktische Anwendung des IFG konnte Steuerverschwendung in Millionenhöhe nachgewiesen werden. Durch die Anwendung eines abweichenden eigenen Kostenschlüssels für die Entschädigung der Träger von Ein-Euro-Jobs im Märkischen Kreis wurden nicht unerhebliche Steuermittel verschoben.

Während nach den Berichten des Bundesrechnungshofes deutschlandweit die Faustformel "2/3 - 1/3" galt, das heißt: 2/3 der Steuermittel für die Träger und nur 1/3 für die Ein-Euro-Jobber, so verschwendete das Jobcenter Märkischer Kreis mehr als dreiviertel der Leistungen an die Träger. Eine angemessene Gegenleistung wird so gut wie nie erbracht. Der Nutzen für die Erwerbslosen ist minimal und die Eingliederungschancen in den ersten Arbeitsmarkt wurden lt. Studien nachweislich deutlich verschlechtert.
IFG008 - 1-€-Job im MK

Auch der Bundesrechnungshof unterliegt dem IFG

Auch die Recherche nach den Berichten des Bundesrechnungshofes über rechtkonforme Vergabe von Ein-Euro-Jobs führte zu interessanten Ergebnissen. Diesmal verweigerte der BRH die Herausgabe der Untersuchungsberichte und der dazugehörigen Korrespondenz.

Nur das klärende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig vom 15.11.2012 Az.: BVerwG 7 C 1.12 und Hartnäckigkeit lieferten erste Resultate.

IFG006 - BRH

Wie kann ich eigene IFG-Anfragen stellen?

Eine einfache Möglichkeit bietet z.B. die komfortable Internetseite www.fragdenstaat.de. Hier sind bereits Texte vorformuliert, die Kostenfreiheit und Anonymität sicherstellen.

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Das IFG als pdf zum download

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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