Sanktionspraxis im Jobcenter Märkischer Kreis: Strafe muss sein . . . ?

Die unkritische Presse reflektiert regelmäßig die Sanktionsstatistiken der Bundesagentur für Arbeit. Dabei recherchiert offensichtlich niemand die Qualität der Entscheidungen, niemand hinterfragt die Rechtskonformität. Andererseits sehen auch viele Insider in der angewandten Sanktionspraxis nur reine Schikane und Willkür, aber keinen Nutzen für die Betroffenen. Und der Umgang mit Kritik bei den Verantwortlichen in den Behörden und Ministerien lässt kaum Kompetenz im Umgang mit Andersdenkenden erkennen.

Aus aktuellem Anlass zitiere ich hier einen Auszug aus einem Sanktionsbescheid des Jobcenters Märkischer Kreis aus diesem Jahr. Darin erhebt ein Sachbearbeiter den Vorwurf eine leistungsberechtigte Person sei nicht zu einem Termin erschienen. Das Bußgeld wird für drei Monate á 39,10 € festgesetzt. 117,30 € ist eine empfindliche Strafe für Menschen, die von Hartz IV leben.

Nach eigener Aussage ist der Person allerdings keine Einladung zugegangen.

Der Bescheid/Textbaustein ist so formuliert, als würde durch solches Verhalten das „Interesse der Allgemeinheit“ vertreten: die Vollstreckung von Bußgeldern gegen Unschuldige. Der geneigte Leser möge selbst prüfen, ob er sich durch solches Vorgehen vertreten fühlt. Der Vorwurf heißt unmissverständlich: Es ist für das Jobcenter Märkischer Kreis kein wichtiger Grund, einen Termin nicht wahrzunehmen, nur weil der Erwerbslose davon keine Kenntnis erhalten hat.

Begründung:
Sie sind trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 7. Januar 2014 ohne wichtigen Grund nicht erschienen.
Zur Begründung Ihres Verhaltens haben Sie dargelegt, dass Sie die Einladung nicht erhalten haben.
Diese Gründe konnten jedoch bei der Abwägung Ihrer persönlichen Einzelinteressen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig anerkannt werden (§ 32 Absatz 1 Satz 2 SGB II).
Aufgrund des Meldeversäumnisses mindert sich für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis 30. April 2014 Ihr Arbeitslosengeld II monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages (§ 32 in Verbindung mit § 31 b SGB II).

Das Bermudadreieck der verschwundenen Dokumente

Anders herum sind inzwischen dutzende, ja hunderte von Beispielen bekannt geworden, bei dem immer wieder die gleichen Unterlagen von Kunden angefragt wurden, weil diese im Jobcenter angeblich nicht angekommen seien.
Das brachte dem Jobcenter den Beinamen "Bermudadreieck der verschwundenen Dokumente" ein.

Aus diesem Grund ist dringend zu empfehlen, den Eingang für jedes eingereichte Dokument schriftlich bestätigen zu lassen.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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