Wenn Richter und Staatsanwälte Busse lenken

Foto: MVG
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Vom Pressesprecher der Märkischen Verkehrsgesellschaft, Jochen Sulies, erhielten wir folgenden Text sowie die entsprechenden Fotos:
Beleidigung, Sachbeschädigung und auch Körperverletzung – Weder die Fahrerinnen und Fahrer der Märkischen Verkehrsgesellschaft (MVG), noch ihre Fahrgäste erwarten diese Vorfälle, wenn sie täglich in einem der zig Linienbusse im Kreis unterwegs sind. Dennoch gibt es diese Ereignisse, und einige landen vor Gericht. Richter und Staatsanwälte nutzten daher die Möglichkeit, den Arbeitsplatz eines MVG-Chauffeurs besser kennen zu lernen. Sie nahmen am Steuer der MVG-Linienbusse Platz und „erfuhren“ selbst, was es bedeutet, einen 18 Meter langen Gelenkbus sicher durch den Straßenverkehr zu manövrieren.

Ende Juni folgten Vertreterinnen der Justiz (Landgericht Hagen und örtliche Amtsge-richte) sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Staatsanwaltschaften Hagen und Arnsberg der Einladung der MVG auf das Gelände des Verkehrsübungsplatzes in Hemer. Zusammen mit den Vertretern der Haftflicht- und Kaskoversicherer (HÖV und ADG) nahmen rund 30 Interessierte am Steuer der vier MVG-Busse Platz, um das Berufsbild des Omnibusfahrers/der Omnibusfahrerin näher kennen zu lernen und vor allen Dingen ein möglichst objektives Bild über die Arbeitsbedingungen vor Ort zu erhalten. Denn im alltäglichen Fahrdienst passiert es, dass ein großer Linienbus einen PKW-Spiegel erwischt, ein Fahrgast wegen einer Vollbremsung im Bus stürzt, oder ab und zu ein verbaler Streit mit einer Beleidigung endet.

Bevor es mit den vier Bussen auf die von MVG-Verkehrsmeistern vorbereiteten Übungsstrecken ging, erläuterte Geschäftsführer Gerhard Schmier anschaulich, wie sich gegenüber früheren Jahren sowohl die innerstädtischen Verkehrsverhältnisse als auch das Fahrgastverhalten geändert hat. Vandalismus im Bus und tätliche Übergriffe auf das Fahr- und Prüfpersonal finden zwar nicht täglich statt, und nur eine leichte Zunahme der Ereignisfälle ist festzustellen – aber die Hemmschwelle für Übergriffe sinkt.

Spannend wurde es für alle Teilnehmer, als MVG-Verkehrsmeister Klaus-Peter Barth zunächst an-hand der Abmessungen eines Linienbusses erläuterte, wie der Fahrzeugüberhang eines abfahrenden Busses – z.B. an einer Haltestelle – ausschwenkt, und was der Fahrer dabei tatsächlich wahrnehmen kann. Dann verteilte sich die Gruppe auf vier Linienbusse der MVG – zwei Standard- und zwei Ge-lenkbusse – begleitet von den drei anderen MVG-Lenkradprofis Roland Jonigk, Karl-Heinz Schönfeld und Helmut Goldhorn. Beeindruckt zeigten sich Juristen und Verbandsmitglieder, als bei einer Voll-bremsung aus einer Fahrgeschwindigkeit von nur 10 km/h der Bus nach nur wenigen Metern zum Stehen kam. Dank Ankündigung waren die Businsassen vorbereitet und hielten sich an ihren Sitz-stangen fest – dennoch konnten sich nur wenige ohne Probleme auf ihren Sitzen halten. Eine Situati-on die täglich in den Linienbussen der MVG vorkommt, es reicht eine unbedacht geöffnete PKW-Tür, und schon muss der MVG-Kollege am Steuer stark abbremsen – und dann verliert mancher Fahrgast schnell den Halt im Bus und stürzt.

Anhand eines aufgebauten Parcours wurden dann typische Situationen im Straßenverkehr (Anfahren an einer Haltestelle, in der ein verkehrsbehindernd abgestellter PKW steht) „erfahren“. Sämtliche Gäs-te erhielten Gelegenheit einen Bus der MVG selbst und unter Anleitung der erfahrenen Verkehrsmeis-ter zu steuern. Hierbei wurden genau die Situationen nachgestellt, die der MVG seit vielen Jahren Probleme bereiten.

Das Fahrtraining blieb nicht ohne Wirkung. Ein Teilnehmer äußerte, er habe in einer vergleichbaren Angelegenheit falsch entschieden. In diesem Zusammenhang wiesen die Kollegen der MVG darauf hin, dass sich das Fahrdienstpersonal zusätzlich zum originären Busfahren nicht nur mit den Tücken winterlicher Straßenverhältnisse auseinandersetzen muss (Glätte, Behinderungen durch Schneeberge am Straßenrand, etc.). Auch der Ticketverkauf gehört zu seinen Aufgaben und der Umgang mit Fahr-gästen, die leider in sehr unterschiedlicher Weise den verantwortungsvollen Job einer Busfahrerin bzw. eines Busfahrers honorieren.

Nachdem die Teilnehmer sowohl einen Standard-Linienbus, als auch einen Gelenkbus (der mit der Ziehharmonika) mehrmals über den Verkehrsübungsplatz gesteuert hatten, zeigten sie erste Anzei-chen der Erschöpfung. Dennoch überwog die Begeisterung, die Arbeit der Busprofis erstmals auf eine ganz andere Art kennengelernt zu haben. Und am Ende waren sich alle einig: „Respekt – jetzt können wir noch besser beurteilen, mit welcher Verantwortung die Kolllegen der MVG tagtäglich ihre Fahrgäste sicher an ihr Ziel bringen.“

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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