Enttäuschung ist das falsche Wort – als Beistand im Jobcenter MK

Enttäuscht werden kann nur der, der sich vorher getäuscht hat. Ent-Täuschung ist eigentlich „die Aufhebung einer Täuschung“, Ernüchterung oder Desillusionierung.
Angebot eines Lebensmittelgutschein
Als ich am vergangenen Dienstag ein Ehepaar zum Jobcenter Märkischer Kreis in Iserlohn begleitete wurden meine Befürchtungen und negativen Erfahrungen als Beistand leider erneut bestätigt.

Eine Frau hatte sich beim Iserlohner Energieversorger bequatschen lassen und leider vorschnell Forderungen bedient, weil sie der Androhung einer Stromsperre viel zu leichtfertig geglaubt hatte. Fast 200,00 € !, die jetzt in der Haushaltskasse der 6köpfigen Familie fehlen. Ratenzahlungen wurden abgelehnt, und auch das Jobcenter wollte „nicht schon wieder“ vorleisten.

Bereits am 08.04.2016 hatte das Sozialgericht Dortmund im Erörterungstermin in mehreren Verfahren (S 19 AS 2424/15; S 19 AS 2425/15; S 19 AS 2830/15) verhandelt und Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker hatte die Rechtswidrigkeit einiger Bescheide nachgewiesen. Zwar hatte der Vertreter des Jobcenter Märkischer Kreis im Termin zugesichert, dass die falschen Bescheide neu berechnet würden und die geschuldeten Leistungen nachgezahlt würden, aber auch drei Monate später, am 15.07.2016 konnte noch immer kein Zahlungseingang festgestellt werden.

Als Beistand war ich bei der ersten Vorsprache am Dienstag kurzfristig irritiert, weil der Sachbearbeiter Argumente benannte, die ich nicht ohne Überprüfung parieren konnte. „Stellen Sie einen schriftlichen Antrag.“ Bei der nachträglichen Überprüfung erwiesen sich die Einwendungen des Jobcenter-Mitarbeiters jedoch allesamt als falsch!
Die Zahlungsirritationen bei den Stadtwerken waren durch das Jobcenter selbst entstanden, angebliche Einkommen waren zeitlich fehldatiert und die geschuldeten Nachzahlungen nicht einmal zur Kenntnis genommen worden.

Unsere Nachprüfung bestätigte also einen Rechtsanspruch. Vor dem Wochenende suchten wir die Notfallsprechstunde des Jobcenters erneut auf, um einen Vorschuss auf noch ausstehende Leistungen ausgezahlt zu bekommen.

Der Sachbearbeiter setzte erneut auf „abwimmeln“; „es fehlen noch Unterlagen“ und "Wir prüfen den Antrag auf ein Darlehen.". Aber alle angeforderten Nachweise hatte das Ehepaar bereits eingereicht und sich den Eingang bestätigen lassen. Als wir am Freitag gemeinsam zurückkamen, wurde dem Ehepaar anstelle der beantragten Vorschussleistung lediglich ein Lebensmittelgutschein über 30,00 € angeboten.

Der Vorgesetze war nicht in seinem Büro und die Vertretung beharrte auf der Minimierung auf 30,00 € anstelle der rechtmäßig zustehenden Nachzahlung.

Als letzte und weisungsberechtigte Instanz suchte ich das Gespräch mit dem Geschäftsführer des Jobcenter Märkischer Kreis, Volker Riecke.

"unwirtschaftliches Verhalten“ im Jobcenter Märkischer Kreis

Drei Termine wegen lächerlicher 150,00 € bei einer Behörde die allein in den Jahren 2005-2012 ca. 15 Millionen Euro in nutzlosen 1-€-Jobs verbrannt hat und weitere Millionen in „Krabbelgruppen“ verbrennt, erscheint mir dann doch übertrieben.

Als geradezu grotesk erschien mir allerdings der Vorwurf auf „unwirtschaftliches Verhalten“.

Offene Rechtsverletzungen von der Geschäftsführung gedeckt

Bereits das Angebot eines Lebensmittelgutscheins anstelle einer Bargeldauszahlung ist in diesem speziellen Fall rechtswidrig.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder
Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet
erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Arbeitslosengeld II bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

Auch alle Versuche der Sachbearbeiter mich als Beistand nach § 13 SGB X zum Schweigen zu bringen sind rechtswidrig.

§ 13 SGB X
(4) „Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.“

Rechtswidrig war außerdem die unterlassene „Ermessensausübung“. Der erste Sachbearbeiter ignoriert die gerichtliche Rüge an seinen fehlerhaften Bescheiden, der stellvertretende Vorgesetzte Uwe N. weiß nicht einmal, dass er über eine 6köpfige Familie entscheidet und der Geschäftsführer hört auf die Fehleinschätzungen seiner kuschenden Angestellten, anstatt in einer Bagatellsache Abhilfe zu schaffen.

Ich stehe auf der Seite der Schutzbefohlenen.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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