Wanderausstellung über sowjetische Kriegsgefangene im LWL-Landeshaus

Bis zum 8. August ist die Ausstellung "Dimensionen eines Verbrechens" noch im LWL-Landeshaus in Münster zu sehen.
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zeigt noch bis zum 8. August im LWL-Landeshaus in Münster die Wanderausstellung "Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg". Die Ausstellung wurde erstmals am 18. Juni 2021 anlässlich des 80. Jahrestags des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion in Berlin eröffnet, konzipiert wurde sie vom Museum Berlin-Karlshorst.

"Der Totalitätsanspruch der NS-Diktatur wurde sichtbar in alltäglicher Ausgrenzung und Gewalt gegenüber Juden, gegen politisch Andersdenkende, gegen Menschen mit Behinderungen und gegen all jene, die nicht in die sogenannte 'Volksgemeinschaft' passten. Seit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen wurde der Terror sukzessive auf die Zivilbevölkerung in ganz Europa, vor allem auf die besetzten Gebiete sowie auf Millionen von Kriegsgefangenen ausgedehnt", sagte Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL. "Dieses Unrecht nicht zu vergessen ist eine wichtige Aufgabe. Der LWL bringt sich intensiv in die Weiterentwicklung des Gedenkens ein, um die Verbrechen von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit 'in der Fläche' - in ganz NRW und darüber hinaus - sichtbar zu machen."

Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Kulturdezernentin des LWL, erklärt: "Gerade deshalb konzentrieren wir uns nicht nur auf Großprojekte wie das Stalag 326 in Stukenbrock. Darüber hinaus fördert und entwickelt der LWL eine Erinnerungskultur vor Ort. Jenseits der großen Leuchttürme gibt es in Westfalen zahlreiche Hauptamtliche und Ehrenamtliche, die sich jeden Tag aktiv für ein Gedenken einsetzen. Kultur in der Fläche bedeutet somit auch die Stärkung der Zivilgesellschaft."

Zur Ausstellungseröffnung begrüßte Lunemann Dr. Babette Quinkert, die die Wanderausstellung in Berlin kuratiert hat. Nach Berlin, Bergen-Belsen, Osnabrück, Esterwegen und Flossenbürg ist die Ausstellung nun in Münster zu sehen. Interessierte erhalten einen fundierten und persönlichen Einblick in die Situation der sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Ausstellung erzählt exemplarisch die Biografien von zehn Männern und zwei Frauen, die als Angehörige der Roten Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten. Sie stehen für 5,7 Millionen Menschen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, aus Russland, der Ukraine oder Kasachstan, die von der Wehrmacht gefangen genommen wurden.

Bereits vor dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 entschied die Wehrmacht, den gefangen genommenen Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee die internationalen Schutzbestimmungen zu verwehren und bestimmte Gruppen von ihnen zu ermorden. Dies zeigt sich am eindrücklichsten in den Todeszahlen: Angehörige der sowjetischen Armee hatten eine vielfach geringere Chance, die deutsche Gefangenschaft zu überleben als Angehörige westlicher Armeen. Mehr als drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben in deutscher Gefangenschaft, die meisten aufgrund einer völlig unzureichenden Versorgung an Hunger und Krankheiten, vor allem bis zum Frühjahr 1942. So auch im Stammlager "Stalag 326 VI K" in der Senne. Hier besteht die Absicht, unter Mitwirkung von Bund, Land, LWL und den umliegenden Kommunen eine Gedenkstsätte von nationaler Bedeutung zu erhalten. Im "Stalag 326 VI K" lebten die sowjetischen Gefangenen in den ersten Jahren nicht einmal in Baracken, sondern auf einer eingezäunten Fläche. Um sich vor der Witterung zu schützen, gruben sie Erdlöcher - klamm und kalt waren diese nur ein geringer Schutz. Seit Jahrzehnten engagieren sich Ehrenamtliche in Stukenbrock, bieten Führungen an, arbeiten die Schicksale der Opfer auf, betreuen die Angehörigen und gedenken der Opfer.

Begleitend zur Ausstellung "Dimensionen eines Verbrechens" diskutierten  Oliver Nickel (Geschäftsführer der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne in Schloß Holte-Stukenbrock), Christoph Herkströter (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt "Stalag 326 (VI K) Senne" am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte), Laura Maria Niewöhner (Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bielefeld) und Axel Bangert (Historiker bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn) unter dem Titel "Gedenken an (sowjetische) Kriegsgefangene in Zeiten des russischen Angriffskrieges. Repräsentation/en - Herausforderungen - Chancen", wie Opfer des Krieges angemessen repräsentiert werden, welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten Gedenkstätten in der heutigen Zeit bearbeiten und welche Chancen neue Formate der Vermittlung und Aufarbeitung bieten.

Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg

Eine Wanderausstellung des Museum Berlin-Karlshorst

in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und dem Deutschen Historischen Institut Moskau

LWL-Landeshaus, Freiherr-vom-Steinplatz 1 in 48147 Münster
7. Juli bis 8. August, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 bis 18 Uhr

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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