Jubiläum 125 Jahre Jungbornpark
„Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie mir die Kranken vom Halse hielte!“

Licht- Luft- Wannenbäder - Kur nach Felkescher Methode im Jungborn-Park | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
9Bilder
  • Licht- Luft- Wannenbäder - Kur nach Felkescher Methode im Jungborn-Park
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Fortsetzung -zusammengetragen von Hansfried Münchberg

Vom verschlafenen Bauerndorf zum national und international bekannten Kurort, diesen rasanten Aufstieg, innerhalb weniger Jahre hat Repelen zur Jahrhundertwende 19. zum 20. Jahrhundert geschafft.
Wie im vorangegangenen Artikel beschrieben hatte die 2400 Seelen Gemeinde das dem 1894 ins Amt gekommenen Pastor der evangelischen Kirchengemeinde, Emanuel Felke zu verdanken. Dieser Seelsorger war ein eifriger Verfechter der Naturheilkunde und entwickelte in seiner Repelener Zeit die Felkesche Naturheil-Methode. Dabei war er so erfolgreich, daß binnen Kurzem ein reger Zulauf von Heilung Suchenden nach Repelen stattfand. An vielen Tagen sollen bis zu 200 Personen den heilkundigen Pastor aufgesucht haben. In wenigen Jahren wurde unter seiner Leitung eine ganze „Kuranstalt“ bestehend aus dem Jungbornpark, dem Jungbornhotel, Wandelhallen, Licht- Luft Hütten, Speisesaal und Unterkünften errichtet. Viele Häuser, entlang der Jungbornstraße wurden damals von den Repelenern als Unterkünfte mit Fremdenzimmern erbaut.

Licht- Luft- Hütte (Nachbau 2006) im Jungbornpark, heute ist hier das Felke-Museum beheimatet | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Licht- Luft- Hütte (Nachbau 2006) im Jungbornpark, heute ist hier das Felke-Museum beheimatet
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Damals wie heute gab es natürlich auch Zweifel an der Wirksamkeit des propagierten Naturheilverfahrens. Es ist wohl nicht weiter verwunderlich, daß eine so erstaunliche Erfolgsgeschichte auch Neider und Gegner auf den Plan rief. Allen voran die Vertreter der Schulmedizin, die der Naturheilkunde skeptisch gegenüber standen, wohl auch um ihre Pfründe fürchteten, und der Behörden sahen in Pastor Felke einen „Kurpfuscher“ und wurden nicht müde, diesen mit immer neuen Prozessen zu überziehen. Aber auch einigen Repelener Bauern, niederrheinischen Sturschädeln, war so ein neumodischer „Reform-Kram“ nicht geheuer, wäre es ihnen doch lieber gewesen, der Herr Pfarrer hätte seine ganze Energie auf das Gemeindeleben konzentriert.

Emanuel Felke - Pastor und Naturheiler in Repelen | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Emanuel Felke - Pastor und Naturheiler in Repelen
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

„Lehmerei“ erregt Unwillen
Es gibt zahlreiche Presse - Berichte aus dieser Zeit. So schrieb z.B. 1898 die Kempener Zeitung: “Die Lehmheilmethode des Pastors Felke in Repelen hat in der ärztlichen Welt viel Unwillen erregt. Die Regierung hat jetzt dem Lehrer U. Müller und einem Genossen desselben verboten, für Felke weiter literarisch und rednerisch zu agitieren und sich an der praktischen Ausübung der „Lehmerei“ zu beteiligen. Gegen Felke ist bei dem Konsistorium ein Einschreiten beantragt worden.

Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Anzeige wegen Kurpfuscherei
Der „Grafschafter“ schrieb im gleichen Jahr: „Auf eine Anzeige wurde gegen Pastor Felke vor Wochen das Ermittlungsverfahren wegen Kurpfuscherei seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet. Allerdings sei das Verfahren gegen ihn eingestellt worden.“
Im Dezember 1898 ersuchte die „königliche Regierung zu Düsseldorf“ das zuständige Konsistorium zu Koblenz dem Pastor jeden weiteren Kurbetrieb zu untersagen.
Im Januar des folgenden Jahres begab sich ein Konsistorial-Assesor der Rheinprovinz aus Koblenz nach Repelen um dem Pastor genau auf die Finger zu schauen.
Im Februar 1899 wird die Tätigkeit Felkes als Therapeut anerkannt, soweit diese in uneigennütziger Weise ausgeübt wird. Hiermit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß Felke für seine Therapien keinerlei Honorar verlangte. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß der Pastor seine seelsorgerischen Tätigkeiten in keiner Weise vernachlässige.

Pastor Felke an seinem "Sprechstundenfenster" | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Pastor Felke an seinem "Sprechstundenfenster"
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Sprechstunde eingestellt
Im Mai 1899 meldete die Kempener Zeitung: „Herr Pastor Felke hat seine Sprechstunden von kommender Woche an eingestellt, da ihm zu Ohren gekommen ist, daß seine bisherige so selbstlose und uneigennützige Tätigkeit im Interesse der leidenden Menschheit von fremden Spekulanten durch Ankauf von Grundstücken finanziell ausgebeutet werden soll.“

Prozeß wegen Körperverletzung
Im gleichen Jahr begann ein von der Staatsanwaltschaft angestrengter Prozeß, der Bauer Wortelkamp hatte Pastor Felke wegen Körperverletzung angezeigt. Der Bauer hatte Heilung einer Blutvergiftung an der Hand von ihm erhofft. Die Hand mußte jedoch später amputiert werden. Die Anklageschrift umfasste nicht weniger als 20 Seiten. Die Voruntersuchung wurde jedoch seitens des Gerichts eingestellt.

Auch mit mehreren frei erfundenen Falschmeldungen in der nationalen und internationalen Presse hatte sich der Pastor immer wieder herumzuschlagen. So soll er beispielsweise per telefonischer Diagnose eine heisere Sängerin kurz vor ihrem Auftritt durch fernmündlich verordnete Lehmpackungen binnen weniger Stunden wieder zu einer glasklaren Stimme verholfen haben.
Auch wurde in Repelen gemunkelt, der Pastor würde mit seinem durchdringenden Blick in die Augen der Damen dafür sorgen, daß die eine oder andere neun Monate später von einem gesunden Kindlein genesen sei, dafür gab aber keinerlei Bestätigung.

Publikation um die Jahrhundertwende | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Publikation um die Jahrhundertwende
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Die Natürlichkeit, ein öffentliches Ärgernis
Natürlich war die „neue Natürlichkeit“ sprich Nacktheit in den Kuranlagen vielen Moralisten ein Dorn im Auge, war man zu der Zeit doch im Allgemeinen eher zugeknöpft. So wurde der bevorstehende Untergang der abendländischen Moral heraufbeschworen, wohl auch, weil Felke zu Verhütungs-Methoden riet und die Unterdrückung von Sinnlichkeit ablehnte. So gab es damals etliche Moralapostel die gegen Felke agitierten.

Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Jungborn-Anstalt amtlich geschlossen
Nach weiteren Prozessen meldete die Kempener Zeitung am 23.7.1903 „Gestern ist die Naturheilanstalt „Jungborn“ amtlich geschlossen worden. Der Grund zu dieser Maßnahme soll darin liegen, daß die Konzession nicht innegehalten worden ist. Felke hoffe jedoch, die Anstalt bald wieder eröffnen zu können, der Vorstand der Anstalt habe Beschwerde beim Regierungspräsidenten eingereicht.

Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Prozeß wegen Beleidigung des Bürgermeisters und des Amtsarztes
Im Januar 1904 meldete die Leipziger Zeitung: „Im vorigen März hatte Pastor Felke sich vor dem Landgericht Cleve wegen Beleidigung des Bürgermeisters H. und des Kreisarztes B. zu verantworten. Beide hatten in seinem Hause eine Revision vorgenommen. In einer Beschwerde hierüber hat der Lehmpastor ihnen ein ungerechtes und ungesetzmäßiges Vorgehen vorgeworfen. Das Gericht erkannte auf Freisprechung, soweit der Bürgermeister in Frage kommt, und stellte im übrigen das Verfahren ein, da die Zulässigkeit des Strafantrags, den der Kreisarzt gestellt hatte, verneint wurde. Auf die Revision des Staatsanwalts hob das Reichsgericht das Urteil auf, soweit es auf die Einstellung des Verfahrens erkannt hatte, verwarf aber die Revision des Staatsanwalts, soweit das Urteil auf Freisprechung erkannt hatte.“
Ebenfalls im Januar 1904 meldete die Kempener Zeitung: „Pastor Felke ist für den 9. Februar vor das Amtsgericht Moers geladen worden, wo er sich besonders wegen angeblicher Nichtbefolgung des Ministerialerlasses verantworten soll, der allen nicht approbierten Heilkundigen, soweit sie ihre Tätigkeit gewerbsmäßig betreiben, die Anmeldung beim Kreisarzt zur Pflicht macht.“ Da Felke seine Heilkunde ohne jegliche Honorare ausübte, wurde er freigesprochen, da er ja keine „gewerbliche“ Tätigkeit ausübte.

Pastor Felke mit Frau und Kind | Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • Pastor Felke mit Frau und Kind
  • Foto: Einige Bilder mit freundlicher Genehmigung der Sammlung Hennen
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Mit Geldsachen habe ich gar nichts zu tun
Von einem weiteren Prozeß, diesmal gegen den verantwortlichen Redakteur der Felke-Zeitschrift berichtete der Hannoversche Kurier Hannoverscher Kurier im Dezember 1904 ausführlich.
In der heutigen Strafkammerverhandlung gegen den der Beleidigung von staatlichen Medizinalbeamten angeklagten Redakteur Gerpheide der „Felke-Zeitschrift" sei die Vernehmung des als Zeugen geladenen Pastors Felke wiedergegeben: Vorsitzender.: Wie ist das mit den Nummergeldern? — Pastor Felke: Mit Geldsachen habe ich gar nichts zu tun. Die Einnahmen habe nie ich. Ich wehre Geld von mir ab. Wider meinen Willen ist eine so große Praxis über mich gekommen. Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie mir die Kranken vom Halse hielte. Je mehr ich angeklagt wurde, destomehr sind gekommen.
Die Schließung der Niederlage in Repelen am 16. April 1904 sei unvermittelt gekommen. Er habe sofort an den Regierungspräsidenten telegraphiert und ihn für die Folgen, Schädigung von Kranken usw., verantwortlich gemacht.
Frage an Felke: Haben Sie Personen aus nächster Umgebung der Kaiserin, hohe Generale, Juristen usw .,behandelt? — Felke: Ja!

In den Gemeinderat gewählt
Auch in der Kommunalpolitik zeigte sich Felke rührig, er kandidierte zum Gemeinderat und wurde auch gewählt, jedoch vermeldete der Grafschafter im Februar 1905
Nachdem die Wahl des Herrn Pastor Felke als Gemeindeverordneter vom Gemeinderate zu Repelen in seiner Sitzung vom 19. Jan. 1905 für ungültig erklärt worden, findet die Neuwahl eines Gemeindeverordneten durch die Wähler der dritten Abteilung am Mittwoch 22.Febr.
Über die Begründung der Wahl-Annulierung war nichts zu erfahren.

Immer wieder war die Jungborn-Anstalt von Schließung seitens der Behörden bedroht. So meldet die Rhein.-Westf. Zeitung 1905: „wird die Pastor Felkesche Naturheilanstalt in Repelen trotz der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes nicht geschlossen werden, da bis zum Eintreffen des Urteils eine Umgestaltung der Anstalt vorgenommen werden wird. Der Landtagsabgeordnete des Kreises Mörs Kommerzienrat Vorster-Köln war am Dienstag dieser Woche in Repelen zur eingehenden Besichtigung der Anstalt und hat darauf an maßgebender Stelle Schritte im Interesse der Anstalt getan.
Eine über 15 000 beglaubigte Unterschriften tragende Petition betreffend die teilweise Außerbetriebnahme der Anstalt „Jungborn“ und die Bitte um Sendung einer Kommission, die Felke Heilmethode an Ort und Stelle prüfen soll, ist fertiggestellt und wird demnächst dem Kaiser und dem Parlament überreicht werden.

Der Pastor wehrt sich
Aber auch die Felke - Gegner hatten mit der Wehrhaftigkeit des Pastors zu rechnen. So meldete der Grafschafter im Januar 1906: „Dr. med Chr. Diehl, dirigierender Arzt am Sanatorium Stolzenberg, wurde heute vom hiesigen Schöffengericht nach etwa fünfstündiger Verhandlung wegen öffentlicher Beleidigung des durch seine Heilmethode bekannten Pastors Felke in Repelen b. Moers und des Schriftleiters der Felke Zeitschrift, G. Gerpheide, beide in Duisburg, begangen in einem Artikel der Zeitschrift „Naturarzt“, zu ja 150 Mk. Geldstrafe ev. 30 Tage Gefängnis, verurteilt.

Prozeß wegen fahrlässiger Tötung - Freispruch
Im Januar 1909 wurde vor der Strafkammer in Kleve gegen Pastor Felke wegen Fahrlässiger Tötung infolge einer angeblichen Blinddarmentzündung verhandelt. Wie der „Grafschafter“ vom 11. Januar 1909 berichtet, sei der Pastor im Laufe der Jahre bereits über ein Dutzend mal angeklagt, er aber immer wieder freigesprochen worden. Wegen dieses laufenden Prozesses sei der Pfarrer gezwungen, seine geplante Amerika-Reise um ein Vierteljahr zu verschieben.
Auch in diesem Verfahren wegen Blinddarmentzündung wurde Pastor Emanuel Felke freigesprochen.

Felke bittet um seine Entlassung
Im Jahr 1914 war Felke offenbar der ständigen Anfeindungen und Prozesse müde, so daß er um seine Entlassung aus den Repelener Pfarrdiensten bat, ironischer Weise mit der Begründung an einem schlimmen Halsleiden erkrankt zu sein. Er setzte seine Heiltätigkeit anschließend in Bad Sobernheim erfolgreich fort. Auch die Felke-Bewegung existierte weiter – Fortsetzung folgt.

Autor:

Hansfried Münchberg aus Moers

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.