1933 Berlin - 2021 Mülheim an der Ruhr
Lesung aus verbrannten Büchern und von verfemten AutorInnen

Im Mai und Juni 1933, im ersten Jahr der nationalsozialistischen Regierungszeit, wurden in vielen deutschen Städten in einer groß angelegten studentischen „Aktion wider den undeutschen Geist“ demonstrativ öffentliche Bücherverbrennungen durchgeführt. Die Auswahl der „verbrennungswürdigen“ Werke basierte auf sogenannten „schwarzen Listen“, die im Auftrag des Propagandaministeriums erstellt wurden und die die Grundlage für die Plünderungen von Büchereien und Buchhandlungen bildeten. 88 Jahre nach den sogenannten Feuersprüchen in Berlin stellten Mülheimer Vorleserinnen und Vorleser Werke von verfemten Autorinnen und Autoren in den Vordergrund. Die Vereinte Evangelische Kirchengemeine öffnete die Petrikirche am 10. Mai 2021 für eine Veranstaltung gegen das Vergessen. Pfarrer Justus Cohen und Hausmeister Harry Helming-Arnold waren wegen der Technik unersetzlich; wegen der Übertragung online im Livestream!
Pfarrerin Annegret Cohen betonte es mit den Worten „Die Auferstehung des Wortes und das Aufbewahren des befreiten Wortes“, das gehörte genau zu dieser Veranstaltung.
Wolfgang Hausmann verlas das Grußwort der Leiterin der Stadtbibliothek Claudia vom Felde, die vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der Bundes-Notbremse hofft, die Tradition dieser Veranstaltung bereits im nächsten Jahr wieder in der Stadtbibliothek im MedienHaus fortsetzen zu können.
Dr. Ursula Hilberath, engagierte Buchhändlerin aus Saarn, eröffnete mit Irmgard Keun und unter anderen mit dem Gedicht „Die fremde Stadt“ die Lesung. Maria Neumann, Schauspielerin am Theater an der Ruhr, würdigte Teile des Lebenswerks von Bertolt Brecht. Sie las Liebes- und politische Lyrik. „Lasst Euch nicht verführen“ und „An die Nachgeborenen“ schallte es durch das Kirchenschiff. Der rasende Reporter Egon Erwin Kisch lebte durch Dean Luthmann`s Vortrag „Lobing - pensionierter Redakteur“. Man mag es Michael Fehst, im Löhberg Nr. 4 seit 10 Jahren mit seiner Buchhandlung aktiv, gar nicht glauben, dass er erstmalig als Vorleser wirkte, hervorragend mit Rose Ausländer, deren Texte „Niemand“, „Einsamkeit“, „Wenn ich vergehe“, „Noch bist du da“ selten zu hören sind. Das Schaffen der Lyrikerin Mascha Kaléko wurde einfühlsam durch Christa Böhner gewürdigt, die damals meinte: „Mein schönstes Gedicht? Ich schrieb es nicht, Aus tiefsten Tiefen stieg es. Ich schwieg es.“. Karl-Heinz Zonbergs (VVN-BdA) stellte den von 1954 bis 1958 amtierenden Kulturminister sowie den ersten Präsidenten des Kulturbundes der DDR Johannes R. Becher mit dem Text der Nationalhymne der ehemaligen DDR „Auferstanden aus Ruinen“ vor. Wolfgang Hausmann brachte die Olympische Hymne zu Gehör, ein Weihelied, das der relativ unpolitische Dichter Joachim Ringelnatz geschaffen hatte und Margarete Wietelmann erinnerte mit dem Prosastück „Das Meer“ an die Lyrikerin und Zeichnerin Else Lasker-Schüler.
Eingerahmt im Wechsel durch musikalische Beiträge des Gitarristen Hartmuth Kremer und Michael Lohmann am Piano schauten über 80 Interessierte zu. Das Video kann man noch anschauen. Hier ist der Link: https://www.youtube.com/channel/UCzfp598f8H-snJyUm-nBX-g

Autor:

Wolfgang Hausmann aus Mülheim an der Ruhr

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