Arztbesuch
Allergischer Maskenstress


An der Haustür kontrolliere ich nochmal mein Überlebensoutfit: weiße Plätekappe, Portemanni, Brille, Tempotuch, Armbanduhr, Hörgeräte, Haustürschlüssel, Autoschlüssel!!! Und ab geht’s zum Allergologen!

Bevor ich zur Stadt abbiege, fass ich mir an meine rechte Gesäßtasche. Ja, der Portemanni ist da. Und im gleichen Moment durchfährt mich ein heißer Strahl: Die Maske!
Ich habe den Mundschutz vergessen. Die großzügig kalkulierte Zeit wird auf die Minimalzeit schrumpfen. Egal, ich kehre um. Deutlich über 50 km/h.

Gerade beim Allergologen wird man mich auf keinen Fall ohne Maske einlassen. Ach, da bin ich ja schon zu Hause. Die Einbahnstraße bin ich natürlich verkehrswidrig hinein, um Zeit zu sparen.
Der Hund freut sich, dass ich so schnell wieder da bin. Ich raffe die mit den Elefanten vom Schreibtisch und stürme wieder nach draußen, ohne die Freude des Hundes zu würdigen.
Ich komme gut in die Stadt, die terminierte Zeit ist auf dem Parkplatz erreicht, Hochgeschwindigkeitsgehen angesagt.

Vor dem Ärztehaus setze ich die Maske auf. Der Allergologe wohnt im 5. Stock. Im 1-Quadratmeter-Aufzug stehen schon zwei Maskierte im gedachten 1,50 Abstand. Sie winken, ich jedoch ab. Die Marmortreppe windet sich um den Aufzug herum. Ich gebe alles. Im dritten Stock bekomme ich keine Luft mehr. Ich ziehe die Elefanten von meiner Nase weg. Dann setze ich zum Endspurt an. Vor der Allergologentür berühre ich mit dem Ellbogen den Türöffner. Es surrt.
Hinter der Tür rechts drücke ich mit dem anderen Ellbogen den Desinfektionsspender und reibe mir die Hände.

Es steht ein Maskierter vor der Maid hinter der Plastikscheibe. Ich beachte den gelben Klebestreifen auf dem Boden. Der lockige Allergologe kommt ohne Maske ganz hinten aus seinem Behandlungszimmer, grüßt zu mir hinüber und verschwindet gelenkig in einem der Nebenräume.
Dann bin ich dran. Ich sage meinen Namen und meinen Termin auf und ernte ein Kopfschütteln.
Sie sagt etwas, das ich nicht verstehe. Wir Hörgeminderten sind ja in der Krise doppelt gestraft. Nicht nur dieses unauflösliche Dreierbündel aus Hörgerät, Maskengummiband und Brillenbügel auf den Ohren, nein, wir verstehen auch noch schlechter, weil die Maske des Gesprächspartners die hohen Frequenzen schluckt, die für uns zum Spracheverstehen unverzichtbar sind.

Obwohl ich langsam begreife, dass der Termin wohl aus irgendeinem Grund verschoben werden muss, murmele ich hinter den Elefanten nur den einen Satz: „Ich glaube, ich höre wohl nicht richtig!“

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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