Weihnachten vom Ende her denken

Foto: Firla/GPT- 40

Weihnachten ist, so könnte man mit einem Precht’schen Schulterzucken sagen, ein Ritual, das erst dann verständlich wird, wenn man es vom Ende her betrachtet. Nicht vom ersten Advent, nicht vom Kauf der Lichterkette, nicht vom Moment des Anzündens der Kerzen – sondern vom leisen Nachglühen des 26. Dezember, wenn der Baum (ob nadellos oder nicht) in einer Ecke steht wie ein Schauspieler nach der Premiere, der noch nicht weiß, ob er gefeiert oder vergessen wird.
Vom Ende her betrachtet wird das Fest zu einer Art philosophischem Rewind:
Die Geschenke wandern zurück in ihr Papier, die Gespräche ziehen sich wieder in die Kehlen der Beteiligten zurück, und die Gans entbrät sich in einer Art kulinarischem Zeitraffer. Alles, was eben noch Fülle war, wird wieder Möglichkeit.
In dieser rückwärtslaufenden Choreografie erscheinen plötzlich auch die technischen Artefakte des modernen Festes in einem neuen Licht. Der nadellose Weihnachtsbaum – ein Objekt, das die Natur imitiert, indem es sie abschafft – wirkt wie ein Kommentar zur Sehnsucht nach Ordnung im Chaos der Tradition. Er ist die perfekte Metapher für ein Fest, das sich nach Authentizität sehnt, aber gleichzeitig keine Lust auf Staubsaugen hat.
Der sonografische Eiercontroller wiederum – ein Gerät, das das Frühstücksei mit der Präzision eines medizinischen Eingriffs überwacht – zeigt, wie weit wir bereit sind zu gehen, um selbst die kleinsten Unwägbarkeiten des Lebens zu eliminieren. Er ist das technologische Pendant zum Weihnachtswunder: ein Versprechen, dass alles gelingen kann, wenn man nur genug misst, scannt und kontrolliert.
Doch vom Ende her betrachtet verlieren diese Geräte ihre Funktionalität und werden zu reinen Symbolen. Der Baum wird wieder zum abstrakten Konzept von „Festlichkeit“. Der Eiercontroller wird zu einer Idee von „Perfektion“, die sich rückwärts auflöst wie ein Algorithmus, der seine eigenen Parameter vergisst.
Vielleicht ist das der eigentliche Zauber des Rückwärtsdenkens:
Es entkleidet die Dinge ihrer Zweckhaftigkeit und zeigt, was übrigbleibt, wenn alles Praktische verschwunden ist. Ein Fest, das sich selbst rückwärts betrachtet, wird zu einem offenen Raum – ein performativer Zwischenzustand, in dem Bedeutung nicht feststeht, sondern entsteht.

Community:

Franz B. Firla aus Mülheim an der Ruhr

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