Offener Brief

Sehr geehrte Damen und Herren von der Lokalpolitik und der Stadtverwaltung!
Von Ihrer Seite ist zu hören, dass einige von Ihnen um die VHS Mülheim besorgt seien.
Erlauben Sie mir Ihnen in groben Zügen von dem zu erzählen, das Ausdruck für Einsatz und Engagement für die Institution VHS am Standort Mülheim ist.
Ich bin seit nunmehr 20 Jahren als engagierte Dozentin an dieser Bildungseinrichtung tätig und habe miterleben dürfen, wie sich gerade unsere verhältnismäßig kleine VHS einen vorzüglichen Ruf erarbeitet hat. Und wenn ich schreibe: "erarbeitet", dann meint das die zielgerichtete Zusammenarbeit der engagierten Dozenten, Fachbereichsleiter, hauptamtlichen Mitarbeiter von der Anmeldung bis hin zur Raumverteilung. Durch viele kleine und große Maßnahmen haben all diese Menschen, einschließlich verlässlicher Hausmeister, Medientechniker und eines verlässlichen Reinigungspersonals, als Team (!) daran gearbeitet, dass schließlich nicht nur viele Kursteilnehmer aus Mülheim selbst, sondern auch immer mehr aus den umliegenden Städten zur VHS Mülheim gekommen sind und unser weitgefächertes Angebot gerne angenommen haben. Ja, der Zuspruch war so groß, dass wir mitunter Kurse gar nicht anbieten konnten, da alle Räume im Haus ausgebucht waren — und ich spreche von 6000 qm! So sind wir bspw. im Bereich der Fremdsprachen ein anerkanntes Prüfungszentrum und prüfen Menschen aus Duisburg, Oberhausen, Essen, ja fast bis an den Niederrhein, und zwar aus dem Grund, dass wir guten Service und Fachkompetenz bewiesen haben. (Wozu selbst in der Freizeit die Reflexion darüber gehört: was könnte noch verbessert werden, wie könnte das Angebot weiter im Sinne der Kursteilnehmer gestaltet werden?) Viele Jahre mussten wir gegen das sogenannte Makramee-Image ankämpfen, aber durch das oben angerissene teamorientierte Engagement konnte die VHS Mülheim eine Qualität bieten, die viele Konkurrenten gerade im Bereich Sprachen gerne hätten. Vergleichbares gilt für das gesamte Kurs-Angebot. In allen Bereichen waren die Dozenten sowohl hoch motiviert als auch qualifiziert.
All dieses ist nun zerstört ...
Und es sind nicht die Brandschutzmängel und schon gar nicht ein „mal eben so“ in den Raum geworfenes, auf keinerlei Fakten beruhendes Statik-Problem, was die VHS kaputtmacht.
Es ist das stetige Störfeuer seitens der Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Lokalpolitik: immerhin ist dies der 3. Versuch, sich der VHS an der Bergstraße zu entledigen. Davon lesen alle interessierten Bürger und sind verunsichert, wenn sie hören, dass die VHS vielleicht einer Sparkassenakademie weichen soll, gar vielleicht abgerissen werden soll, oder nicht oder doch, oder was ...
Und so entpuppt sich jenes als blanker Aktionismus, das dem Bürger als "Besorgtsein" verkauft wird.
Seit nunmehr 5 Monaten steht die VHS leer, seitdem sind hunderttausende von Euros für Mieten, für Zusatzpersonal, für Wachpersonal, für alle möglichen Dinge ausgegeben worden — nur nicht für den Erhalt der VHS.
Ein Gutachten, was den wirklichen Zustand der VHS untersucht, hätte innerhalb von 14 Tagen erstellt werden können, sowie eine Empfehlung für die Brandschutz und Sanierung betreffenden Maßnahmen. — Dies hätte längst geschehen können ... wäre man besorgt um die VHS.
Der Architekt der VHS hat Ihnen angeboten, ein solches Gutachten sowie eine solche Empfehlung auf seine Kosten (!) erstellen zu lassen. Dies hätte man längst annehmen können ... wäre man besorgt um die VHS.
Die Brandschutzmängel wurden 2012 festgestellt und ein Sanierungsplan vorgelegt — man hätte die bereitgestellten Gelder abrufen und sanieren können ... wäre man besorgt um die VHS.
Stattdessen wird diese offenbar wandlungsfähige Besorgnis nun folgendermaßen verkauft: eiligst muß ein, ja, wie man hört, sogar "mit Hochdruck" gesuchter Interimsstandort her!
Doch dabei stellen sich zu viele Fragen:
• Kurz nach der Schließung der VHS wusste Herr Mendack bereits, dass es 5 Jahre dauern würde, bis diese wieder öffnen könnte. Dies eine ohne jede Beweise in den Raum geworfene Vermutung. Ist es da ein Zufall, dass die leerstehenden Räume im Gebäude Broicher Mitte genau für diese 5 Jahre anzumieten sind, oder war da im Vorfeld schon etwas "geahnt " worden?
• Stück für Stück erfährt die Öffentlichkeit die wahren Kosten der Interimslösungen; erfährt, dass der Immobilienfirma Vonovia zig Millionen dafür gezahlt werden, dass die Räume, die offenbar im Gebäude Broicher Mitte leerstehen, tauglich für den VHS-Kursbetrieb gemacht werden. Und noch wurde der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt, dass nach nur 5 Jahren Nutzung weitere Millionen an Vonovia gezahlt werden müssen, da diese doch eigentlich nur für 10 Jahre vermieten wollen. Wer also profitiert von solch einer Lösung? Vonovia? Vermittler? — Bestimmt nicht die Mülheimer Bürger!
• Hängen die ständigen Versuche seitens der Verantwortlichen in der Stadtverwaltung etwa damit zusammen, dass der Pachtvertrag für die MüGa bald ausläuft und man dann das ganze Areal als Bauland veräußern kann? Wenn man nun den Bürgern weismacht, dass sich ein Interimsstandort erst ab 20 Jahren rechnet, dann könnte man sich ja in ein paar Jahren des denkmalgeschützten VHS Gebäudes entledigen und alles zusammen versilbern ... Wer profitiert dann von solch einer Lösung? — Die Mülheimer Bürger etwa?
Sehr geehrte Damen und Herren von der Lokalpolitik und der Stadtverwaltung, wenn also von Ihrer Seite zu hören ist, dass Sie um die VHS besorgt sind, dann lässt es mich schaudern, denn diese "Besorgnis" ist nichts anderes als die Zerstörung einer Institution, die sich über viele Jahre bewährt und einen exzellenten Ruf genossen hat.
Die Frage, die sich mir und zigtausenden Mülheimer Bürgern stellt, ist: Wer kann von einer so verwalteten Stadt Nutzen haben?
A

Autor:

Kirsten Grunau aus Mülheim an der Ruhr

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