Zukunftsfähige Bildung durch Schulauflösung?

Die Grundschule und die Hauptschule an der Bruchstraße stehen in der Diskussion. | Foto: Jiri Kollmann
  • Die Grundschule und die Hauptschule an der Bruchstraße stehen in der Diskussion.
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Lehrer, Schüler und Eltern der GHS Bruchstraße und der GGS am Dichterviertel fühlen sich der Zukunft ihres Stadtteils Eppinghofen beraubt.
Bis zum Ratsbeschluss am 21. Juli, bei dem die Politik über eine Änderung der Schullandschaft entscheiden wird, bangen die Menschen in Eppinghofen um ihre Grund- und Hauptschule. Viele Betroffene nutzten am Montag, 6. Juni, bei der ersten öffentlichen Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Bildungsentwicklungsplan in der Realschule Stadtmitte die Gelegenheit, ihrem Ärger Luft zu machen. Gemeinsam mit dem Jugendzentrum Stadtmitte, der Evangelischen Lukaskirchengemeinde und der Katholischen Gemeinde St. Engelbert sprach man sich deutlich gegen ein bildungsfreies Eppinghofen aus und signalisierte, nicht kampf- und protestlos den Ratsbeschluss abzuwarten. Man fühle sich betrogen, nachdem man dem Stadtteil erst die Zukunftsschule wegnahm und die GHS an der Bruchstraße nun möglicherweise gänzlich vor der Auflösung steht.
Während die Speldorfer bereits jetzt wissen, dass ihre Hauptschule in der Frühlingstraße aufgegeben wird, bricht für Eppinghofen eine Zeit der Unsicherheit an.

Ende Juli entscheidet der Rat der Stadt über den Erhalt oder die Auflösung der Hauptschule an der Bruchstraße. Berücksichtigt werden dann auch die Argumente der Bürger, die sich an der Diskussion um den Bildungsentwicklungsplan beteiligt haben sowie die Stellungnahmen der betroffenen Schulen, die bis zum 17. Juni eingereicht werden müssen.
Peter Vermeulen, Dezernent für Schule, Jugend und Kultur, stellte den Anwesenden in der Aula der Realschule Stadtmitte am Montag sieben ausgewählte Bildungsthemen vor, die eine zukunftsfähige Bildung unter Berücksichtigung des Haushalts gewährleisten sollen. „Die Strategie, alle Schulen zu erhalten, ist auf Dauer nicht zielführend“, erklärte Vermeulen. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist ein Bevölkerungsrückgang in der Gruppe Sechs- bis Zehnjährige von 6721 (1995) auf 5467 (2025) im gesamten Stadtgebiet zu erwarten. Die Zahl der Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren wird von 9191 (1995) auf voraussichtlich 8293 (2025) schrumpfen. „Bei rückgehenden Bevölkerungszahlen werden die Schulen irgendwann unter die kritische Größe fallen. Die Konsequenz daraus ist klar: Bei abnehmenden Anmeldezahlen ist die Auflösung einiger Schulstandorte unausweichlich“, erläuterte Vermeulen.

Schulwege ändern sich nicht wesentlich

Welche genauen Konsequenzen sich aus den Schließungen der Schulstandorte ergeben, habe man für jede Schule einzeln untersucht. „Selbstverständlich gibt es gute Gründe, die Schule an der Bruchstraße zu erhalten. Doch wir haben festgestellt, dass sich der Schulweg für viele Schüler nicht wesentlich ändert, wenn lediglich die Hauptschule in Dümpten an der Borbecker Straße weitergeführt wird.“
Viele der Anwesenden sehen in der möglichen Auflösung der GHS an der Bruchstraße jedoch die Nichtwürdigung und Unterschätzung der dort geleisteten Arbeit der Lehrkräfte sowie der Integrationsarbeit. Pfarrer Helmut Kämpgen sprach sowohl im Namen der Evangelischen Lukaskirchengemeinde als auch im Namen der Katholischen Gemeinde St. Engelbert: „Eppinghofen hat mehr Integrationsarbeit aufzubauen und zu leisten als alle anderen Stadtteile. Bildung, soziale Beratung und Förderung muss nah im Quartier bleiben, damit auch die betroffenen Familien erreicht werden.“
Dem schloss sich auch Richard Grohsmann, Leiter des Jugendzentrums Stadtmitte, an, der befürchtet, einen großen Kooperationspartner zu verlieren. Ebenfalls anwesend war Gabriele Klar, Schulleiterin der Hauptschule Bruchstraße. „Für den Erhalt unserer Schule sprechen einerseits die Anmeldezahlen, die in Mülheim die höchsten sind, andererseits haben wir die höchste Quote an vermittelten Ausbildungsplätzen!“ Die hohen Anmeldezahlen konnte Vermeulen an dieser Stelle nicht bestätigen: „Die Nachfrage war bei beiden Schulen, sowohl bei der Hauptschule an der Bruchstraße als auch in Dümpten in etwa gleich. In den Vorjahren zeigte sich dort allerdings ein ganz anderes Bild.“
Den Bedarf einer Schule im Stadtteil Eppinghofen sehen auch Klars Kollegen Norbert Schultheis und Sigrid Breithor. „Die Schüler haben mehr verdient als ihr Ruf!“, so Breithor. „Nachdem man ihnen erst die Zukunftsschule weggenommen hat, warum kann man jetzt nicht sagen: Jetzt investieren wir in euch und ihr dürft bestehen bleiben?“ Auch andere Bürger vermuten in der möglichen Auflösung der Hauptschule die praktische Einsparung von Sanierungskosten.

„Dem Stadtteil wird die Zukunft genommen“

Dass ein Schulstandort aus der Stadtmitte weggenommen und damit die Schüler an den Randbezirk gedrückt werden, ruft bei den Betroffenen Verständnislosigkeit hervor. Gisela Lentz, Kursleiterin an der Bruchstraße, befürchtet, mit der Auflösung der GHS könnte dem Stadtteil die Zukunft genommen werden. „Viele Kinder mit Migrationshintergrund leben in Eppinghofen und bedürfen einer großen Zuwendung.“

Autor:

Stephanie Kleebaum aus Oberhausen

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