Klimaanalyse
Tropennächte, Starkregen und Co. – das macht der Klimawandel mit Oberhausen

Bei der aktuellen Hochwasserkatastrophe wurde Oberhausen glücklicherweise zum größten Teil verschont. Wie dies angesichts des fortschreitenden Klimawandels jedoch künftig aussehen wird, ist ungewiss. Einen ersten Überblick über mögliche Szenarien gibt der „Klimaausblick für Oberhausen und angrenzende Landkreise“, der jüngst vom Climate Service Center Germany (GERICS) herausgegeben wurde.

In diesem werden auf Basis der Ergebnisse von 85 regionalen Klimamodellsimulationen drei mögliche Emissionsszenarien (Representative Concentration Pathways – RCP) und ihre Auswirkungen auf 17 verschiedene Kennwerte dargestellt. Die Szenarien sehen sind wie folgt aufgeteilt:

Szenario mit hohen Emissionen (RCP8.5) – ohne Klimaschutz
Bei diesem Szenario werden keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen, die Treibhausgasemissionen nehmen stetig zu.

Szenario mit mittleren Emissionen (RCP4.5) – mit mäßigem Klimaschutz
Bei diesem Szenario wird der Ausstoß von Treibhausgasemissionen zwar eingedämmt, der Gehalt in der Atmosphäre steigt jedoch noch weitere 50 Jahre. Außerdem wird das Zwei-Grad-Ziel verfehlt.

Szenario mit niedrigen Emissionen (RCP2.6) – mit viel Klimaschutz
Bei diesem Szenario werden konsequente Klimaschutzmaßnahmen ergriffen und mit einer umgehend eingeleiteten Senkung der Emissionen der Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre bis in etwa zwanzig Jahren gestoppt. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens werden eingehalten.

Es liegt auf der Hand, dass im Szenario ohne Klimaschutz die gravierendsten Auswirkungen für unsere Stadt zu beobachten sind, doch auch in den anderen Szenarien wird deutlich, dass sich das Klima in Oberhausen verändern wird – wenngleich auch nicht in dem drastischen Ausmaß. Noch kann also entgegengesteuert werden.

In allen Szenarien ist eine Zunahme der Temperatur, der Sommertage und der Tropischen Nächte (nächtliche Minimumtemperatur von mehr als 20°C) zu beobachten. So steigt die durchschnittliche Temperatur je nach Szenario bis 2065 um 1-2°C an, ab 2069 bis zum Ende des Jahrhunderts werden die Auswirkungen dann noch einmal kräftig anziehen: Unterbleiben jetzt Klimaschutzmaßnahmen, kann die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 5°C im Jahresdurchschnitt, im Sommer sogar um bis zu 6,5°C ansteigen. Dies bedeutet im Vergleich zu den jetzigen Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sommerliche Maximaltemperaturen von 28°C im Durchschnitt. Gleichzeitig steigt im selben Zeitraum die Anzahl der heißen Tage (Tagesmaximum über 30°C) auf bis zu 50 Tage an, ebenso die tropischen Nächte, derer es im RCP8.5-Szenario bis zu 45 geben wird – in bis zu zwölftägigen Hitzeperioden (aufeinanderfolgende Tage mit Tagesmaximum über 30°C). Ebenso ist ein rasanter Anstieg der schwülen Tage prognostiziert.

Schwächer ist diese Entwicklung in den beiden anderen Szenarien RCP4.5 und RCP2.6. Zwar steigen die Werte in RCP4.5 ebenfalls bis 2065 an – bleiben dann jedoch bis 2099 konstant. Ein minimaler Anstieg aller Werte kann nur im Szenario mit den stärksten Klimaschutzmaßnahmen erreicht werden.

Mit den Temperaturanstiegen werden sich auch die winterlichen Frost- und Spätfrosttage verringern, nicht jedoch der zu erwartende Niederschlag. Im Gegenteil: Trotz Anstieg der Trockentage ist mit stärkeren Niederschlagsmengen zu rechnen – die so genannten „Starkregenereignisse“, die zu Katastrophen wie jüngst in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pflanz führen können, wenn durch die hereinbrechenden Wassermassen aufgrund starker Flächenversiegelungen die Kanalisationen überlastet sind. Im Szenario ohne Klimaschutz sind bis zu 5 Tage im Jahr mit Niederschlag über 20mm/Tag möglich. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Niederschlagsmenge in Oberhausen beträgt im Februar 59mm – wohlgemerkt für den ganzen Monat!

Auswirkungen auf die Gesundheit

Die aus dem Klimawandel resultierenden Veränderungen wirken sich auf die Gesundheit der Menschen aus – und treffen hier vor allem Säuglinge, Kinder, Senioren sowie Menschen, die im freien arbeiten oder an chronischen Erkrankungen leiden. Auch Menschen, die unter Allergien leiden, werden stärkere Probleme bekommen: Die Pollensaison verlängert sich durch die längeren Blühzeiten der allergieauslösenden Pflanzen, ebenso erhöht sich die Pollenmenge, da der Anstieg von CO2 die Pollenproduktion begünstigt.

Hitzestress setzt außerdem dem Körper zu und bedarf einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr. Hier ist besonders auf ältere Menschen zu achten, die häufig kein Durstgefühl mehr entwickeln und, gerade an heißen Tagen, viel zu wenig trinken. Der „Hitzeknigge des Umweltbundesamtes“ stellt als Richtmenge ein Glas Wasser pro Stunde vor, um die Flüssigkeitsverluste des Körpers zu kompensieren.

Mögliche Maßnahmen vor Ort

Zwar kann die globale Klimaveränderung nur global bekämpft werden, wichtig ist jedoch, auch entsprechende Maßnahmen vor Ort durchzuführen, die direkt spürbar und lokal wirksam sind, wenn sie vor der eigenen Haustüre ansetzen. Dies betrifft vor allem die Themenbereiche Städteplanung, Mobilität und Gebäudesanierung.

Denn vor allem dicht bebaute und versiegelte Flächen wirken wir ein Wärmespeicher und verstärken den „Wärmeinsel-Effekt“, indem sich die Stein. Und Betonflächen stark aufheizen, die Wärme speichern und in der Nacht langsam an die Umgebung abgeben. Hierzu gehört auch der häufig in Vorgärten verwendete Schotter, der ebenfalls einen starken wärmespeichernden Effekt aufweist. Zusätzlich verhindert Bebauung die Luftzirkulation und damit das Einströmen kühlerer Luft aus dem Umland.

Die Technische Universität (TU) Berlin hat in einer Untersuchung zum Kühleffekt von Grünflächen herausgefunden, dass mehrere kleine Grünanlagen effektiver sind als große Parkanlagen, da sich die Abkühlung in einem Umkreis von 300 Metern um die Grünfläche herum auswirkt. Ausreichend sind hier schon Grünflächen von der Größe eines kleinen Fußballfeldes.

Nun sind die Möglichkeiten zur Anlage solcher Grünanlagen flächenmäßig in einer dicht bebauten Stadt wie Oberhausen nicht überall möglich, hier können jedoch alternativ Dach- oder Fassadenbegrünungen zum Einsatz kommen. Diese sind jedoch in doppelter Hinsicht vorteilhaft: Einerseits verhindern sie ein Aufheizen des lokalen Umgebungsklimas, andererseits wirken sie isolierend für den inneren Gebäudebereich – und halten im Sommer die Wärme außen und im Winter innen. Anderer Städte wie Hamburg oder Düsseldorf haben hier bereits umfangreiche Förderprogramme aufgelegt.

Ebenso übernehmen Waldgebiete die Funktion einer kühleren Pufferzone ein, wenn sie aufgeheizte hochversiegelte Siedlungs- oder Gewerbegebiete voneinander trennen. In Oberhausen kommt diese Funktion vor allem dem Sterkrader Wald zu, dessen bodennahe Lufttemperatur in einer sommerlichen Wetterlage um bis zu 6°C unter der Temperatur im umliegenden Wohngebiet liegt.

Weitere Möglichkeiten, dem Temperaturanstieg zu begegnen, ergeben sich außerdem durch die Verwendung geeigneter Baumaterialen bzw. Fassadenfarben: Helle Oberflächen heizen sich weniger stark auf als dunkle Betonflächen. Auch die Verschattung versiegelter Verkehrsflächen Außerdem kann jede vormals versiegelte Fläche durch Entsiegelung zum Stadtklima beitragen.

Fazit

Wenngleich die globale Klimaerwärmung weiter voranschreiten wird, kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch mit entsprechenden Maßnahmen entgegengesteuert werden. Andernfalls droht auch in Oberhausen bis zum Ende des Jahrhunderts ein starker Anstieg extremer Wetterereignisse.

Quellen:

  • PfeiferS, Bathiany S, Rechid D: Klimaausblick Oberhausen und angrenzende Landkreise. Juni 2021, Climate Service Center Germany (GERICS)
  • Weltklimarat IPCC, Fünfter Sachstandbericht (AR5), 2013/14
  • Deutscher Wetterdienst (DWD), Klimainformationen Oberhausen, Daten 1971-2000, World Meteorological Organization
  • Climate Service Center Germany, Handeln, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren: Gesundheit und Klimawandel, 2. Überarbeitete Auflage, Juni 2020
  • Umweltbundesamt (UBA): Der Hitzeknigge, KomPass-Kompetenzzentrum, 2016
  • Stiftung DIE GRÜNE STADT, Stadtklimatologie und Grün – Anregungen zur Anpassung an den Klimawandel, November 2013
  • Medieninformation der TU Berlin Nr. 196 vom 27. August 2007
  • Snowdon-Mahnke, Mersmann: Stadtklimatisches Gutachten zu den Bebauungsplänen Nr. 642 und 735 der Stadt Oberhausen, Regionalverband Ruhr, Essen, Dezember 2017
Autor:

Tobias Szczepanski aus Oberhausen

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