Krieg ist das Versagen von Politik
FRIEDEN UND ASYL HABEN KEINE FARBEN

Meinung von Stephan Leifeld

Morgen könnte der Krieg in der Ukraine endlich beendet sein. Ein Treffen der Außenminister von Russland und der Ukraine bietet eine Chance für den Frieden. Dabei würde ich mir wünschen, dass der Ukraine in Zukunft tatsächlich eine besondere Rolle in Europa zugedacht wird. Als neutrale Wirtschaftszone zwischen dem sogenannten „Iwan“ und denen, die Angst vor ihm schüren. Die bisherige Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sollte ebenso zügig eine Wendung zum Frieden nehmen: Wehrpflicht und Aufrüstung könnten dann in den Denkfabriken transatlantischer Lobbyisten-Vereine wieder ein verdientes Schubladendasein führen. Und dann arbeitet der gesamte Kontinent seinen tief verankerten Rassismus auf… Give peace a chance. Wer hat eigentlich Angst vor dem Schwarzen Mann?

Ich möchte, bevor bei den aktuell leicht steigenden Fallzahlen, Corona wieder Topthema werden kann, nochmal auf den eskalierten Konflikt in der Ukraine eingehen. Mit einer weiteren Perspektive. Dabei spielen meines Erachtens die Medien eine zentrale Rolle, wie wir Menschen die Welt wahrnehmen (sollen), ob ein Frieden plötzlich sogar Farben bekommt - Nationalfarben; während zeitgleich andere Kriege völlig ignoriert werden, weil sie „weit genug weg sind“, obwohl wir die anderen Farben ebenso gut kennen.

In diesen Tagen scheint die Welt auf zwei Farben reduziert. Als wäre die Ukraine ein gelobtes Land für Frieden und Freiheit. So formulieren es zahlreiche Politiker und auch Journalisten. „Für Frieden und Freiheit“ ist dabei über Jahre der Werbeslogan der Unionsparteien unter Bundeskanzler Helmut Kohl gewesen. Wenn es aber so richtig eskaliert, sind SPD und Grüne mal kurz am Ruder. Schröder und Fischer in Sachen Serbien. Scholz und Baerbock in der Sache Ukraine. Die NATO wäscht ihre „Hände in Unschuld“, für Frieden und Freiheit. Man liefert nur, man tötet nicht. Bewaffnung und Aufrüstung werden zum Menschenrecht stilisiert, für (Ruhe in) Frieden und Freiheit (zu sterben). Eine sichtlich überforderte Außenministerin Baerbock nutzt dieses geflügelte Wort jedoch emotional so inflationär, als sei sie eingefleischte Politikerin der konservativen CDU. …Spannend auch, unter dem Aspekt, dass Frau Merkel einem sozialdemokratischer vorgekommen ist, als der aktuelle Nachfolger. Grün scheint das neue Schwarz.

Frieden scheint aber in diesen Tagen blau und gelb, während eine Kritik daran, bereits zu sehr persönlichen Anfeindungen führen kann. Aber auch humanitäre Hilfe und die Willkommenskultur unserer Staaten in Europa scheint nach Farben sortiert zu sein. Wobei die Farben auch für die europäische Flagge stehen könnten, Selenskyj und Co womöglich gegen Windmühlen streitend, instrumentalisiert werden. Anders kann ich nicht nachvollziehen, warum es so erstaunlich ist, wie die Menschen aus der Ukraine als „Vertriebene“ und „Flüchtende“ aufgenommen werden, während man vor wenigen Wochen noch für eine Katastrophe erklärt hat, als ein Bruchteil vergleichbarer Menschenmassen, an der europäischen Außengrenze von Polen zu Belarus, um Einlass ersucht hat. Stacheldraht und Wasserwerfer waren vor Weihnachten die Antwort im katholischen Nachbarland - statt christlicher Nächstenliebe. Angst vor dem Schwarzen Mann?

Zur Zeit berichten wiederum zahlreiche Medien, wie betroffen sie macht, wenn „europäisch aussehende Menschen mit blauen Augen und blonden Haaren getötet werden“. Dieses Zitat stammt aus einem Bericht der BBC, die in Großbritannien ansässig ist. Dabei berichtet BFM TV aus Frankreich nicht viel besser, wenn es heißt: „wir befinden uns in einer Stadt und wir werden mit Raketen beschoßen, als ob wir im Irak oder in Afghanistan wären (…)“. Als jemand, der seinen Satelliten-TV auch zum Konsum ausländischer Nachrichtensender nutzt, bin ich beinahe sprachlos. Aber selbst Al-Jasira übernimmt den Jargon, wenn man dort auf Englisch berichtet, „beeindruckt zu sein, dass Leute aus der Mittelschicht - wohlhabend gekleidete Menschen - vor den Kampfhandlungen flüchten (…)“. 

Die Foreign-Press-Association zeigt sich deshalb in diesen Tagen auch besorgt, über die Äußerungen von Kriegsberichterstattern, die offenbar emotional und damit auch sprachlich einen Unterschied machen, zwischen Leid und Krieg „vor der eigenen Haustüre“ und dem Elend „sonst wo auf diesem Planeten“. Es muss also einmal klargestellt sein, dass Menschen mit anderer Hautfarbe nicht anfälliger für Leid und Gewalt sind, oder daran gewöhnt, als Menschen, die nicht farbig wären. Kriegserfahrungen sind schlimm für alle Menschen, denke ich. Vor allem, weil ich mich noch gut erinnern kann, an lebhafte Erzählungen meiner Großeltern. Oder von den Menschen, die mir als Pflegefälle während meines Zivildienstes Ende der 80er Jahre begegneten.

Es kommt aus meiner Sicht eine weitere Komponente hinzu, die von unseren Medien und unserem eigenen Kommunikationsverhalten in den sogenannten Social Media beeinflusst werden. Die verbalen Signale unserer politischen Elite ermuntern nach meinem Geschmack, Menschen im Häuserkampf ukrainischer Städte zur Nutzung z.B. selbstgebauter „Kartoffelbazooka“ oder „Molotowcocktails“. Bei vergleichbaren Aktionen im Westjordanland, Gaza oder Irak, nennt man solche Handlungen dann aber gleich „Terrorismus“. Als bestimmt nur „unsere“ Sicht der Welt, wer im Recht ist, und wer nicht. Deshalb sieht in diesen Tagen auch kaum ein Mensch, dass die Avancen eines ukrainischen Präsidenten Selenskyj an „NATO und Menschlichkeit, den Luftraum der Ukraine für russische Flugzeuge zu sperren“ als eine Einladung nach dem Stil der berühmten Rede aus dem Sportpalast. Denn eine weitere Eskalation des Krieges könnte zu einem totalen Krieg führen, dem Weltkrieg Nr. 3.

Weil eine Nation glaubt, ein Recht zu haben, die Sicherheitsbedenken eines sogenannten Bruderstaates zu ignorieren, während gleichzeitig andere Menschen, aus wirtschaftlichen Motiven glauben, eben diesem „Bruder“ die Gretchenfrage stellen zu dürfen: Das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine hat bereits damals der „Nation der Ukraine“ einen verantwortungslosen Floh ins Ohr gesetzt. Das bildet die verzweifelt anmutende Grundlage, auf den sich der gelernte Komiker Wlodomyr Selenskyj in der Öffentlichkeit beruft. Diese Wahrheit macht ihn also zur tragischen Figur. Und seinen Gegner, der das diabolische Komplott der NATO-Kriegstreiber offenbart hat, macht dieselbe Wahrheit zum Despoten und Wahnsinnigen, nicht nur in den Medien.

Hingegen die wahren Urheber der politisch eskalierten Krise, reiben sich erneut die Hände: große Gewinne an der Zapfsäule nehmen die Menschen diese Tage nicht übel, ist ja für einen guten Zweck, die Ukraine. Dabei hat schon letztes Jahr jeder Spatz vom Dach gepfiffen, dass es an der Tankstelle teurer wird. Jetzt gibt es dafür die perfekte Ausrede. …Wehrpflicht durch die Hintertür, für einen guten Zweck, die Ukraine. (Diese Diskussion führen wir seit Corona. Es werden nicht die prekären Zustände in der Pflege durch bessere Bezahlung honoriert, nein, kostenlose Zivis müssen her. Das wollten schon die Experten, die vor Corona zahlreiche Krankenhäuser und Betten reduzierten. Bankkaufleute und Juristen. Nun führt das Gesundheitsministerium ein scheinbarer Virologe. Dabei ist Herr Lauterbach, studierter Experte für medizinische Wirtschaft. Virologin ist die Ex-Frau.)

Atomkraft und Aufrüsten sind auch wieder gesellschaftlich angesehen, für einen guten Zweck. Für die Ukraine. Angeblich jedenfalls. Und die Ukraine, die zerreißt es in Wahrheit, aber das bereits seit 1997 und nochmal seit 2014. Es entsteht dieses Mal aber nicht Nord- und Südkorea. Oder zwei Staaten Vietnam. Dieses Mal haben die Kriegstreiber die Ukraine so „lieb und teuer“, dass sie nicht genug bekommen, und auch die Ukraine nun geteilt wird: Ost- und West. Für einen guten Zweck, der alle Mittel „heiligt: Spekulationsgewinne an der Börse, Getreide und Bodenschätze. Denn Geld stinkt nicht. Solange SWIFT funktioniert, erfahren wir ganz beiläufig, wird es weitergehen, die Welt zu spalten, in Arm und Reich, Ost und West, Mann und Frau. Wie beim Atom, alles wird gespalten… dabei sind wir Menschen alle Brüder… und Schwestern.

Wie von Gott als Mann UND Frau geschaffen, sollten wir uns nicht mehr teilen lassen, nicht in Rassen, nicht in Nationen oder Geschlechtern. Alle Menschen werden Brüder, heißt es in einem Lied…

Wenn McDonalds und Coca-Cola in Russland vom Markt genommen werden, zeigt das stattdessen Alles. Oder, wie weit wir weg sind, von der Utopie der Gegenseitigkeit und Liebe. Plötzlich werden Fastfood und Zuckerbrause gut. Öl aus Venezuela und dem Iran werden wieder gut. Anonymus wird gut, weil das Netzwerk Putin attackiert. Das organisierte Verbrechen wird gut, weil es Russland ablehnt. Nawalny wird gut, weil er als russischer Nazi ein Gegengewicht zu Putin sein soll - um das „böse“ Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen. Ende gut, alles gut? Oder gibt es politisch agierende Kräfte aus der Wirtschaft, die einen Atomkrieg auf Europa beschränkt sehen möchten, damit der Wiederaufbau so richtig Geld generiert? Die Angst vor dem Schwarzen Mann jedenfalls, ist ein russisches Märchen, genau wie die Legende vom Kommunismus. Russland ist ein kapitalistisches System, wenn auch mit staatlichen Monopolen und wenigen Oligarchen. Die Angst vor dem äußeren Feind bildet hingegen die Grundlage des atlantischen Bündnis. Deshalb hoffe ich, die Außenminister der beiden Staaten finden morgen einen Weg… zum Frieden. In Europa. Bin ich mit dieser Hoffnung zu blauäugig und zu blond? 😉

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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