Kitas, Ärzte, Senioren, Kinder: Andrea Cabeza näht Gesichtsmasken
„Stelle mich der Herausforderung“

Produktion und Vertrieb Hand in Hand: Über Beate Simonis (l.) in der Traditionsbäckerei Stricker sind die Gesichtsmasken bestell- und abholbar.  | Foto: privat
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  • Produktion und Vertrieb Hand in Hand: Über Beate Simonis (l.) in der Traditionsbäckerei Stricker sind die Gesichtsmasken bestell- und abholbar.
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Von Stefan Reimet. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie brachte Andrea Cabeza aus Hemmerde auf die hilfreiche Idee, Gesichtsmasken zu nähen. Kaum vom Dienst auf einer Hospizstation zurück setzt sich die Mutter an die Nähmaschine. Mehr als 500 Stück in drei Wochen fanden rasch Absatz. Viele Hemmerder Senioren nehmen die Gesichtsmasken dankbar an.

Über die Facebook-Gruppe ihres Wohnortes machte sie auf den selbstgenähten Schutz aufmerksam. „Dann nahm das seinen Lauf.“ Beate Simonis, Verkäuferin in der Hemmerder Bäckerei Stricker und eine Freundin aus Kitazeiten sprach sie an, ob sie Gesichtsmasken an ihrem Arbeitsplatz beim Bäcker anbieten dürfe. Jetzt versorgt Andrea Cabeza den Laden regelmäßig mit den Masken. Liefert sie 60 Stück ab kommt bald ein Anruf, 40 sind schon weg. Mit ihrem Angebot im Laden spricht sie einen größeren Kreis an. In einem Bestellbuch tragen sich Interessenten ein.
150 Aufträge sind derzeit abzuarbeiten. Das Material hat Andrea Cabeza anfangs aus eigenem Fundus genommen. Jetzt ist sie gerührt, wie bereitwillig Stoff und Nähgarn gespendet werden. Aber auch die Nähmaschine benötigt Ersatzteile, Nachbefüllung. In der Gruppe fragt sie dann, ob ihr jemand die Spulen mit Nähgarn füllen kann. Sie ist froh: „Denn neben meiner beruflichen Tätigkeit geht das dann schwer.“ Eine Nachbarin half aus. Als sie einen Aufruf nach Nähgarn und bunte Baumwolle startete, hatte sie das Material blitzschnell. Teils kommen 80-jährige Damen, die ihre Aussteuerbettwäsche anbieten und sagen: „Die kannst du haben. Ich habe noch zwanzig Jahre im Schrank liegen.“ Und wünschen: „Andrea, du machst was Gutes draus.“ Die Masken bestehen aus zwei Lagen aufeinander, nicht aus überlappenden Falten. Dafür sind sie abgerundet, umschließen Mund- und Nasenraum. 

Erlös an Heilig-Geist-Hospiz Unna
Neben ihrer Arbeit als Krankenschwester im 3-Schichtsystem kann die fleißige Näherin die Auftrage nicht ohne Helferinnen machen. Für die ist sie sehr dankbar. Mittlerweile hat sie Zuschneiderinnen, die ihre Vorlagen haben und drei Stunden später 150 Zuschnitte bringen, zwei Schneiderinnen versorgen sie mit fertigen Masken. Sie hat mittlerweile mehr administrative Aufgaben als Näharbeit. Mann und Sohn unterstützen sie, jeder Kaffee bringt sie ein Stück weiter. Sechs bis acht Stunden am Tag sitzt sie an der Maschine im Nähzimmer. Ein riesiger Esszimmertisch trägt Material und Maschine. Die Freundin des Sohnes näht mit. Näht die Schrägbänder. „Mit der Nachfrage habe ich nicht gerechnet, aber ich stelle mich der Aufgabe.“ Und möchte den Erlös aus dem Verkauf  später dem Heilig-Geist Hospiz in Unna spenden.
Kontaktlose Abholung
Eigentlich wäre sie jetzt in Sevilla..., verheiratet ist sie mit einem Spanier. Tagsüber schüttet der Fernseher immer neue Schreckensmeldungen aus. Da durchzuhalten bedarf es enormer Energie.
Die erhält sie auch durch den Einsatz ihrer Helferinnen. „Das würde ich sonst nicht packen.“ Alle passen bei der Lieferung von Material ins Haus akribisch auf. Alles wird desinfiziert. Nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt genügt das Einsprühen mit Seifenlauge. Die Lauge knackt den Fettmantel möglicher Viren. Die Abholung erfolgt kontaktlos. Kunden werfen das Geld in den Briefkasten, an dem die Tüte mit den Masken hängt. „Wir passen auf, denn gerade bei den Kleinigkeiten an die man nicht denkt, hüpfen die Viren weiter.“
Jeder Maske liegt ein Infozettel bei. Aus dem geht hervor, sie schützen nicht vor Ansteckung, sind mehrfach verwendbar, bei 60 bis 90 Grad waschbar und sollten maximal 5 Stunden getragen werden. Bei Durchfeuchtung ist der Nutzen nicht gewährleistet.
Kein "Mundschutz"
Für Altenheime, Arztpraxen, Kindertagesstätten mit Notbetreuung und offizielle Einrichtungen näht sie mit ihrem Team die Masken kostenfrei. Nicht nur die Senioren kaufen die Masken, auch Kindermasken z. B. und für deren Familien werden gekauft , mit anderen Worten. sie werden für jedes Alter gekauft. Private Abholer bezahlen zwei Euro. Aus dem  kleinen Geldtopf kauft sie Nähnadeln, Ersatzteile für die Maschine und Material. „Das Geld, das übrig bleibt wird einer guten Sache gespendet.“ Andrea Cabeza führt genau Buch, möchte alles dokumentieren. Unglaublich, es gibt Neider. Und Rechtsanwälte, die tatsächlich gegen die Bezeichnung „Mundschutz“ angehen. Dabei habe Ernährungsministerin Julia Klöckner persönlich empfohlen, selbst Mundschutz zu nähen. In jedem Falle nennt Andrea Cabeza ihren Schutz jetzt „Gesichtsmaske“. Erklärt´s, setzt sich an ihre Nähmaschine und spult den Faden ein. 20 Stück müssen heute noch fertig werden. Die Krise kann viel mehr Andrea Cabezas gut gebrauchen.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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