Die Balobanovas sind zurück in der Ukraine
Weihnachten im Krieg

Mama Anna und Tochter Sofiia haben Anton so sehr vermisst, dass sie trotz des Krieges zurück in die Ukraine gekehrt sind. | Foto: Privat
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  • Mama Anna und Tochter Sofiia haben Anton so sehr vermisst, dass sie trotz des Krieges zurück in die Ukraine gekehrt sind.
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Anna, Sofiia und Anton Balobanova haben sich endlich wieder. Nach 17 langen Monaten der Trennung hielten es Mutter und Tochter nicht mehr aus und reisten zurück in die Ukraine. Jetzt steht Weihnachten vor der Tür - Weihnachten im Krieg.

Die junge Familie ist nicht in ihr Zuhause in Kiew zurückgekehrt. "Dort heulen oft die Sirenen und man wird morgens oft von sehr lauten Explosionen geweckt. Das ist beängstigend", sagt Anna Balobanova. Sie geht davon aus, dass die Hauptstadt im Winter ohne Licht und Wärme sein wird. "Das sind keine guten Lebensbedingungen!" Dennoch sind die Balobanovas regelmäßig in Kiew, um dort die Großeltern zu besuchen und noch Sachen aus der Wohnung zu holen.

Auf dem Land lebt es sich sicherer als in Kiew

Während sie mit Sofiia in Deutschland lebte, hatte Anton die Hauptstadt verlassen und in einem kleinen Dorf Arbeit gefunden. Dort hat die kleine Familie inzwischen ihr zweites Zuhause, in relativer Sicherheit. "Bislang wurde das Dorf verschont. Das Leben auf dem Land ist sicherer als in der Stadt, denn kleine Dörfer werden nicht beschossen", sagt die 37-Jährige.
Hier, etwa 220 Kilometer von Kiew entfernt, verbringt die Familie auch das Weihnachtsfest.

Familie freut sich auf Weihnachten

"Natürlich freuen wir uns auf diese Feiertage! Treffen mit Verwandten, Freunden und gemütliche Winterabende mit der Familie unter dem Weihnachtsbaum." Dabei wird das Fest bescheidener begangen als früher. Anton hat seine Arbeit als Fahrer für eine Brennerei verloren, weil das Produktionswerk saniert wird. Alle Mitarbeiter wurden für einen unbekannten Zeitraum in unbezahlten Urlaub geschickt, berichtet Anna. Auch sie ist arbeitslos. "Es gibt für mich keine Möglichkeit, hier im Dorf einen Job zu bekommen."

Finanzielle Schwierigkeiten

Vor dem Krieg hatte Anna als Bankangestellte in Kiew gearbeitet. In diesen Beruf möchte sie nicht zurück: zu stressig, zu schlecht bezahlt. Derzeit hält sie Ausschau nach einem Job in Kiew, aber bislang hat sie noch keine Zusage. Anna hofft, irgendwann ihren Traum von einem kleinen Nähgeschäft realisieren zu können. Aber das kann erst gelingen, wenn der Krieg vorbei ist.
Trotz der finanziellen Schwierigkeiten, in denen die Balobanovas gerade stecken, verlieren sie nicht ihren Mut. "Wir haben zu essen, wir frieren nicht. Unsere Laune ist gut!" Denn wenn ihnen die 17 Monate lange Trennung von Anton eines gezeigt hat, dann ist es der Stellenwert von Familie.

Trennung hat sie zusammengeschweißt

"Seit unserer Rückkehr aus Deutschland waren wir nie mehr getrennt", sagt Anna. Im Sommer, noch in Velbert, hatte die Ukrainerin gesagt: "Ich mag Deutschland wirklich, aber die Trennung von meinem Mann ist mir in letzter Zeit besonders schwer gefallen. Die Tochter vermisst ihren Vater, ihre Großeltern und ihr Zuhause sehr, es ist hier besonders schwer für sie. Wir denken darüber nach zurückzugehen, auch wenn der Krieg noch nicht vorbei ist. Denn die Familie soll wieder zusammenleben."

Auf dem Dorf eingelebt

Nur wenige Wochen später brachen Anna und Sofiia ihre Zelte in NRW ab, um zu Anton auf das ukrainische Dorf zu ziehen. Solange es noch warm war, spielte sich das wiedergewonnene Familienleben draußen ab. Zelten in der Nähe eines malerischen Steinbruchs, raus in den Wald, um im Regen im Fluss zu schwimmen, Pilze sammeln, viel spazieren gehen, Fahrrad fahren. Sofiia geht in dem Dorf zur Schule und hat schnell neue Freunde gefunden. Sie lebt ein relativ unbeschwertes Leben, verbringt ihre Freizeit mit anderen Mädchen. Nur ihre Leidenschaft, das Tanzen, kann sie noch nicht wieder aufnehmen. "Es gibt in dem Dorf keine Freizeitaktivitäten", schildert Anna.

Vor- und Nachteile des Dorflebens

Das ist eben die Kehrseite des Landlebens. In Kiew hatte Sofiia regelmäßig eine Tanzschule besucht und ihr Können bei Aufführungen gezeigt.
Auch vier Monate nach der Abreise aus Deutschland blickt die 37-Jährige voller Dankbarkeit zurück. "Sofiia und ich vermissen Deutschland sehr. Der Aufenthalt ist mir wunderbar in Erinnerung geblieben. Ein Teil meines Herzens bleibt dort. Es gab nur einen negativen Aspekt: dass Anton nicht dabei war." Mit der Rückkehr, berichtet Anna weiter, erlebte jeder von ihnen nach so langer Trennung "Frieden und Ausgeglichenheit in seiner Seele". Die kleine Familie ist sicher: "Wahres Glück ist, wenn die Familie zusammen ist und wir alle Schwierigkeiten auf jeden Fall überwinden werden!"

Das erste Interview

Durch Bomben getrennt
Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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