Förderturm in Gefahr? - Experten von Weltruf sollen ihn begutachten

Der denkmalgeschützte Förderturm soll begutachtet werden. | Foto: Lauke Baston
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Die geplante Sanierung des Förderturms der ehemaligen Zeche Holland steht offenbar auf wackeligen Füßen.

Stadtdirektor Paul Aschenbrenner erklärte in der letzten Sitzung der Bezirksvertretung, dass zuerst die Standsicherheit des Wattenscheider Wahrzeichens geklärt werden müsse.

Bekanntlich hatte die stadteigene Entwicklungsgesellschaft Ruhr (EGR) den denkmalgeschützten Förderturm mit Schachthalle - einschließlich Grundstückvon der NRW Urban (Nachfolgerin der Landesentwicklungsgesellschaft LEG) erworben.

Wolf-Dedo Goldacker

Für die Turmsanierung und den Ersatz der Schachthalle (Bürogebäude) wurden 1,32 Millionen Euro Fördermittel des Landes bereitgestellt, für die bisher aber nur 58 000 Euro abgerufen wurden. Der Komplex soll später an einen Investor verkauft werden.

Inzwischen wurden in einem Gutachten der Uni Wuppertal Zweifel an der Materialfestigkeit und an der Qualität der Schachtverfüllung geäußert.
Darin wurden Stahlteile des Turmgerüstes in einer „Kerbschlagprüfung“ als versprödet dargestellt. Sie könnten bei starkem Frost ohne Vorwarnung brechen, so wie vor drei Jahren die RWE-Strommasten im Münsterland.

Bei der Prüfung der Schachtverfüllung wurde festgestellt, dass der Zement im Verfüllungspropfen - erreicht 135 tief in den Schacht hinein - nicht abgebunden habe.
Gewissermaßen als „technische Verstärkung“ hatte Stadtdirektor und EGR-Geschäftsführer Paul Aschenbrenner EGR-Ingenieur Hans-Ulrich Philipp in die Bezirksvertretung mitgebracht. Dieser verwies darauf, dass bereits die Ruhrkohle den Schacht zusätzlich mit einer dicken Betonplatte gedeckelt habe, wohl für den Fall, dass der Verfüllungspropfen nicht halte und nach unten sause.
Paul Aschenbrenner betonte, dass die EGR sich erst mit einer Sanierung des Turms befassen könne, wenn die Standsicherheit und die Schachtsicherheit von zwei voneinander unabhängigen vereidigten Sachverständigen positiv beurteilt werde. „Aber bisher haben wir keinen gefunden.“ Auch die Förderstelle des Landes verlange eine bautechnische Stellungnahme. Man sei allerdings mit einigen Firmen/ Institutionen im Gespräch. Er werde sich dazu im nichtöffentlichen Teil der Sitzung äußern.

Die Katze, um wen es sich dabei u.a. handelt, hatte Landtagsabgeordneter Serdar Yüksel bereits am Montag am Rande der Bahnhofsbesichtigung aus dem Sack gelassen. „Ich habe die Bergbaufachhochschule Agricola angesprochen. Da gibt es den Studiengang Nachbergbau, der auch ganz eng mit dem Bergbaumuseum zusammenarbeitet. Beide Einrichtungen verfügen Experten mit Weltruf. Sie werden sich des Förderturmes annehmen, ihn vermessen und prüfen: seine Standfestigkeit (Materialprüfung) und Statik sowie die Sicherheit der Schachtverfüllung und das geologische Umfeld. Diese Experten können das und erst nach ihrem Urteil kann man eine verlässliche Aussage zur Zukunft des Turmes machen. Ich habe inzwischen den Kontakt zwischen den Wissenschaftlern und der EGR hergestellt.“

In seinem Bericht machte Aschenbrenner auch deutlich, dass die EGR den Förderturm an die NRW Urban zurückgeben müsse, falls eine Sanierung technisch oder finanziell nicht zu stemmen sei. Rein theoretisch denkbar wäre auch die Lösung den Turm zu verschrotten und ihn aus Neuteilen an gleicher Stelle wieder aufzubauen: „Aber das ist wohl eher eine Utopie.“
Bericht wird fortgesetzt.

Der Kommentar: Das importierte Wahrzeichen

Er ist ein stählerner Zeitzeuge der Wattenscheider Bergbaugeschichte und ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Hellwegstadt: der Förderturm der ehemaligen Zeche Holland. Der Förderturm ziert als stilisierte Grafik Aufkleber und Logos als Symbol für Wattenscheid. Dabei ist er gar kein gebürtiger Wattenscheider. 1927 wurde er für die Essener Zeche Zollverein erbaut, 1962 abgebaut und auf der Zeche Holland über dem Schacht 4 wieder aufgebaut.
Seitdem ist er aber vielen Wattenscheidern ans Herz gewachsen. Grund genug, ihn unter Denkmalschutz zu stellen und vor dem Abriss zu bewahren.
Nun soll seine Standsicherheit und seine Materialfestigkeit geprüft werden. Also auf mich macht der stählerne Riese einen stabilen Eindruck und ich kann mir nicht vorstellen, dass er morgen umfallen würde. Apropos umfallen: Könnt es sein, dass die Zweifel an seiner Standsicherheit weniger aus sicherheitstechnischen, sondern mehr aus politischen Gründen geäußert werden?
Gut, Sicherheit geht vor. Da ist es gut, dass Experten der Bergbau-Fachhochschule Agricola und des Bergbaumuseums Förderturm und Schacht technisch unter die Lupe nehmen sollen. Erst nach ihrem Gutachten wissen wir mehr. Auch über die Sanierungskosten. Jetzt schon über irgendwelche Zahlen zu spekulieren, ist verfrüht. Oder will man die Sanierung schon im Vorfeld kaputtrechnen? Motto: „Mit den 1,3 Mio Fördergeldern kommen wir nie aus“. Erst mal abwarten!
Was Wattenscheidern ihr Förderturm wert ist, erfahren Sie hier

Der denkmalgeschützte Förderturm soll begutachtet werden. | Foto: Lauke Baston
Autor:

Wolf-Dedo Goldacker aus Wattenscheid

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