Die dunklen Seiten im Blick

Zum 80. Geburtstag des Regisseurs Roman Polanski am 18. August*

„Wenn man Filme über Menschen macht, dann muss man auch die dunklen Seiten mit einbeziehen“, erklärte Roman Polanski in einem Interview zutreffend sein künstlerisches Credo. Man könnte allerdings einwenden, dass die dunklen Seiten, die seelischen Torturen und das dämonische Geraune zumeist sogar dominieren.
In seinem ersten großen Hollywood-Erfolg „Rosemaries Baby“ (1968) schickt Polanski die weibliche Protagonistin (Mia Farrow) förmlich durch die Hölle. Rosemarie wünscht sich von ihrem Mann Guy ein Kind, fällt jedoch nach dem Genuss eines Desserts in tiefe Bewusstlosigkeit und träumt, vom Satan vergewaltigt zu werden.
Als Polanskis schwangere Ehefrau Sharon Tate, mit der er zusammen „Tanz der Vampire“ (1966) drehte, später von einer satanischen Sekte brutal ermordet wurde, mehrten sich die Stimmen derer, die Roman Polanski verdächtigten, selbst der schwarzen Magie verfallen zu sein. Kleine und große Skandale pflasterten ohnehin den Lebensweg des Regisseurs, dem in den USA immer noch eine Anklage droht, weil er 1977 Sex mit einer Minderjährigen gehabt haben soll.
Roman Polanski, der heute* vor 80 Jahren unter dem Namen Rajmund Roman Liebling in Paris als Sohn polnisch-jüdischer Eltern geboren wurde, ist Ende der 70er Jahre in sein Geburtsland zurück gekehrt und hat die französische Staatsangehörigkeit angenommen. Als Kind übersiedelte Polanski mit seinen Eltern nach Krakau. Die Mutter starb im Konzentrationslager, der Sohn überlebte in wechselnden Pflegefamilien. Schon als Schüler begeisterte er sich fürs Theater, studierte später Malerei und an der renommierten Filmhochschule in Lodz.
Bereits mit seinem ersten Kinofilm „Messer im Wasser“ (1962) gelang dem kleinwüchsigen Exzentriker, der später auch durch seine Drogenexzesse für Schlagzeilen sorgte, der große Durchbruch. Unbequem, streit- und angriffslustig präsentierte sich Polanski über all die Jahre, so wie in der Nebenrolle, die er in „Chinatown“ (1974) selbst verkörperte - als kleiner Prügler gegen den Protagonisten Jack Nicholson.

Erst 2003 den Oscar erhalten
Sechs Oscar-Nominierungen brachten ihm seine Filme ein (u.a. auch für „Tess“ mit der blutjungen Nastassja Kinski in der Hauptrolle und „Piraten“ mit Walter Matthau), erhalten hat er die begehrteste Trophäe der internationalen Filmwelt erst nach Eintritt ins Rentenalter. Nicht allein künstlerische Gründe dürften hierfür den Ausschlag gegeben haben. „Ich bin tief berührt“, hatte er 2003 erklärt, als er für den „Pianist“ endlich den Oscar bekam. Der Verleihung musste Polanski wegen der drohenden Strafverfolgung fern bleiben.
Dass Roman Polanski noch immer zu den brillantesten Regisseuren gehört, zeigten auch seine späten Arbeiten - der nach dem Roman von Arturo Perez-Reverte entstandene Film „Die neun Pforten“ (1999), sein bisher persönlichster Streifen „Der Pianist“ (2002) und „Oliver Twist (2005) mit Barney Clark und Ben Kingsley in den Hauptrollen.

"Der Pianist" - ein spätes Meisterwerk
Ob der Bücherjäger Dean Corso (Johnny Depp) oder der während des Zweiten Weltkrieges von Todesängsten geplagte jüdische Pianist Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) - Polanski sind noch einmal eindringliche, unpathetische Menschenbilder gelungen. Im „Pianist“ hatte sich der Regisseur erstmals an seine eigene Lebensgeschichte als Überlebender des Holocaust herangewagt. „Horror und Humor gehören zusammen“, beschrieb Roman Polanski in einem Interview sein Oeuvre. Niemals zuvor ist ihm diese sonderbare Synthese so eindrucksvoll gelungen wie im „Pianist“.
Polanski, der seit 1989 mit der Schauspielerin Emmanuelle Seigner verheiratet ist, steckt noch immer voller Tatendrang. Aufsehen erregte er 2010 noch einmal mit dem auf der Berlinale präsentierten Polit-Thriller „The Ghost Writer“ (mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle) nach dem Roman von Robert Harris und ein Jahr später mit der von schwarzem Humor durchzogenen Komödie „Der Gott des Gemetzels“ nach Yasmina Rezas gleichnamigem Bühnenstück. Nicht zuletzt dank der drei Weltstars Kate Winslet, Jodie Foster und Christoph Waltz wurde dieser nur 80-minütige, kammerspielartige Streifen über zwei Elternpaare, deren Kinder in eine Schlägerei verwickelt waren, zu einem großen Erfolg.
„Manche Menschen glauben, dass das Leben vorgezeichnet ist, wie ein fertiges Drehbuch. Dass alles eine logische Folge ist. Und wenn sie dann mit 80 in den Rückspiegel schauen, macht plötzlich alles Sinn für sie. So hätten wir es gern, aber worin läge der Sinn dann bei mir? Mein Frieden heute ist meine Familie: meine Frau und meine Kinder“, erklärte Roman Polanski jüngst in einem Interview. Altersweise, ein wenig schwermütig und um Harmonie bedacht – ein neuer, alter Polanski.

Autor:

Peter Mohr aus Wattenscheid

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