Schiedsrichter Heiko Schneider: „Nichts beschönigen“

Heiko Schneider ist seit vielen Jahren als Ausbilder des Schiedsrichternachwuchses im Fußballkreis Bochum tätig. Die Themen Gewaltprävention und Deeskalation sind seit 2000 auf der Agenda. Foto: Peter Mohr
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„Alle Beteiligten sollten nichts beschönigen“, fordert der langjährige Referee Heiko Schneider mit Blick auf das Thema Gewalt im Fußball. Vereine, Schiedsrichter, Medien und vor allem den DFB sieht er gemeinsam in der Pflicht.

Der Fußballkreis Bochum darf sich auf die Fahnen schreiben, seit mehr als einem Jahrzehnt aktiv gegen Gewalt auf den Sportplätzen zu arbeiten.
Im Jahr 2000 hat der Kreis-Schiedsrichterausschuss sein Präventiv- und Deeskalationsprogramm als festen Bestandteil der Schiedsrichterausbildung etabliert.
„Wir sind aber nur ein kleines Rädchen im Getriebe“, unterstreichen Heiko Schneider und das Wattenscheider Schiedsrichter-Urgestein Norbert Koch, der seit 50 Jahren der Schiedsrichterei frönt und einst Spiele in der höchsten Amateurliga leitete.
Die beiden Referees sind sich einig, dass die Gewalt inzwischen eine ganz andere Qualität angenommen hat als früher. Gewalt sei mehr als nur die aktenkundigen Prügeleien.

Verfall der Sitten

Heiko Schneider präzisiert: „Für mich beginnt die Gewalt schon bei wüsten Beschimpfungen, rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen und verbaler Gewaltandrohung.“ Vor allem in diesem Bereich gäbe es drastische Zuwächse.
Diesen „Verfall der Sitten“ beklagen vor allem viele junge Schiedsrichter. Beim regelmäßig stattfindenden Erfahrungsaustausch mit jungen Unparteiischen werde häufig von Handgreiflichkeiten außerhalb des Spielfelds berichtet und von Gewaltandrohungen durch Betreuer oder Eltern.
„Das ist ein Spiegelbild unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Autoritäten werden nicht mehr anerkannt - egal, ob Eltern, Lehrer, Trainer oder auch Schiedsrichter “, meint Norbert Koch.

Kaum noch Nachwuchs

Alarmierend sei der Rückgang an aktiven Schiedsrichtern im Fußballkreis Bochum. Auch die Zahl der Besucher der Anwärterlehrgänge (im Moment läuft ein Kurs mit 17 Teilnehmern) gehe rapide zurück.
Wochenend-Lehrgänge, in denen Tipps für Konfliktlösungen und Deeskalationsstrategien vermittelt werden, Betreuungen junger Referees vor und nach ihren Spielen durch sogenannte „Paten“ (ältere Kollegen): die Schiedsrichter des Fußballkreises Bochum sind sich des Problems bewusst und beackern ihr Gebiet mit großem Engagement.
„Wichtig ist uns, dass alle Beteiligten endlich erkennen, dass wir alle in einem Boot sitzen und dass wir das Thema Gewalt im Fußball nur gemeinsam lösen können“, so der Appell von Heiko Schneider und Norbert Koch auch in Richtung Fußballvereine, Trainer, Betreuer, Zuschauer und Eltern. Und es bleibt die Hoffnung, dass sich auch der DFB des Themas annimmt.

Heiko Schneider (46) leitete Spiele bis zur Regionalliga (damals 3. Liga) und stand in der 2. Bundesliga im Gespann von Torsten Kinhöfer an der Linie. Heute gibt er seine Erfahrungen als Lehrwart im Fußballkreis Bochum weiter.

Autor:

Peter Mohr aus Wattenscheid

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