"Black Friday" - Was ist die deutsche Sprache noch wert?

Plötzlich sind viele Online-Shops schwarz gestaltet: Real, Saturn, Amazon und viele mehr. Man liest vom „Black Friday“. Und was bitte soll das sein? Wikipedia weiß mehr: „Black Friday (engl. für Schwarzer Freitag) wird in den Vereinigten Staaten der Freitag nach Thanksgiving genannt. Da Thanksgiving immer auf den vierten Donnerstag im November fällt, gilt der darauffolgende Black Friday als Start in ein traditionelles Familienwochenende und als Beginn der Weihnachtseinkaufsaison.“ Ach so, die Weihnachtseinkäufe beginnen. Und warum muss das unbedingt in Schwarz sein? Ist Weihnachten ein Trauerfall? Und warum muss es jetzt „Black Friday“ statt beispielsweise „Weihnachtsangebote“ heißen? Es ging Jahrhunderte ohne diesen amerikanischen Begriff. Und plötzlich nicht mehr. Gut, er soll auch schon die Jahre zuvor verwendet worden sein, aber ehrlich gesagt, habe ich das gar nicht mitbekommen. Bis jetzt.
Allerdings werden wohl einige der Händler bald mächtigen Ärger bekommen, denn der Begriff „Black Friday“ ist eine Wortmarke (http://t3n.de/news/black-friday-marke-764117/) und damit geschützt (wenn auch umstritten). T3n: „Die Super Union Holdings Ltd. aus Hongkong ist aktuell Inhaber der Wortmarke „Black Friday“, die ursprünglich am 20. Dezember 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen wurde.“ Bis zu 100.000 Euro werden für den Missbrauch gefordert. Lediglich Saturn hat klug gehandelt und wirbt mit der „Black Week“, also auch wieder in Englisch.
Allerdings frage ich mich, wer hier in Deutschland sich von der Farbe Schwarz und einem negativ belegten Begriff zum Kaufrausch hinreißen lässt. Denken wir nicht zuerst an den Oktober 1929 und den Beginn der Wirtschaftskrise? An Geldmangel, Rezession, Armut? Wie viel Sinn macht es, die Bezeichnung eines amerikanischen Tags in Deutschland einzuführen und zu erwarten, dass dies die Verkäufe steigert? Ein Begriff, der in unserer Kultur völlig konträr besetzt ist.
Oder sind die Menschen hier bereits durch Sendungen wie „Bauer sucht Frau“, „Deutschland sucht den Superstar“, usw. bereits so gleichgültig geworden, dass sie einfach alles nachplappern, was die Wirtschaft und der Handel ihnen in den Mund legen? Erst mal stutzen, aber dann schlucken, denn hey, schließlich ist das mit Rabatten verbunden, also kann man sparen! Dann ist doch alles erlaubt, oder? Aber spart man wirklich? Oder werden viele sogenannte Rabatte nur vorgegauckelt? Wie gesagt, der Verbraucher scheint ja mittlerweile alles zu schlucken und hinterfragt nicht mehr.
Und es ist ja nicht nur der Schwarze Freitag, sondern Anglizismen halten ja schon seit vielen Jahren Einzug. In manchen Bereichen, wie IT oder Technik, kann man sich manchmal mit Recht fragen, warum da überhaupt noch deutsche Worte stehen. Mit zunehmender Globalisierung werden fraglos amerikanische Begriffe übernommen, ja es wird nicht einmal mehr die Bemühung gestartet, einen deutschen Begriff zu finden.
Momentan machen sich viele Menschen Gedanken über Burkinis (im Grunde nicht viel anders als ein Taucheranzug, auch die üben anfangs im Schwimmbecken) und Kopftücher (trage ich auch manchmal, wenn es kalt ist), dass dies unsere Kultur ins Wanken bringt. Aber warum sorgt sich keiner um unsere Sprache? Gehört die nicht zu unserer Kultur? Ist die egal? Spielt die keine Rolle mehr?
Die Verrohung der Sprache sollte uns sehr viel mehr zu denken geben, als ein Kopftuch. Den Startschuss hat wohl Herr Gabriel mit seiner „Pack“-Äußerung gegeben. Danach meinte jeder, er könnte jetzt mit Beschimpfungen nur so um sich werfen. Wenn der das kann, können wir das auch! Und wo hat es uns hingeführt?
Der nächste Halt war dann wohl Herr Böhmermann. Und seitdem gibt es kaum noch eine Satiresendung, in der keine ordinären Begriffe vorkommen. Herr Welke hat sich in seiner „heute-show“ über eine Beschwerde diesbezüglich auch über seine Zuschauer lustig gemacht. Herr Welke wird froh sein, eine Zuschauerin weniger zu haben. Es gab mal eine Zeit, da bestand Satire aus der Kunst, mit eleganten Formulierungen Kritik zu üben. Ich vermisse Herrn Hildebrand.
Eigentlich ist es leicht, herauszufinden, welchen Stellenwert die Sprache für einen selbst hat. Man braucht sich nur gedanklich vorzustellen, dass jemand (vielleicht in der Vorstellung sogar das eigene Kind oder ein guter Freund) mit ihm oder ihr in einer ordinären Sprache umgeht und wie sich das anfühlt. Ich glaube, keiner möchte das wirklich auf Dauer haben. Warum sollten wir uns dem also gegenseitig aussetzen? Die Verwendung einer rohen Sprache fördert Hass, Gewalt, Brutalität, Intoleranz. Dass man sich über diese Tatsache lustig macht, geht nicht in meinen Kopf. Dass man diese wichtige Tatsache einfach negiert, kann ich nicht verstehen und auch nicht akzeptieren. Sprache gehört zu unserer Kultur. Verroht die Sprache, verroht die Kultur.
Es liegt in unserer Hand, ob wir uns von Wirtschaft, Handel und Politik die Worte in den Mund legen lassen wollen, Globalisierung hin oder her. Ich für meinen Teil werde in keinem dieser Geschäfte ein Produkt kaufen.
Spaßeshalber habe ich auf den Real-Newsletter hin mal gefragt, was der „Black Friday“ ist. Eine Antwort habe ich bisher nicht erhalten. So wichtig sind wir Kunden dann doch nicht.

Autor:

Elke Ebert aus Witten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.