Konjunktur eingebrochen
"Corona hat seinen Stempel hinterlassen": IHK Arnsberg präsentiert Umfrageergebnisse

Stellten die Konjunkturbefragung vor (v. l.): Hubertus Gössling (Gössling Spedition, Arnsberg), Stefan Severin (Geschäftsbereichsleiter Volkswirtschaft, IHK), Peter Eickhoff (Handelsunternehmen Warstein), Johannes A. Lehde (Bauunternehmen Soest), Andreas Deimann (Tourismusunternehmen Schmallenberg), Dirk Ufer (Dienstleistungsunternehmen Arnsberg), Andreas Rother (IHK-Präsident, Dienstleistungsunternehmen Ense), Yvonne Dallmer (Industrieunternehmen Arnsberg) und Dr. Ilona Lange (IHK-Hauptgeschäftsführerin).  | Foto: Diana Ranke
  • Stellten die Konjunkturbefragung vor (v. l.): Hubertus Gössling (Gössling Spedition, Arnsberg), Stefan Severin (Geschäftsbereichsleiter Volkswirtschaft, IHK), Peter Eickhoff (Handelsunternehmen Warstein), Johannes A. Lehde (Bauunternehmen Soest), Andreas Deimann (Tourismusunternehmen Schmallenberg), Dirk Ufer (Dienstleistungsunternehmen Arnsberg), Andreas Rother (IHK-Präsident, Dienstleistungsunternehmen Ense), Yvonne Dallmer (Industrieunternehmen Arnsberg) und Dr. Ilona Lange (IHK-Hauptgeschäftsführerin).
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„Das Konjunkturklima am Hellweg und im Sauerland ist auf dem Tiefpunkt“, dieses Fazit zog IHK-Präsident Andreas Rother bei der Vorstellung der Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage. Die Lage bekommt nur im Baugewerbe mehrheitlich ein „Gut“ bis „Befriedigend“.

An der Befragung beteiligten sich 577 Unternehmen - "eine außergewöhnlich hohe Zahl", so Stefan Severin, Geschäftsbereichsleiter Volkswirtschaft. Der IHK-Konjunkturklimaindikator – er besteht aus Bewertungen der Lage und der Erwartungen – ist von 110,1 Punkte im Januar auf 69,1 Punkte gefallen. „Der tiefste Wert bei unseren Konjunkturumfragen“, sagte Präsident Rother. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise am Jahresbeginn 2009 habe er noch 72,2 Punkten gelegen. "Heute heißt der Grund Corona." Der durch die Pandemie erzwungene Shutdown in Deutschland und die weltweiten Folgen der Corona-Krise wirken sich in allen Branchen aus. Der Rückgang im Konsum habe zunächst vor allem Gastronomie, Tourismus, Einzelhandel und Dienstleister getroffen. Doch auch die vorgelagerten Branchen wie Großhandel, Verkehr und die Produktion von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern hätten mit Einbußen zu kämpfen. Die Industrie habe nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland große Teile ihrer Umsätze eingebüßt.

42 % bewerten Lage mit "Schlecht"

42 Prozent der Betriebe geben ihrer derzeitigen Lage ein „Schlecht“: Das seien mehr als viermal so viele wie zu Jahresbeginn. Die Zahl der Betriebe, die mit ihrer Lage zufrieden seien, habe sich halbiert. Der Auftragsbestand ist bei 62 Prozent der Betriebe gut oder befriedigend (Jahresbeginn 89 Prozent). Die Ertragslage hat sich bei 56 Prozent verschlechtert. "Corona hat deutlich seinen Stempel hinterlassen", brachte Severin es auf den Punkt.Von einer schnellen Erholung noch in diesem Jahr gehen die Unternehmen nicht aus. In allen Branchen fällt die Erwartung für die kommenden zwölf Monate mehrheitlich negativ aus. Jedes zweite Unternehmen erwartet eine Verschlechterung. "Diese Einschätzungen sind jedoch auch vielfach der Unsicherheit geschuldet", erklärte Severin. Es seien viele Fragen offen, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen se ien nicht klar, dazu komme der stockende Inlandsabsatz.

"Investitionen auf Eis gelegt"

Dementsprechend halten sich Unternehmen bei ihren Investitionsplanungen zurück. Über die notwendigen Projekte hinaus sind der IHK-Umfrage zufolge kaum größere Maßnahmen geplant. Besonders teure Investitionen würden vertagt. Das Hauptmotiv sei folglich der Ersatzbedarf (58 Prozent), gefolgt von Rationalisierungen (44 Prozent). Der Einbruch der Konjunktur wirkt sich auch auf die Beschäftigung aus: 36 Prozent der Betriebe wollen die Belegschaft verkleinern. "Es müssen aber keine sofortigen Kündigungen erwartet werden", so Severin, doch die Planung der Stellenbesetzung werde sich verändern. In fast allen Branchen sei mit einem Beschäftigungsabbau zu rechen. Allein der Großhandel wolle unter dem Strich die Belegschaften halten.

Fachkräftemangel steht hinten an

Bei den Konjunkturrisiken steht die Inlandsnachfrage nun mit 70 Prozent auf dem ersten Rang. An zweiter Stelle folgen mit 44 Prozent die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. "Der Fachkräftemangel, in der Vergangenheit das größte Risiko, fällt von 57 Prozent Nennungen auf 22 Prozent", erklärte Severin. Gestiegen seien die Nennungen beim Thema Finanzierung: Noch zu Jahresbeginn sei die Finanzierung kaum von Bedeutung gewesen, nun stelle sie für immerhin 15 Prozent der Unternehmen ein Risiko dar.

Signifikanter Unterschied zu früheren Krisen

Im Vergleich zu Wirtschaftskrisen in der Vergangenheit macht IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Ilona Lange einen signifikanten Unterschied aus: „Diese Krise ist nicht durch wirtschaftliche Prozesse entstanden, sondern gänzlich von außen auf die Wirtschaft getroffen. Unsere Unternehmen waren und sind mehrheitlich im Kern gesund. Das wird uns in der anstehenden Erholungsphase noch sehr zugute kommen.“ Jetzt sei die Zeit, Geschäftsmodelle zu überprüfen und Möglichkeiten auszuloten. "In schwierigen Zeiten macht Not erfinderisch. Unsere Unternehmen sind gut aufgestellt, weil sie schnell und flexibel reagieren können."

"Ich glaube, einzelne Kaufanreize helfen da nur wenig"

So hat beispielsweise Andreas Deimann vom Hotel Deimann in Schmallenberg den Shutdown genutzt, um anstehende Sanierungsarbeiten vorzuziehen. Der anfängliche Optimismus zur Wiedereröffnung sei in der Hotel- und Gastronomiebetriebe jedoch schnell verflogen. "Die Bedingungen sind teilweise so schlecht, dass es wirtschaftlich keinen Sinn macht, zu öffnen." Denn aufgrund der geltenden Bestimmungen könnten teilweise nur 40 Prozent der Plätze belegt werden. Dazu kämen sich täglich ändernde Verordnungen, "man kann sich auf nichts verlassen", so Deimann. Von Reisegutscheinen hält er nichts. "Ich glaube, einzelne Kaufanreize helfen da nur wenig - Steuererleichterungen sind gefragt."

Preisdruck zu spüren

Hubertus Gössling von der Spedition Gössling aus Arnsberg erläuterte die Auswirkungen auf die Transport- und Logistikbranche. Nur 40 Prozent des zur Verfügung stehenden Frachtraums seien derzeit belegt. Derzeit hängende Aufträge aus den Zulieferbetrieben für die Automobilindustrie könnten zusätzliche 25 Prozent bringen. Der Preisdruck der Mitbewerber sei aber schon zu spüren.
Yvonne Dallmer vom Industrieunternehmen Dallmer aus Arnsberg sieht in der Krise die Chance für Unternehmen, sich verbessert aufzustellen. "Für mich wäre es keine Option, die Hände in den Schoß zu legen." Digitalisierung sei ein wichtiges Thema. Das bestätigte auch Johannes Lehde vom Bauunternehmen Lehde aus Soest. "Man sollte die Zeit nutzen, um das Unternehmen für die Zukunft nach der Krise top aufzustellen."

Andere Rahmenbedingungen für Wirtschaft

"Es gehört auch Mut dazu, nach vorn zu schauen", bekräftigte IHK-Präsident Andreas Rother. Er ist sicher, dass die Ergebnisse der IHK-Umfrage im Herbst anders aussehen werden, machte aber auch klar: "Wir brauchen ganz andere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und Signale aus der Politik." An die Unternehmen appellierte er: "Haltet eure Fachkräfte - sie werden morgen wieder gebraucht!"

Autor:

Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim

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