Schwanenrittersage Teil IV.: "Lohengrin zu Brabant"

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In dieser Sage, aufgeschrieben von den Gebrüdern Grimm, wird über den Gralsritter Loherangrin, Sohn des Parzival, berichtet und über Loherangrins Ende in Lothingen.
Diese Sage, und die Gestalt des Lohengrin im Epos Parzival von Wolfram von Eschenbach, war die Grundlage für die Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner.

Lohengrin zu Brabant.
Der Herzog von Brabant und Limburg starb, ohne andere Erben, als eine junge Tochter Els oder Elsam zu hinterlassen; diese empfahl er auf dem Todbette einem seiner Dienstmannen; Friedrich von Telramund. Friedrich, sonst ein tapferer Held, der zu Stockholm in Scheden einen Drachen getötet hatte, wurde übermüthig, und warb um der jungen Herzogin Hand und Land; unter den falschen Vorgeben, daß sie ihm die Ehe gelobt hatte. Da sie sich standhaft weigerte, klagte Friedrich bei dem Kaiser, Heinrich dem Vogler; und es wurde Recht gesprochen, daß sie sich im Gotteskampf durch einen Helden gegen ihn vertheidigen müsse. Als sich keiner finden wollte, betete die Herzogin inbrünstig zu Gott um Rettung. Da erscholl weit davon zu Montsalvatsch beim Gral der Lau der Glocke, zum Zeichen, daß jemand dringender Hülfe bedürfe: alsobald beschloß der Gral, den Sohn Parcifals Lohengrin darnach auszusenden. Eben wollte dieser seinen Fuß in den Stegreif setzen: da kam ein Schwan auf dem Wasser geflossen, und zog hinter sich ein Schiff daher. Kaum erblickte ihn Lohengrin, als er rief: Bringt das Roß wieder zur Krippe, ich will nun mit diesem Vogel ziehen, wohin er mich führt. Speise im Vertrauen auf Gott nahm er nicht in das Schiff: nachdem sie fünf Tage über Meer gefahren hatten, fuhr der Schwan mit dem Schnabel ins Wasser, fing ein Fischlein auf, aß es halb, und gab dem Fürsten die andere Hälfte zu essen.
Unterdessen hatte Elsam ihre Fürsten und Mannen nach Antwerpen zu einer Landsprache berufen. Gerade am Tage der Versammlung sah man einen Schwan die Schelde herauf schwimmen, der ein Schifflein zog, in welchem Lohengrin auf sein Schild ausgestreckt schlief. Der Schwan landete bald am Gestade, und der Fürst wurde frölich empfangen; kaum hatte man ihm Helm, Schild und Schwert aus dem Schiff getragen, als der Schwan sogleich zurück fuhr. Lohengrin vernahm nun das Unrecht welches die Herzogin litt, und übernahm es gerne ihr Kämpfer zu seyn. Elsam ließ hierauf alle ihre Verwandten und Unterthanen entbieten, die sich bereitwillig in großer Zahl einstellten; selbst König Gotthard, ihr mütterlicher Ahn, kam aus Engelland, durch Gundemar, Abt zu Clarbrunn, berufen. Der Zug machte sich auf den Weg, sammelte sich nachher vollständig zu Saarbrück, und ging von da nach Mainz entgegen, wo Lohengrin und Friedrich kämpfen sollten. Der Held vom Gral überwand; Friedrich gestand, die Herzogin angelogen zu haben, und wurde mit Schlägel und Barte gerichtet. Elsam sie nun dem Lohengrin zu Theile, die sich längst einander liebten; doch behielt er sich insgeheim voraus, daß ihr Mund alle Fragen nach seiner Herfunft zu vermeiden habe: denn sonst müsse er sie augenblicklich verlassen.
Eine Zeitlang verlebten die Eheleute in ungestörtem Glück, und Lohengrin beherrsschte das Land weise und mächtig; auch dem Kaiser leistete er, auf den Zügen gegen die Hunnen und Heiden, große Dienste. Es trug sich aber zu, daß er ein Mal im Sperrwechsel den Herzog von Cleve herunter stach, und dieser den Arm zerbrach; neidisch redete da die Clever Herzogin laut unter den Frauen: ein kühner Held mag Lohengrin seyn, und Christenglauben scheint er zu haben; schade, daß Adels halben sein Ruhm gering ist; denn niemand weiß, woher er ans Land geschommen kam. Dieses Wort ging der Herzogin von Brabant durch das Herz, sie errötete und erblick. Nachts im Bette, als ihr Gemahl sie in Armen hielt, weinte sie; er sprach: Lieb, was wirret dir? Sie antwortete: die Clever Herzogin hat mich zu tiefem Seufzen gebracht; aber Lohengrin schwieg und fragte nicht weiter. Die zweite Nacht wollte sie wieder; er aber merkte es wohl, und stillte sie nochmals. Allein in der dritten Nacht konnte sich Elsam nicht länger halten, und sprach: Herr, zürnt mir nicht! Ich wüßte gern, von wannen ihr geboren seyd; denn mein Herz sagt mir, ihr seyet reich an Adel. Als nun der Tag anbrach, erklärte Lohengrin öffentlich, von woher stamme: daß Parcifal sein Vater sey, und Gott ihn vom Grale hergesandt habe. Daraufhin ließ er seine beiden Kinder bringen, die ihm die Herzogin geboren, küßte sie, und befahl: ihnen Horn und Schwert, daß er zurück lasse, wohl aufzuheben; der Herzogin lies er das Fingerlein, daß ihm einst seine Mutter geschenkt hatte. Da kam mit Eile sein Freund, der Schwan, geschwommen, hinter ihm das Schifflein; der Fürst trat hinein, und fuhr wider Wasser und Wege in des Grales Amt. Elsam sank ohnmächtig nieder, daß man mit einem Keil ihre Zähne aufbrechen, und ihr Wasser eingießen mußte. Kaiser und Reich nahmen sich der Weisen an; die Kinder hießen Johann und Lohengrin. Die Witwe aber weinte, und klagte ihr übriges Leben lang um den geliebten Gemahl, der nimmer wiederkehrte.

Loherangrins Ende in Lothingen
Als nun Loherangrins mit Zurücklassung des Schwertes, Hornes und Fingerlins aus Brabant fortgezogen war, kam er in das Land Lyzaborie und ward der schönen Belaye Gemahl; die sich wohl vor der Frage nach seiner Herkunft hütete, und ihn über die Maßen liebte, so daß sie keine Stunde von ihm seyn konnte, ohne zu siechen. Denn sie fürchtete seinen Wankelmuth, und lag ihm beständig an zu Haus zu bleiben; der Fürst aber mochte ein so verzagtes Leben nicht gerne leiden, sondern ritt oft zu birsen auf die Jagd. So lange er abwesend war, saß Belaye halbtodt und sprachlos daheim; sie kränkelte, und es schien ihr durch Zauberei etwas angethan. Nun wurde ihr von einem Kammerweib gerathen: wolle sie ihn fester an sich bannen; so müsse sie Loherangrin, wann er müde von der Jagd entschlafen sey, ein Stück Fleisch von dem Leibe schneiden und essen. Belaye aber verwarf den Rathschlag, und sagte: eh wollt ich mich begraben lassen, als daß ihm nur ein Finger schwüre! Zürnte dem Kammerweib, und verwies sie seitdem aus ihrer Huld. Eistig ging die Verrätherin hin zu Belayens Magen, die dem Helden die Königstochter neideten, und brachte ihnen falsche Lügen vor. Da beriet sich Belyens Sippschaft, daß sie aus Loherangrin das Fleisch, womit allein Belayens Noth gelindert werden konnte, schneiden wollten; und als er eines Tages wieder auf die Jagd gegangen und entschlafen war, träumte ihm: tausend Schwerter stünden zumal ob seinem einzigen Haupt gezückt. Erschrocken fuhr er auf, und sah die Schwerter der Verräther. Alle bebten vor dem Helden, mit seiner einen Hand erschlug er mehr denn hundert. Sie waren aber unter einander zu fest verbunden, und ließen nicht nach, ihn anzugreifen: bis ihm ihrer zu viel wurde, und er eine Wunde durch den linken Arm empfing, so schwer, daß sie kein Arzt heilen konnte. Als sie ihn todtwund sahen, fielen sie ihm alle zu Füßen, seiner großen Tugend wegen. Belaye starb nach empfangener Todesbotschaft alsbald vor Herzeleid. Loherangrin und Belaye wurden gebalsamt und susammen eingesargt, hernach ein Kloster über ihren Gräbern gebaut; ihre Leichname werden da den Pilgrimen noch gewiesen. Das Land, vorher Lyzaborie genannt, nahm von ihm den Namen Lotharingen an. Diese Begebenheit hat sich ereignet nach Christi Geburt fünfhundert Jahr.

Quellennachweis:
Altdeutsches Gedicht, vergl. Parcival 24624 – 24713 und Fürtrer, bei Hoffräter II. 131 - 173
Deutsche Sagen von den Gebrüdern Grimm, Berlin Nicolaischen Buchhandlung 1818
Nach dem Titurel. Vergl. Fürtrer bei Hofstäter II. 174 - 183

Schwanenrittersage Teil V : www.lokalkompass.de

Schwanenrittersage Teil III : www.lokalkompass.de

Schwanenrittersage Teil II : www.lokalkompass.de

Schwanenrittersage Teil I : www.lokalkompass.de

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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