Ambitionierte Regisseurin und leidenschaftliche Pädagogin: Clara Nielebock leitet das Jugendensemble des Prinzregenttheaters

Clara Nielebock (Vierte von links) ist zugleich Regisseurin und engagierte Pädagogin. | Foto: Schuck
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Der Lokalkompass stellt im Rahmen einer Serie verschiedene Mitarbeiter des Bochumer Prinzregenttheaters näher vor, um einen Einblick in unterschiedliche Theaterberufe zu geben und die Menschen, die hinter den Aufführungen der renommierten Bühne stehen, vorzustellen. Im ersten Teil ging es um den Autor, Regisseur und Dramaturgen Frank Weiß. Diesmal kommt die Theaterpädagogin und Regisseurin Clara Nielebock zu Wort. Sie leitet die Jugendclubs des Theaters.

Pädagogik und Regie sind dabei schon die richtigen Stichworte: „Ursprünglich habe ich eine Ausbildung zur Jugend- und Heimerzieherin gemacht und habe da auch das Fach Theaterpädagogik belegt. Da wusste ich sofort: Das will ich machen. Mein Anerkennungsjahr habe ich dann im Jungen Schauspielhaus gemacht.“ - Im Jahr 2010 gründete sie am Rottstr5-Theater das junge Ensemble „young'n'rotten“. „An der Rottstraße“, ordnet Nielebock den Stellenwert des Jugendtheaters ein, „verfolgen wir einen ähnlichen Ansatz wie bei den 'Jungen Prinz*essinnen 15+' am Prinzregenttheater. Hier machen junge Erwachsene mit, die sich auf eine Schauspielausbildung vorbereiten wollen.“ Daneben leitet Nielebock auch das Kinderensemble „Junge Prinz*essinnen 10+“, das zum Abschluss der vergangenen Spielzeit „Momo“ auf die Bühne zauberte und Theaterfans jeden Alters begeisterte.

Pädagogischer und ästhetischer Anspruch greifen ineinander

Für Nielebocks Selbstverständnis ist es ganz entscheidend, dass der pädagogische und der ästhetische Anspruch ineinander greifen. Wie das geschieht, erläutert sie: „Ich bin als Theaterpädagogin und Regisseurin verantwortlich für die Gruppe und das künstlerische Endergebnis. Nur wenn sich die Teilnehmer voll und ganz auf mich verlassen können, sind sie in der Lage, frei zu spielen.“ Nur so könne sie den Teilnehmern gerecht werden. „Am Ende“, skizziert sie ihren Anspruch, „stehen im besten Fall echte Persönlichkeitsentwicklung und künstlerische Entwicklung. Meine Aufgabe ist es, eine künstlerische Form zu finden und stets die Fäden in der Hand zu halten.“
In Castrop-Rauxel arbeitet Nielebock mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Während am Prinzregenttheater in den vergangenen beiden Jahren George Orwells „Farm der Tiere“ und Juli Zehs „Spieltrieb“ auf die Bühne gekommen sind und Anfang November Albert Camus' „Caligula“ von den jungen Akteuren erstmals aufgeführt wird, verfolgt die Theaterpädagogin mit den jüngst in Deutschland Angekommenen einen ganz anderen Ansatz: „Wir entwickeln Szenen aus dem, was die Gruppe mitbringt. Allein die Sprachbarriere macht es schwierig, mit einem vorgegebenen Drama zu arbeiten. Stattdessen entwickeln die Jugendlichen ihre ganz eigene Sprache und trauen sich dabei weit vor. Das hilft ihnen auch dabei, Deutsch zu lernen.“

Schauspieltraining steht am Anfang

Im Augenblick arbeitet Nielebock jedoch in einem leerstehenden Ladenlokal in der Nähe der Bochumer Innenstadt mit ihren „Jungen Prinz*essinnen“ an „Caligula“. Sie erinnert sich: „Im April haben wir angefangen. In den ersten drei Monaten haben wir ausschließlich Schauspieltraining gemacht. Es ist ja Teil meiner Aufgabe, passende Übungen und Techniken bereitzustellen.“ - „Wir haben“, berichten die Teilnehmer, „viel improvisiert und gelernt, Gefühle aus dem Inneren zu entwickeln. Durch Herr-Knecht-Spiele haben wir die Fähigkeit erworben, Hierarchien darzustellen.“
Echte Neulinge gibt es in der Gruppe kaum. Im Herner Theater Kohlenpott, in den Jugendclubs des Jungen Schauspielhauses und bei Theater Total haben die Teilnehmer bereits Erfahrungen gesammelt – und das merkt man.

Gemeinsamer Schaffensprozess

„Den Text haben wir zusammen ausgesucht. Das ist Teil unseres gemeinsamen Schaffensprozesses“, ordnet Nielebock ein. Dass die Wahl auf Camus gefallen ist, kommt nicht von ungefähr: „Das Interesse an Literatur und philosophischen Konzepten in der Gruppe ist groß.“ - Luca Hennig, der die Titelrolle des Caligula spielt, und Leon Tölle, der als Helicon zu sehen sein wird, erzählen: „Camus mit seiner Thematik des Absurden ist faszinierend. Das Stück ist aber auch sehr aktionsreich. Es geht um das Menschsein – darum, Grenzen auszuloten. Die Figur des Caligula ist komplett zügellos.“
Der große Einsatz der Akteure ist bei den Proben stets spürbar. „Der Enthusiasmus der Gruppe“, zeigt sich Nielebock beeindruckt, „ist enorm. Für die jungen Schauspieler steht die Bühne im Fokus, auch wenn sie sich zugleich um Schule oder Studium kümmern müssen. Sie sind bereit, viel zu tun. Dabei müssen die Akteure auch Kritik einstecken können und ihr Tun reflektieren. Da geraten sie schon einmal an Grenzen – aber gerade das trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Diese Erfahrungen sind fürs Leben wichtig. Ich schließe mit ihnen auch die Vereinbarung, bis zum Ende des Projekts dabeizubleiben. In der Regel springen zwei Teilnehmer ab, weil sie sich auf ihr Abitur konzentrieren müssen oder gesundheitliche Probleme haben.“ - Verglichen mit anderen Theaterprojekten ist die Abbruchquote damit sehr gering.

Zutrauen und Wertschätzung

„Fast alle unserer Schauspieler absolvieren Vorsprechen. Vorsprechtouren sind wirklich heftig“, weiß die erfahrene Theaterfrau. Sie versuche, den Gruppenmitgliedern Zutrauen und Wertschätzung zu vermitteln. „Dadurch lässt sich ein hoher ästhetischer Anspruch verwirklichen“, ist sie überzeugt. Und den Teilnehmern wird wirklich einiges abverlangt, wie Nielebock herausstellt: „Am Ende des Probenprozesses geht es richtig zur Sache: In den Herbstferien proben wir jeden Tag.“ - Bei den Proben ist jedoch deutlich, dass der Spaß an der Sache nicht zu kurz kommt. Am Ende lobt Nielebock: „Das war wirklich toll heute.“

Termin
Seine Premiere erlebt „Caligula“ am Samstag, 4. November, um 19.30 Uhr – und das im Prinzregenttheater, Prinz-Regent-Straße 50-60.
Das Theater ist unter Tel.: 77 11 17 zu erreichen.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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