Das System ist krank - und die Menschen darin auch - Fadhel Jaibi inszeniert Kafkas "Prozess"

Als Parabel auf die Absurdität staatlicher Willkür inszeniert Fadhel Jaibi Kafkas „Prozess“. | Foto: Probenfoto: Aurin
  • Als Parabel auf die Absurdität staatlicher Willkür inszeniert Fadhel Jaibi Kafkas „Prozess“.
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Bereits 2010 hat Regisseur Fadhel Jaibi gemeinsam mit dem Ensemble des Schauspielhauses eine sehr eigene und gegenwärtige Version des Medeamythos’ entwickelt. Nun arbeitet er zum zweiten Mal in Bochum und bringt seine Sichtweise auf Kafka auf die Bühne: „Der Prozess“ hat am Samstag, 13. Oktober, Premiere in den Kammerspielen. Beginn ist um 19.30 Uhr.

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Tages verhaftet.“ Mit diesem Satz beginnt Franz Kafkas berühmter Roman „Der Prozess“. Was folgt, ist die Geschichte des Bankangestellten Josef K., der vergeblich herauszufinden versucht, wessen er angeklagt ist und wie er sich verteidigen kann. Während er versucht, sein Leben aufrecht zu erhalten, ziehen ihm Terror und Willkür langsam den Boden unter den Füßen weg.

Der tunesische Regisseur Fadhel Jaibi hat mit seinem Theater in seinem Heimatland bereits gegen Despotismus und staatliche Willkür Stellung bezogen, als Tunesien in den Köpfen des Westens noch vor allem ein sicheres Urlaubsland war und nicht der Ursprung des Arabischen Frühlings.
Mit seiner speziellen Methode, über einen langen Zeitraum mit Schauspielern sehr persönliche und zugleich hochpolitische Stücke und Figuren zu entwickeln, ist er dabei in Tunesien zu einem Künstler geworden, der sich während des Ben-Ali-Regimes in der Schizophrenie zwischen Berühmtheit als künstlerischem Exportschlager und permanenter staatlicher Repression bewegen musste.

Nach dem Sturz des Regimes wurde er dann zu einem wichtigen Sprecher der tunesischen Künstler und Intellektuellen und nun zu einem Mahner gegen erneute Repressionen durch die neuen salafistisch geprägten Machthaber.
Diese Erfahrungen fließen auch in die Bühnen-Adaption des Kafka-Romans ein, die er gemeinsam mit seiner Frau Jalila Baccar für das Schauspielhaus entwickelt hat. Er erzählt den „Prozess“ als Krankheit eines Systems und der Menschen, die darin leben. Geprägt von den eigenen Erfahrungen mit Totalitarismus verbindet er Kafkas Welt auch mit der Frage, wie verführerisch es für Opfer sein kann, selbst zum Täter zu werden, und lässt eine Parabel auf staatliche Willkür entstehen.

Auf der Bühne stehen Dunja Dogmani, Marco Massafra, Ronny Miersch, Kristina-Maria Peters, Bernd Rademacher, Matthias Redlhammer, Nadja Robiné, Henrik Schubert, Thomas Schweiberer und Anke Zillich.

Nach der Premiere finden weitere Vorstellungen am 23. Oktober sowie am 2., 9. und 16. November statt. Weitere Informationen und Kartenreservierung unter Tel.: 3333-5555.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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