„Der Teufel und die arme Seele“: Inklusives Claudius-Theater bringt „Faust“ auf die Bühne

Gitta Inholte-Gahlmann und Tim Klimaschewski aus dem Claudius-Theater-Ensemble als Mephisto-Variationen. | Foto: Claudius-Theater
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Im Haus der Begegnung herrscht an diesem Montagabend reges Treiben, schließlich steht die Premiere der neuesten Inszenierung des inklusiven Claudius-Theaters unmittelbar bevor. Es handelt sich um ein Drama, das schon so manchem Schüler den Schweiß auf die Stirn getrieben hat: Goethes „Faust“.

Das Claudius-Theater liefert den Sachkommentar, der hilft, das Gesehene einzuordnen, quasi simultan – mit einem Kunstgriff, der vor der Premiere noch nicht verraten werden soll. „Die Geschichte spielt nicht heute“, wird so etwa als Information aus dem Hintergrund eingespeist, als es in Goethes „Faust“ um die Ächtung vorehelichen Geschlechtsverkehrs geht. Genau das hat Jens Niemeier, Künstlerischer Leiter des Claudius-Theaters, zum Grundprinzip der Adaption des wohl berühmtesten Dramas der deutschen Literatur, die er mit seinem Ensemble erarbeitet hat, gemacht: „Wir erklären in unserer Inszenierung zentrale Begriffe, die zu Beginn unserer Arbeit nicht allen Teilnehmern geläufig waren. So erfahren die Zuschauer zum Beispiel, was eine Tragödie überhaupt ist.“

Alles andere als akademisch trocken

Dabei geht es hier alles andere als akademisch trocken zu: Am Bühnenrand sitzt die Choreographin Carina Langanki, die zurzeit am Schauspielhaus in der umjubelten Inszenierung „Time to close your eyes“ als Tänzerin zu sehen ist, und hilft den Schauspielern, die Bewegungen und Tanzschritte umzusetzen, durch die Faust, Mephisto und Gretchen erst zum Leben erweckt werden.
Langanki arbeitet erstmals mit einer inklusiven Theatergruppe. „Das macht viel Spaß“, zeigt sie sich vom Einsatz der Gruppe begeistert, „weil man viele unterschiedliche Bewegungsqualitäten realisieren kann. Die Unterschiede zu anderen Ensembles sind im Übrigen auch nicht besonders groß.“

Die Teilnehmer fest im Blick

Um den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen der Schauspieler gerecht zu werden, sind bei den Proben immer mindestens zwei Sozialpädagogen als Unterstützung vor Ort. Niemeier betont: „Wir arbeiten sehr entschleunigt. Von der ersten Probe bis zur Premiere haben wir fünfeinhalb Monate Zeit.“ - Geprobt wurde zunächst ein-, später dann zweimal in der Woche; Intensivtage kamen hinzu.

Ein ganz neuer Zugang zum klassischen Stoff

Im vergangenen Jahr studierte das Ensemble das eigens für das Claudius-Theater entwickelte Stück „Klänge des Lebens“ ein. „Als wir uns entschlossen haben, 'Faust' auf die Bühne zu bringen, war mir sofort klar, dass wir einen anderen Fokus setzen müssen, als das bei diesem Stück ansonsten der Fall ist“, erinnert sich Niemeier. Hier kommt Carina Langanki ins Spiel: Bewegung ist im „Faust“ des Claudius-Theaters ebenso wichtig wie Dialog.
Wer Goethes Text kennt und liebt, kommt hier trotzdem auf seine Kosten: So werden alle drei Prologe aufgegriffen; vom „armen Tor“ ist ebenso die Rede wie von „des Pudels Kern“. - Auf diese Weise bietet die Inszenierung eine willkommene Gelegenheit, verschüttete Textkenntnisse aufzufrischen und einen ganz neuen Zugang zu dem klassischen Stoff zu finden.

Termine
- Am Samstag, 21. April, feiert „Faust“ um 18 Uhr im Claudius-Saal, Claudiushöfe 10 (Zugang über Düppelstraße 22 oder Mauritiusstraße 26), Premiere. Eine weitere Aufführung im Claudius-Saal folgt am Sonntag, 22. April, um 15 Uhr.
- Am Freitag, 4. Mai, heißt es dann um 19 Uhr „Vorhang auf!“ im Haus der Begegnung, Alsenstraße 19a. Weitere Termine im Haus der Begegnung: Samstag, 5. Mai, 19 Uhr; Mittwoch, 9. Mai, 19 Uhr; Freitag, 11. Mai, 19 Uhr.
- Karten können unter faust-karten@kukuc.org bestellt werden. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sie im Vorverkauf im Marktcafé, Claudius-Höfe 10, oder an der Abendkasse zu erwerben.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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