Humor: Visitenkarte

Visitenkarte.

In einer Zeitschrift für schöneres Wohnen las ich, dass der Flur die Visitenkarte des Hauses sei.
Wenn ich mir das so überlege, finde ich das doch reichlich unpraktisch.
Wie soll ich denn meinen Flur in die Handtasche kriegen?
Ich meine, es kann ja mal sein, dass mich jemand nach meiner Adresse fragt.
Obwohl man da ja auch gut abwägen sollte, man gibt schließlich nicht jedem seine Adresse, da kann ja jeder kommen!
Außerdem haben die, die mich kennen, schon meine Adresse und die, die mich nicht kennen, brauchen sie nicht, weil sie mich gar nicht kennen.
Aber es kann ja mal sein, dass doch jemand meine Adresse haben möchte und es kann ja sein, dass ich sie ihm geben möchte.
Oder, gehen wir mal vom allerschlimmsten aus:
Allgemeine Verkehrskontrolle.

Ich meine jetzt nicht die, wo der Polizist einen als Gesprächseröffnung fragt:
„Ist Ihnen klar, dass Sie über Rot gefahren sind / rechts überholt haben / mit gemessenen 120 km/h über die Universitätsstrasse gefahren sind ...?“

Also ich antworte da ja immer mit „Ja“ und habe eine Ausrede parat.
„Meine Frau entbindet gerade“-„Ich muss schnell zur nächsten Tankstelle, mein Benzin reicht sonst nicht bis nach Hause“-„ Muss schnell Wolle kaufen, sonst wird die Socke nicht fertig!“ oder so ähnlich.
Ach so, ich hab ja gar keine Frau, die entbinden könnte, bin ja selber eine, na, dann entbindet eben mein Mann. Ich habe gar keinen Mann, aber zur Not muss das reichen!
Wenn man schon Punkte in Flensburg kriegt, kommt es auf solche Details auch nicht mehr an.

Man sollte auf solche Fragen nie mit „Nein“ antworten, denn das sähe ja so aus, als sei man nicht bei Sinnen.
Also, wenn man von rechts überholt und man merkt es nicht mal, ist das schon bedenklich.
Und solche bedenklichen Aussagen stehen dann in der Zeitung.
Haben Sie das von der Frau gelesen, die in einer ruhigen Seitenstraße mit 85 Sachen geblitzt wurde?
Sie gab als Erklärung an, dies sei der Wagen ihres Mannes, der sei so schnell und sie wüsste nicht, wie man damit langsam fährt!
Oder der alte Herr, der von der Polizei gefragt wurde, ob er das Schild 30 km/h nicht gesehen hätte und der antwortete, er sähe schlecht, sei fast blind?
Nein, nein, solche Aussagen sollte man tunlichst vermeiden, was sollen die Leute denken.

Ich meine die allgemeine Verkehrskontrolle, wo der Polizist einen nur höflich um die Papiere bittet.
Kommt ja auch vor.
Wenn die nur mal eben gucken wollen, ob man auch genug Alkohol getrunken hat.

Sie kennen doch den Witz, in dem ein Autofahrer von der Polizei gefragt wird, ob er Alkohol getrunken hat?
Der Fahrer verdutzt: „Wieso, muss man das?“

Ob der Polizist dann so lange Zeit und Geduld hat zu warten, bis ich meinen Flur aus der Handtasche gefriemelt habe, nachdem er nach meiner Adresse fragte?
Na gut, das Beispiel hinkt. Das Straßenverkehrsamt und Einwohnermeldeamt denkt ja mit und gibt nur Papiere im praktischen Handtaschenformat heraus.
Aber wo war ich?
Ach ja, Visitenkarte.
Kann man den Flur als Visitenkarte dann so nehmen, wie er ist oder soll man ihn vorher aufräumen?
Also, mein Flur sieht ja aus!
Man sieht es schon, wenn man reinkommt!
Schuhe, Pumps, Stiefeletten wo man hinguckt.
Und Schirme. Einer steht da noch aufgeklappt vom letzten Regenguss – wann war der eigentlich?
Und Handtaschen. Irgendeiner ist hier Handtaschen-Fan.
Aber müssen die alle im Flur herumliegen?
Das ist heikel.
Wenn ich jemanden meine Visitenkarte geben möchte, denkt der am Ende, die Handtaschen, Pumps und Schirme gäb´s gratis dazu!

Und wie das immer so ist, kaum ist das eine Problem gelöst, taucht das nächste auf:
Wüsste ich nämlich nun, wie ich meinen Flur in die Handtasche kriege, tut sich die nächste Frage auf:
Wer räumt ihn vorher auf?
Ach, ich glaube, ich lasse meinen Flur so wie er ist. Dass mein Flur die Visitenkarte sein soll, ist mir doch zu aufwändig!

Autor:

Nicole Patricia Schumann aus Bochum

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