Bochums Ralf "Katze" Zumdick im Exklusiv-Interview
„Losilla erinnert mich an Ata Lameck“

In Bochum immer noch und immer wieder ein gern gesehener Gast: Ralf Zumdick.  | Foto: Andreas Molatta
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  • In Bochum immer noch und immer wieder ein gern gesehener Gast: Ralf Zumdick.
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14 Jahre lang spielte Ralf "Katze" Zumdick für den VfL Bochum, war später Co- und Cheftrainer an der Castroper Straße. In Bochum lebt der 63-Jährige noch immer und spricht im Exklusiv-Interview über seinen VfL und das Derby gegen den BVB.

Von Dietmar Nolte

Hallo Ralf Zumdick, wo erreichen wir Sie gerade?
Ich bin zuhause in Bochum, wo ich schon seit über 40 Jahren lebe. Ich habe im Moment auch keine großen Ambitionen, irgendwo einzusteigen. Ich bin immer noch im Trainerteam von Thomas Doll, der in Budapest lebt und gerade noch einmal Vater geworden ist. Wir lassen es zurzeit langsam angehen, gerade in diesen Zeiten der Pandemie.

Aber Sie wollen schon nochmal zurück auf die Trainerbank?
Mal abwarten. Sicher bin ich nicht, ob ich wirklich nochmal einsteige. Mit 63 Jahren ist man in diesem Geschäft ja auch schon ein alter Sack (lacht). Ich lasse es einfach auf mich zukommen, ich habe da gar keinen Druck.

Dann haben Sie ja viel Zeit, ganz in Ruhe das Derby zu verfolgen – im Stadion?
Ich werde es angesichts der eingeschränkten Zuschauerzahl wohl zuhause am TV verfolgen. Schade, ich wäre unter normalen Umständen gerne im Stadion gewesen. Ich war zuletzt ein paar Mal da. Was da abgegangen ist, ist sensationell. Es ist sehr schade, dass die Fans gerade bei diesem Derby jetzt nicht in voller Zahl dabei sein können. Das erste Revierderby nach langer Zeit – das ist schon ein geiles Spiel!

Der VfL geht mit breiter Brust in das Spiel. Hat es Sie überrascht, wie gut sich Bochum in der Bundesliga schlägt?
Man erkennt die Handschrift von Thomas Reis. Er und Sesi (Sebastian Schindzielorz, Anm. der Redaktion), der das Ganze ja maßgeblich mitgestaltet hat, sind zwei Jungs mit Bochumer Hintergrund, das finde ich gut. Sie haben es geschafft, Harmonie und Euphorie hineinzubringen. Wenn du das nicht hast, dann wird es schwierig. Das war bei uns früher auch nicht anders, für uns war es auch fast immer ein Überlebenskampf. Im Moment sieht es sehr gut aus für den VfL. Die Mannschaft gibt kein Spiel verloren.

Euphorie und Stimmung sind das eine, die sportliche Qualität das andere.
Die Mannschaft ist überraschender Weise schon sehr souverän aufgestiegen. Und der VfL hat auch viele Einzelspieler, die viel Qualität mitbringen. Das fängt mit Manuel Riemann im Tor an. Er macht es hervorragend, er spielt bislang eine tolle Saison! Bruno Esser kenne ich selbst noch aus unserer gemeinsamen Zeit in Hannover – auch ein guter Mann. Auf dieser Position ist der VfL sehr gut besetzt.

Bringt Riemann den leicht verrückten Faktor mit, den man als Torhüter haben muss?
(lacht) Ich habe diesen verrückten Faktor zu meiner aktiven Zeit nie gehabt. Manuel Riemann lebt das aus, das macht ihn wahrscheinlich auch so stark. Er pusht sich und die Mannschaft. Dem VfL tut das gut.

Und die anderen Spieler?
Die Abwehr hat sich insgesamt stabilisiert. Danilo Soares war für mich immer schon ein Bundesligaspieler, das sieht man. Die Innenverteidigung hat es sehr gut gemacht, obwohl Maxim Leitsch jetzt so lange gefehlt hat. Man sieht, dass die Mannschaft auch nach Wechseln nicht an Qualität verliert. Das ist auch ein Plus der Kaderzusammenstellung. Stafylidis hatte ich vorher gar nicht so auf dem Schirm, aber auch er macht es im Moment sehr gut. Und Anthony Losilla ist ein ganz wichtiger Spieler für Bochum, auch wenn er etwas in die Jahre gekommen ist.

Was macht ihn so wertvoll?
Er macht es sehr gut und ist sehr wichtig für den Zusammenhalt. Mich erinnert er ein bisschen an Ata Lameck, der musste den Laden ja bei uns auch trotz seines Alters noch zusammenhalten. (lacht)

Sehen Sie noch mehr Parallelen zu den früheren Zeiten?
Wir hatten immer eine Mannschaft, die zueinander gefunden hat und im Team stark war. Wir hatten auch herausragende Einzelspieler, das Team stand aber immer an erster Stelle und da musste sich jeder unterordnen. Das ist der VfL-Weg.

Ralf Zumdick, gibt es so etwas wie das eine ganz spezielle Revierderby gegen den BVB, an das Sie gerne zurückdenken?
Ach, das waren so viele Derbys! In besonders guter Erinnerung habe ich ein Spiel in Dortmund aus dem Februar 1988. Da haben wir durch ein Tor von Andi Möller lange 0:1 zurückgelegen. Durch Tore von Michael Rzehaczek und Dirk Riechmann – Ratschi und Richie – in der 89. Minute und in der Nachspielzeit haben wir noch mit 2:1 gewonnen. Das war natürlich ein geiles Spiel!

Gibt’s auch schlechte Erinnerungen?
Hoch verloren haben wir gegen Dortmund eigentlich nie, glaube ich. Zumindest kann ich mich daran nicht mehr erinnern… (lacht)

Für die Fans ist es immer ein ganz besonderes Duell…
Zu meiner Zeit war ein Derby auch für uns Spieler immer etwas Besonderes. Wenn es gegen Dortmund oder Schalke ging, das waren für uns immer Feiertage. Wir waren immer der kleine Verein und wollten dann ganz besonders zeigen, dass es nicht nur Schwarz-Gelb oder Königsblau gibt. Das war für uns immer eine besondere Motivation. Außerdem hattest du früher in deiner Mannschaft immer Spieler aus der Region und kanntest die Jungs aus Dortmund oder Schalke oft auch persönlich gut. Manch einer wie Eggeling oder Tenhagen ist ja auch mal vom VfL zum BVB gegangen.

Sie selbst waren auch mal beim BVB, als Co-Trainer.
Dortmund hat damals im März 2007 das Derby in Bochum 0:2 verloren. Und am nächsten Tag haben wir den Anruf bekommen, dass Thomas Doll und ich den BVB übernehmen sollen. Da war Dortmund nicht so gut, obwohl sie auch damals eine gute Mannschaft hatten.

Welche Erinnerung haben Sie an die Zeit?
Wir haben den BVB damals in einer schwierigen Situation übernommen. Da sah es sportlich und finanziell nicht gut aus. Ich denke, wir haben damals sehr gute Arbeit geleistet, haben die Mannschaft unten rausgeholt und standen 2008 sogar im Pokalfinale. Dann war Jürgen Klopp frei, den wollte der BVB unbedingt haben. Aber es war eine schöne Zeit! Ich mag den Verein und allein die Stimmung im Dortmunder Stadion ist auch sensationell.

Wie sollte der VfL die Partie am Samstag angehen?
Du darfst nicht zu großen Respekt haben! Respekt schon, aber keine zu große Ehrfurcht vor großen Gegnern. Der BVB hat zwar bisher eine Saison gespielt, die vor allem in der Bundesliga ganz erfolgreich ist. Aber man hat auch gesehen, dass sie manchmal durchaus anfällig sind. Für mich ist dieses Spiel noch lange nicht entschieden. Und das wissen die Dortmunder auch ganz genau. Da wird auch jedem klar sein, dass in Bochum keine einfache Aufgabe auf sie wartet und dass es kein einfacher Gang für sie wird.

Auf der anderen Seite wird es wohl auch kein Vergnügen, Erling Haaland zu verteidigen…
Wenn Haaland dabei ist, hat der BVB noch einmal eine ganz andere Wucht. Für die Bundesliga ist er ein Ausnahmestürmer. Lewandowski ist für mich noch einen Tick höher anzusiedeln. Aber Haaland ist mit seinem Willen und seiner Wucht auch einer, der immer ein Tor machen will. Aber das kann Sebastian Polter ja zurzeit auch, das zeigt er ja gerade eindrucksvoll. (lacht)

Ihr Tipp?
Ich drücke dem VfL die Daumen, ganz klar! Wenn es am Ende ein geiles Spiel wird, das mit einem 2:2 unentschieden endet, dann wäre ich auch nicht unzufrieden.

Autor:

Sabine Beisken-Hengge aus Essen-Ruhr

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