Schau mal, meine Briefmarken - Hobby schließt Bildungslücke und lässt die Kassen klingeln

Zwei Striche unter dem „D“ machen diese Marke so wertvoll: Durch diesen Fehler steigt ihr Handelswert von 30 Cent auf 300 Euro. | Foto: Rudzynski
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  • Zwei Striche unter dem „D“ machen diese Marke so wertvoll: Durch diesen Fehler steigt ihr Handelswert von 30 Cent auf 300 Euro.
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von Ralf Rudzynski

„Soll ich Dir mal meine Briefmarkensammlung zeigen?“ Dieser uralte Kalauer sorgt selbst heute noch dafür, dass dieses interessante Hobby zwiespältig betrachtet wird. Dabei schließt es nicht nur viele Bildungslücken, sondern kann obendrein die Kasse klingen lassen.

Vor einigen Jahren schaute ein Philatelist gleich mehrfach hin, als ihm bei einem Stapel gestempelter Marken etwas ungewöhnlich vorkam. Er entdeckte eine Marke, die es eigentlich gar nicht gab. Das Motiv zeigte die Schauspielerin Audrey Hepburn, die auf einer vermeintlichen Wohlfahrtsmarke eine Zigarette rauchte.

Die Marke war aber offiziell gar nicht herausgegeben worden. Dennoch landeten wenige Stücke in der Post – und schließlich bei dem glücklichen Sammler. Der ließ das Stück bei einem Auktionshaus versteigern und konnte es kaum fassen: Die sogenannte Hepburn-Marke wurde für sensationelle 135.000 Euro verkauft.

135.000 Euro für
Audrey Hepburn

1980 wurde eine Olympiamarke kurz vor ihrer Ausgabe zurückgezogen. Dennoch kamen einige Stücke in Umlauf. 2008 wurde eine abgestempelte „Gescheidlemarke“ auf einer Postkarte für 85.000 Euro versteigert.
Immer wieder gibt es solche Schätze, für die bisweilen schwindelerregende Preise erzielt werden. Zugegeben, solche Sensationsfunde sind wie ein Sechser im Lotto. Doch genau sie lassen das Sammlerherz höher schlagen.
In der Philatelie ist es eben etwas anders, hier sorgen Fehler für Jubel. Fehler, die in Fachkreisen „Plattenfehler“ oder „Abarten“ genannt werden. Gerade an den langen Wintertagen hat man genügend Zeit und Muße, um mit Lupe und Pinzette in der eigenen Sammlung nach signifikanten Auffälligkeiten zu suchen.
Unter den Deutschland-Sammlern ist der legendäre Posthornsatz das Nonplusultra. In den 50-er Jahren kosteten alle 16 Werte am Schalter 5,15 DM. Für die damalige Zeit nicht wenig Geld. Wer sie dennoch alle in sein Album gesteckt hat, darf sich mittlerweile über ein Vielfaches freuen. Handelsüblich ist heute ein Preis von rund 800 Euro. Der Katalogwert liegt sogar bei 2.200 Euro.

Wenn der Wert in
die Höhe schießt

Dabei handelt es sich freilich um postfrische Exemplare. Weitaus weniger wertvolle sind die gestempelten Marken – aber auch hier gibt es Ausnahmen. Die gestempelte 90-Pfennig-Posthornmarke bekommt man bisweilen schon für 30 Cent. Doch hier lassen Plattenfehler den Preis in die Höhe schießen.
So reichen bereits zwei Striche an der richtigen Stelle - unter dem „D“ - um den Wert der Marke auf 300 Euro steigen zu lassen. Absolute Highlight sind ungezähnte Marken, die es ebenfalls sowohl von älteren als auch neueren Ausgaben gibt. Und es gibt noch eine weitere Steigerung, wenn es sich dabei auch noch um ein Randstück handelt.

Ideelle Werte und
Allgemeinbildung

Jemand, der solche Stücke schon in seinen Händen gehalten hat, ist Dirk Alexander. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Der Philatelist erkennt auf den ersten Blick, ob eine Marke normale Massenware ist oder doch einen der begehrten Plattenfehler hat.
„Ich habe mit dem Briefmarkensammeln begonnen, weil ich mich für die Marken interessiert habe und weil man dabei unheimlich viel an Allgemeinbildung mitbekommt“, erinnert sich der heutige Fachhändler Dirk Alexander.
In seinen Firmenräumen am Castroper Hellweg 49 hat er bereits unzählige Marken fachmännisch unter die Lupe genommen. Und viele Fehldrucke waren darunter. „Es ist immer wieder etwas Besonderes, eine dieser außergewöhnlichen Marken zu finden“, strahlt der Experte und merkt an: „Dabei geht es nicht nur um den deutlichen höheren Preis, sondern noch mehr um den ideellen Wert.“

Auch Massenware
hat ihren Wert

Doch selbst Massenware hat neben dem Spaß an der Sammelfreude noch einen anderen Wert. Die Briefmarkenspenden an Bethel sind seit Jahrzehnten bekannt und unterstützen karikative Zwecke. Auch Dirk Alexander ist eine Anlaufstation für diejenigen, die mit „ausrangierten“ Marken ein gutes Werk tun wollen. Er leitet gewissenhaft diese Briefmarken, die bei ihm eingehen und ansonsten im Altpapier landen würden, als Spende kostenlos an die gemeinnützige Hilfsorganisation „Allein-mit-Kind.org“ weiter. So erfüllen Briefmarken mehr als nur einen Zweck: Als uraltes und immer wieder aktuelles Hobby, für eine gute Sache oder vielleicht in der Tat als Wertanlage.
Also: Lupe, Pinzette und Katalog zur Hand und selber auf Fehlersuche gehen oder auch den Fachmann über vermeintliche „Schätze“ schauen lassen.

Zwei Striche unter dem „D“ machen diese Marke so wertvoll: Durch diesen Fehler steigt ihr Handelswert von 30 Cent auf 300 Euro. | Foto: Rudzynski
Ein absolutes Highlight: Die 6-Pfennig-Marke aus dem legendären Posthornsatz als ungezähntes Randstück. | Foto: Rudzynski
Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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