Anselm Webers letzte Regiearbeit am Schauspielhaus: Arthur Millers Klassiker "Alle meine Söhne" überzeugt

In "Alle meine Söhne" wird den Figuren eine schmerzhafte Konfrontation mit der Realität abverlangt. | Foto: Landes
  • In "Alle meine Söhne" wird den Figuren eine schmerzhafte Konfrontation mit der Realität abverlangt.
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Joe Keller (Michael Schütz) ist ein anständiger Kerl: einer, der trotz großer unternehmerischer Erfolge auf dem Boden geblieben ist. Einer, der auch gestrauchelten Angestellten eine helfende Hand reicht. Einer, dem die Familie über alles geht. - Dieses sorgsam gepflegte Selbstbild wird so forciert nach außen getragen, dass es stutzig macht. Und in der Tat gerät es im Verlauf der Handlung von Arthur Millers „Alle meine Söhne“ mehr und mehr ins Wanken.

Das Kammerspiel ist die letzte Regiearbeit des scheidenden Intendanten Anselm Weber für das Schauspielhaus. Die Bühne ist in den Zuschauerraum gebaut – das Geschehen rückt so nah an die Zuschauer heran, die miterleben, wie Lebenslügen und Selbstbetrug auf schmerzhafte Weise enthüllt werden. In der Tat erkennt das Publikum bald, dass Joe Keller einiges auf dem Kerbholz hat: Er hat durch die Lieferung schadhaften Kriegsmaterials den Tod 21 junger Soldaten verursacht. Die Schuld hat er auf einen Angestellten abgewälzt, der ins Gefängnis gewandert ist und dessen Sohn George Deever (Torsten Flassig) Joe seine Schuld klar vor Augen führt.

Die Realität lässt sich nicht auf Dauer verleugnen

Joes Frau Kate (Katharina Linder) versucht, das Wissen um dessen Verfehlungen zu verleugnen. Auch will sie nicht wahrhaben, dass ihr Sohn Larry, der nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit tot ist. Ihr jüngerer Sohn Chris (Nils Kreutinger) fordert ihr die Einsicht ab, dass Larry den Krieg nicht überlebt hat: Er will Larrys Verlobte Ann (Sarah Grunert), Georges Schwester, zur Frau nehmen, die ihre Rolle der treu auf den Vermissten Wartenden nicht länger spielen will. Also wollen Chris und Ann Kate dazu bewegen, der Realität ins Auge zu sehen.

Tragödie antiken Ausmaßes

Mit seinem Insistieren auf den Plan, Ann zu heiraten, löst Chris eine Familientragödie antiken Ausmaßes aus. Außer Chris wissen alle um Joes Verfehlungen – oder ahnen doch zumindest etwas. Erst die schonungslose Konfrontation mit der Realität, die Ann Joe und seiner Familie abfordert, führt jedoch zur Katastrophe.
Das Stück brachte Arthur Miller, der die US-amerikanische Dramatik des 20. Jahrhunderts geprägt hat wie kaum ein anderer, 1947 den großen Durchbruch. Das Ensemble füllt die Handlung mit einer Mischung aus Lakonie und Pathos mit Leben. Am Ende steht die Frage nach der Verantwortung des einzelnen der Gesellschaft gegenüber.

Termine
„Alle meine Söhne“ ist am Freitag, 26. Mai, um 19.30 Uhr wieder im Schauspielhaus, Königsallee 15, zu sehen.
Weitere Termine: Mittwoch, 31. Mai, 19.30 Uhr; Montag, 12. Juni, 19.30 Uhr; Dienstag, 13. Juni, 19.30 Uhr (18.45 Uhr Einführung im Foyer); Sonntag, 18. Juni, 19 Uhr; Sonntag, 25. Juni, 17 Uhr; Sonntag, 2. Juli, 19 Uhr; Samstag, 8. Juli, 19.30 Uhr; Dienstag, 11. Juli, 19.30 Uhr.
Zum letzten Mal ist das Stück am Schauspielhaus am Samstag, 15. Juli, um 20.15 Uhr zu sehen.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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