Strippenzieher der Töne

Wilhelm Bruck, einer der Musiker des Zwei-Mann-Orchesters, probiert während des Aufbaus schon mal das Zusammenspiel von Nähmaschine, Kinderklavier und anderer ungewöhnlicher selbst gebauter Instrumente aus.
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  • Wilhelm Bruck, einer der Musiker des Zwei-Mann-Orchesters, probiert während des Aufbaus schon mal das Zusammenspiel von Nähmaschine, Kinderklavier und anderer ungewöhnlicher selbst gebauter Instrumente aus.
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Barfuß, mit schwarzem Gurt um die Brust der eine, mit breitem Feuerwehrgürtel und Schäkel um die Taille der andere finden die beiden Musiker ihren Platz links und rechts in einer Ansammlung von ungewöhnlichen Musikinstrumenten. Jetzt ist das Zwei-Mann-Orchester komplett und das instrumentelle Theater im Foyer des MiR kann beginnen.

Es ist ganz still in dem Konstrukt aus Instrumenten, Gerätschaftsfragmenten, Kurbeln und Fäden, von dem man zunächst denkt, es sei ein riesiger Sperrmüllhaufen. Dann schicken Wilhelm Bruck und Matthias Würsch ein leises Pfeifen hin und her. Würsch streicht über die Glasharmonika, dass diese sich zu drehen beginnt, Bruck drückt die Luftpumpe. Die Töne werden lauter, verbinden sich miteinander, entfernen sich wieder. Das vorwiegend jungendliche Publikum dieser Schulvorstellung staunt gebannt. Längst sind die vorher eifrig bespielten Handys in den Rücksäcken verschwunden.
Das Zwei-Mann-Orchester besitzt alles, was man von einem Orchesterkonzert erwarten kann – eine Vielzahl an Instrumenten (ungefähr 200) und Klangprofilen, sanfte Streicherklänge, Bläsersignale, perkussive Rhythmen. Es zeigt Entwicklungen und Variationen von Klangflächen und Melodielinien. Es besitzt unterschiedliche Abschnitte.

Bilder entstehen

Die Stimmungen wechseln, ebenso die Assoziationen. Eben noch wähnt man sich in einem Spielzimmer aus früherer Zeit, wo Bären brummen, Puppen quäken und sich die Ballerina zu Spieluhrklängen dreht, schon wird man auf einen indischen Basar getragen. Einige Klangvariationen später marschiert eine Blaskapelle in einer Wolke aus Marschmusik auf, dann rieselt imaginärer Regen aus einem Didgeridoo. Irgendwo scheinen ein Kauz zu schreien, Vögel zu zwitschern und die Wellen des Meeres gegen die Ufer zu brausen. Dann wieder wähnt man sich auf einem mittelalterlichen Jahrmarkt, umgeben von Schalmeienklängen und dem Schellengeläut eines Bumbass. „Jeder Zuhörer hat andere Assoziationen“, wird Wilhelm Buck später sagen noch aber zaubern er und Matthias Wülsch die Bilder aus ihrer Klangmaschine.
Selten Spielt ein Instrument allein. Für gewöhnlich hat jeder Spieler mindestens zwei Instrumente gleichzeitig zu spielen – mit den Händen, mit den Füßen, mit dem Mund, mit ganzen Körpereinsatz. Dazu dienen die Gurte um Brust und Taille, an denen Fäden befestigt sind, die zu den Instrumenten führen.
Wie in einem klassischen Orchester fehlt auch beim Zwei-Mann-Orchester keine Instrumentengruppe: Neben Streich- und Zupfinstrumenten kommen Tasten, Schlag und Blasinstrumente in häufig unkonventioneller Weise zum Einsatz. Außer mit dem Bogen wird auch mit der Handsäge oder dem Kochlöffel gestrichen, die Instrumente über Hindernisse gezogen.

Musik von der Nähmaschine

Grenzenlos scheint auch das Klangarsenal an Alltagsgegenständen und Wunderkonstruktionen zu seinNähmaschine, Luftpumpe, Fahrradspeichen,
Die größtenteils Schüler unter dem Publikum sind gebannt, lächeln und hören zu. Sie sind der Musikkurs der Klasse 11 aus der Gesamtschule Buer, der mit ihrer Lehrerin elisabeth Nieswandt zur Aufführung gekommen war. Einige Tage zuvor hatten die 17-jährigen schon Bekanntschaft mit Wilhelm Bruck gemacht. In einem Workshop hatten sie gemeinsam mit dem Musiker selbst ausprobiert, wie Nüsse klingen, wenn sie rollen, wie Blechbüchsen scheppern, wenn sie angeschlagen werden. In einer Performance hatten sie später umgesetzt, was siemit Wolfgang Bruck in dem Musikworkshop erarbeitet hatten.
Das Konzert der beiden Musiker jedoch war noch einmal etwas ganz anderes. Ein besonderes Konzert-Erlebnis...
Weitere Termine sind am Dienstag, 17. Februar, um 16 und 20 Uhr sowie am Mittwoch, 18. Februar, um 11 und 20 Uhr im Großen Haus des Musiktheaters im Revier.
Karten-Telefon 4097200

Wilhelm Bruck, einer der Musiker des Zwei-Mann-Orchesters, probiert während des Aufbaus schon mal das Zusammenspiel von Nähmaschine, Kinderklavier und anderer ungewöhnlicher selbst gebauter Instrumente aus.
Hämmern und die Fäden knüpfen: Vorbereitung ist alles, damit die Orchestermaschine bespielt werden kann. Der Schweizer Matthias Würsch
Autor:

Silvia Dammer aus Hagen

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