Buchtipp
Verdammt aktuell: Die Party bei den Jacks - eine Rezension

Ein Gesprächsthema auf der Party bei den Jacks: Die in den 1920er Jahren von der US-Klassenjustiz zu Unrecht zum Tode verurteilten anarchistischen Arbeiter Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. | Foto: gemeinfrei
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  • Ein Gesprächsthema auf der Party bei den Jacks: Die in den 1920er Jahren von der US-Klassenjustiz zu Unrecht zum Tode verurteilten anarchistischen Arbeiter Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti.
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"Was sollte das?", fragt sich Mr Jack in dem Roman "Die Party bei den Jacks" von Thomas Wolfe angesichts des haarsträubend langwierigen Auftritts eines von der besseren Gesellschaft gefeierten, aber eigentlich grottigen Kleinkünstlers. Das Gleiche werden sich die Lesenden während der Buchlektüre gefragt haben.

Über weite Strecken muss sich der Lesende durch die rund 350 Seiten des Romans samt zahlreichen Anmerkungen, Nachwort und Editorische Notiz fräsen. Wobei die Anmerkungen unterhaltend und informativ zugleich sind. Extrem detailverliebt schmückt Thomas Wolfe seine Darstellungen aus. Wie in dem Roman die damaligen Kritiker:innen diesen bereits erwähnten langatmigen Kleinkünstler feierten, feierten auch die Buchrezensenten des erst 1995 aus dem Nachlass des sehr jung verstorbenen Thomas Wolfe (1900-1938) zusammengesetzten Roman diese Langatmigkeit. Thomas Wolfe sei halt ein "putter-inner". Einer der eher ausschmückt als etwas weglässt.

Den ganzen Roman aber auf die Langatmigkeit zu reduzieren würde ihm nicht gerecht werden. Der Roman überzeugt durch interessante Zeit- und Realitätsebenen, die durchaus sinnvoll miteinander kommunizieren. Wer eine durchaus analytische Beschreibung der Gesellschaft kurz vor dem Börsencrash 1928 lesen möchte, ist hier genau richtig.

Zumal Thomas Wolfe nicht als Außenstehender schreibt. Wolfe verkehrte in diesen Gesellschaftskreisen. Die Gastgeberin der Party, Mrs Jack, war im wahren Leben die wesentlich ältere Geliebte des Autors. Die im Roman beschriebene Party hat allerdings in der Realität erst Anfang der 1930er Jahre stattgefunden. Also nach dem Börsenkrach von 1928 und somit mitten in der damit einsetzenden Weltwirtschaftskrise.

Die Geschichte über die Roaring Twenties ist mit sämtlichen Gesellschaftsschichten und Klassen koloriert. Eine kleine Katastrophe, die natürlich letztlich nur die Armen trifft, ist auch dabei.

Dieser Roman ist erschreckend aktuell, wenn man sich die gesellschaftliche Entwicklung angesichts der Coronakrise verdeutlicht. Während bei den unteren Schichten die Einkommen wegbrechen, macht das oberste eine Prozent als Krisengewinner die besten Geschäfte.

Sicherlich in moderneren Anzügen, aber einen Jeff Bezos oder Warren Buffett könnte man sich auf einer solchen Party im Jahre 2021 durchaus vorstellen. Ein Bill Gates dürfte wohl in der Romanfigur Lawrence Hirsch seine damalige Entsprechung finden. Der Liberale Hirsch setzt sich zwar auf der einen Seite für die beiden von der US-amerikanischen Klassenjustiz zu Unrecht zum Tode verurteilten anarchistischen Arbeiterführer Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti ein. Auf der anderen Seite geht Hirsch mit seinen eigenen Arbeiter:innen nicht gerade ziemperlich um.

Kurz und knapp: Der Roman ist definitiv lesenswert.

"Die Party bei den Jacks" von Thomas Wolfe
Manese Verlag
Zürich
350 Seiten
24,95 Euro

Ein Gesprächsthema auf der Party bei den Jacks: Die in den 1920er Jahren von der US-Klassenjustiz zu Unrecht zum Tode verurteilten anarchistischen Arbeiter Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. | Foto: gemeinfrei
 "Die Party bei den Jacks" von Thomas Wolfe
Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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