Handwerk bringt die Kompetenz für die Energiewende mit!

Otto Kenzler | Foto: ZDH
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Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Gebäudesanierung – dank exzellenter Ausbildung und Qualifizierung bringt das Handwerk die Kompetenz für die Energiewende mit. „Wer einen unserer innovativen Berufe lernt, muss sich keine Sorgen um einen Arbeitsplatz mehr machen“, wirbt ZDH-Präsident Otto Kentzler im Interview mit dem Managermagazin "Sparkasse" (Juli 2011) um Nachwuchs. Förderung zahlt sich aus, appelliert Kentzler an die Bundesregierung, denn „Energieeffizienz ist der Schlüssel, um die energiepolitischen Ziele überhaupt erreichen zu können“.

SPARKASSE: Herr Kentzler, Ihre Meinung zur Energiewende?

Otto Kentzler: Die Beschlüsse stehen – und sie bergen für die Wirtschaft Risiken, aber auch gewaltige Chancen. Erlauben Sie mir aber in der Rückschau Kritik an der Hektik des Entscheidungsprozesses.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler hat 500 Millionen Euro für den Mittelstand in Aussicht gestellt, falls es wegen des Atomausstiegs zu Strompreiserhöhungen kommen sollte. Halten Sie die Summe für angemessen?

Kentzler: Bisher fehlt das korrekte Preisschild an der Energiewende. Im Handwerk werden energieintensive Gewerke wie Galvaniseure, Wäschereien oder Bäcker mehr zahlen müssen. Die 500 Millionen-Ausgleichsregelung für den Mittelstand insgesamt klingt da wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Unser Ziel müssen Entlastungen von Verbrauchern und Betrieben durch Innovationen bei Energieeffizienz und –erzeugung sein. Vielleicht können wir dann in einigen Jahren Kernkraftwerke vom Netz nehmen, ohne sie ersetzen zu müssen, weil der Gesamtverbrauch sinkt. Wir werden allerdings in neue Stromnetze investieren müssen – denn das Thema Netzsicherheit hat für den Industriestandort Deutschland höchste Priorität.

Können Gewerke auch beim Bau der Stromnetze helfen?

Kentzler: Ja, das Handwerk ist selbstverständlich überall dabei. Aber bitte reduzieren Sie die Potenziale des Handwerks nicht auf Bauleistungen. Unsere Betriebe bringen ihr spezielles Know-how auf allen Ebenen der Energiewende mit ein. Und Innovationen gibt es nicht nur bei Produkten. Gerade Handwerker sind es doch, die rund um die Produkte mit innovativen Dienstleistungen, Prozessen, Verfahren oder Betriebsabläufen punkten. Wir haben den Vorteil, jeden Tag beim Kunden die Praxis erleben zu können – das führt natürlich zu vielen Verbesserungen.

Der Bund will Fördermittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für die energetische Sanierung von Gebäuden zur Verfügung stellen. Ist das hinreichend?

Kentzler: Das bleibt jedenfalls hinter dem Etat von 2009 zurück. Und schon damals haben Experten zwei Milliarden Euro als Anreiz für die notwendigen Investitionen in das C02-Gebäudesanierungs-Programm gefordert, um die von der Bundesregierung anvisierten Klimaziele zu erreichen. Die Deutsche Energie-Agentur dena nennt sogar fünf Milliarden Euro als Ziel. Die Anreize rechnen sich: KfW und Bundesbauministerium haben bilanziert, dass ein Euro Anschubfinanzierung in diesem Bereich zu acht bis neun Euro an Folgeinvestitionen führt. Fakt ist doch: Ob Häuslebauer oder Vermieter, die Deutschen lassen sich durch Zuschüsse oder Steuersparmöglichkeiten zu Investitionen anregen. Zwang zu immer umfassenderen Sanierungen hilft dagegen nicht.

Immerhin bedeuten die Fördermittel ein enormes Konjunkturprogramm für das Handwerk.

Kentzler: Richtig ist, dass unsere Betriebe neue Anlagen einbauen, die Wände dämmen oder die Fenster austauschen. Doch wer baut die Heizungen, stellt Fenster oder Dämmstoffe her? Nicht zu vergessen: Damit Handwerker das alles können, haben die Betriebe viel in die Ausbildung und Weiterqualifizierung ihrer Mitarbeiter investiert. Wir können also unsere besonderen Kompetenzen in diesem Markt zeigen. Das bietet wiederum Chancen für den Nachwuchs: Wer einen der innovativen Berufe lernt, die für die Energiewende gebraucht werden, muss sich die nächsten Jahrzehnte keine Sorgen um den Arbeitsplatz machen. Aber er muss auch laufend Neues lernen wollen.

Gibt es so viele Innovationen in diesen Gewerken?

Kentzler: Mir geht es darum, dass die Qualität bei allen Baumaßnahmen im Vordergrund steht. Und Qualität bedeutet nicht nur Qualität in der Ausführung, sondern auch in der Beratung. Wir brauchen noch viel mehr Handwerker, die vor der konkreten Sanierung eine erstklassige Gebäudeanalyse durchführen können. Es sollte immer da investiert werden, wo es den meisten Nutzen für Klimaschutz und Energieeinsparung bringt. Ein Beispiel: Bei stabilen Gebäuden, die an der Wende zum 20. Jahrhundert gebaut wurden, ist zusätzliche Dämmung nicht unbedingt nötig, dafür sollte in ein neues Dach, neue Fenster, neue Haustechnik oder intelligente Steuerung investiert werden.

Warum ist die Energieeinsparung in Gebäuden überhaupt so wichtig?

Kentzler: 40 Prozent der gesamten Energie wird im Gebäudebestand verbraucht. Energieeffizienz ist also der Schlüssel, um die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung überhaupt erreichen zu können. Energieeinsparung ist sozusagen unser wichtigster Rohstoff. Unsere Energieberater können die besten Lösungen aufzeigen, die Sanierungsplanung unterstützen und die Arbeiten der beteiligten Gewerke koordinieren.

Was können der ZDH und die übrigen Handwerksverbände leisten?

Kentzler: Der ZDH arbeitet in dieser entscheidenden Phase sehr eng mit allen Verbänden zusammen, deren Mitgliedsbetriebe sich im Einzelnen um Energieeffizienz bemühen. Wir sind angetreten, der Politik deutlich zu machen, dass das Handwerk für die Energiewende gut aufgestellt ist. Mit Bundesumweltminister Röttgen haben wir schon im vergangenen Jahr bei unserem Energieforum diskutiert und ihm auf einem „Markt der Möglichkeiten“ bewiesen, was die Betriebe heute schon für Energieeffizienz und Elektromobilität leisten.

Können Sie Beispiele nennen?

Kentzler: Wir konnten zeigen, was an innovativen Produkten und Techniken schon heute zur Verfügung steht und wie die Maßnahmen ineinandergreifen müssen, damit bei der Energieeffizienz hohe Ziele erreicht werden. Blockheizkraftwerke und Wärmetauscher dienen der dezentralen Energiegewinnung, neue Sanierungsmethoden oder verbesserte Regeltechnik bei den Heizungen helfen sparen, cleveres Energiemanagement ebenso. LED-Lampen in Straßenlaternen entlasten die Stadtsäckel enorm. Hier geht das Handwerk ganz im Sinne seiner Kunden voran. Bei anderen Produkten fungiert das Handwerk sozusagen als Bindeglied zwischen Kunden und Industrie. Der Austausch von 25 Jahre alten Fensterscheiben mit einem U-Wert, also Wärmedurchlässigkeitskoeffizienten, von 3,5 zu Scheiben mit einem U-Wert von 0,6 kann viel bewirken!

Ist die Energiewende bereits im Handwerk angekommen?

Kentzler: Ja, das Handwerk hat alle Innovationen eng begleitet. Als die Bundesregierung 2006 verstärkt Anreize zur energetischen Gebäudesanierung setzte, waren unsere Betriebe vorbereitet. Und das Konjunkturpaket II hat in der Wirtschaftskrise für weitere Impulse – auch im öffentlichen Bau – gesorgt.

Könnte auch die Eurokrise die Investitionsneigung von Hausbesitzern fördern?

Kentzler: Der Zusammenhang klingt etwas gewagt. Aber bei derart niedrigen Zinsen wie in den vergangenen Monaten investieren viele lieber in ihr Haus als das Geld auf die hohe Kante zu legen. Wobei wir nicht übersehen dürfen, dass auch die Einlagen bei Banken und Sparkassen so hoch sind wie lange nicht mehr. Im Übrigen teile ich grundsätzlich nicht die Meinung der Medien, die von der Eurokrise reden und den Euro und die Währungsunion in Europa verteufeln wollen. Wir hatten noch nie eine so geringe Inflation wie seit der Euro-Einführung, die D-Mark war wesentlich volatiler. 60 Prozent unseres Exports geht in Euroländer. Das heißt, dass wir mehr auf unsere Nachbarn angewiesen sind als umgekehrt. Und ohne die negativen Folgen übersehen zu wollen, steht doch fest, dass Deutschland die Finanzkrise ohne große Schäden überstanden hat, mit der D-Mark hätten wir das sicher so nicht durchgestanden.

Mit welchen Argumenten kann ein Sparkassenberater einen Hausbesitzer oder Vermieter davon überzeugen, in die energetische Sanierung zu investieren?

Kentzler: Ein bloßer Appell an die Pflicht und das ökologische Gewissen der Wohnungs- und Hausbesitzer wird sicher nicht ausreichen. Der Hinweis auf sinkende Energiekosten, steigenden Wohnwert und die bessere Veräußerbarkeit einer Immobilie hilft dagegen schon. Aber zinsverbilligte Kreditprogramme, der Verweis auf die geplanten steuerlichen Anreize und die Zuschüsse durch die KfW-Programme – all das sollte zur Motivation beitragen. Die Zusammenarbeit des Instituts mit qualifizierten Gebäudeenergieberatern des Handwerks, um das Notwendige, das Wünschbare und schließlich das Machbare für den Kunden genau zu definieren, ist sicher auch eine Vertrauen bildende Maßnahme.

Ist es aus Ihrer Sicht richtig, dass Deutschland bei der energetischen Sanierung und den ehrgeizigen Zielen bei den C02-Einsparungen vorprescht?

Kentzler: Ja, wir müssen das Schritttempo hier deutlich erhöhen. Deutschland muss als Technologieführer in Europa auch in diesem Bereich Vorbild sein. Übrigens haben wir in einem weiteren Bereich ebenfalls die Nase vorn: Mit Blick auf die demographische Entwicklung hat sich das Handwerk intensiv auf altengerechte Sanierungen im Wohnungsbestand vorbereitet. Senioren wollen schließlich solange es geht, in der eigenen Wohnung bleiben. Die beispielsweise auf den Handwerksmessen präsentierten Innovationen zeigen was alles schon geht.

Sie kritisieren jedoch, das größte Hemmnis für Innovation im Handwerk seien die engen finanziellen Spielräume der Unternehmen. An wen richtet sich diese Kritik?

Kentzler: Während der Finanz- und Wirtschaftskrise gab es keine Kreditklemme im Handwerk. Doch natürlich hatten die Betriebe Probleme – und haben oft nur dank der Maßnahmen der Konjunkturpakete weitermachen können. Beispielhaft möchte ich hier die Automobilzulieferer nennen. Aber es war wichtig, diesen Betrieben zu helfen – sonst wäre die gesamte deutsche Automobilindustrie getroffen gewesen. Das Handwerk hat dagegen selbst mit seiner Form des Wirtschaftens viel zur Bewältigung der Krise beigetragen. Die „tolerierte Verantwortungslosigkeit“ der Finanzbranche ist bei uns nicht zu finden, das Handwerk stützt sich auf die Verantwortung für das eigene Handeln und die selbstverständliche Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Dazu gehört auch eine nachhaltige Personalpolitik: Der leichte Beschäftigungsverlust während der Krisenjahre ist weitgehend auf das Ausscheiden aus Altersgründen zurückzuführen.

Was bedeutet das Regelwerk von Basel III für die Beziehungen zwischen Hausbank und Handwerksbetrieb?

Kentzler: Nach vorliegenden Planungen sollen Banken und Sparkassen künftig höhere und qualitativ bessere Eigenkapitalpolster aufbauen. Daran ist auf den ersten Blick nichts auszusetzen. Denn natürlich ist es sinnvoll, bankenaufsichtsrechtliche Regelungen zu schaffen, die Fehlentwicklungen zumindest eindämmen und Kreditinstitute weniger krisenanfällig machen. Diese Lektion hat uns die Krise ja erteilt. Aber der Teufel steckt wie immer im Detail. Denn die mögliche Kreditzusage pro 1 Euro haftendem Eigenkapital sinkt durch die neuen Regeln deutlich. Waren es ursprünglich 12,50 Euro, so werden es künftig nur noch 9,50 Euro sein. Erhöhte Kapitalanforderungen, steigende Finanzierungskosten und der bestehende Umsetzungsaufwand erhöhen den Druck auf die Margen und könnten sich negativ auf die Kreditkonditionen sowie die Vergabebereitschaft im Mittelstandskreditgeschäft auswirken. Damit könnte Basel III die langfristige Unternehmensfinanzierung gefährden.

Beobachten Sie, dass sich die Ansprüche von Handwerksbetrieben an ihre Finanzierungspartner ändern?

Kentzler: Die Sparkassen finanzieren das Handwerk zu 70 Prozent, die Volksbanken liegen etwa bei 20 Prozent. Sie sind mit Abstand die Haupt-Finanzierungspartner. Unsere Betriebe brauchen laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr zu zwei Dritteln bis 50.000 Euro, ein Drittel davon sogar nur bis 10.000 Euro. Sechs Prozent haben mehr als 500.000 Euro Finanzierungsbedarf, dazwischen liegt der Bereich von 50.000 bis 500.000 Euro. Der Schwerpunkt der Nachfrage liegt bei Betriebsmittelkrediten, beispielsweise um aufwändige Aufträge aus dem Bereich der energetischen Sanierung vorzufinanzieren.

Registrieren Sie Kritik an den Finanzierungspartnern des Handwerks?

Kentzler: Kritik gibt es immer, berechtigte und auch unberechtigte. Wir sollten meines Erachtens dafür sorgen, dass jeder, der einigermaßen vernünftig wirtschaftet und das mit seiner Gewinn- und Verlustrechnung auch beweisen kann, als kreditwürdig angesehen wird. Über das Rating hinaus müssen bei einer Kreditvergabe auch die sogenannten weichen Faktoren berücksichtigt werden. Ich begrüße es, dass Sparkassen mit den Betriebsberatern der Handwerkskammern eng zusammenarbeiten. Ein Handwerksunternehmer, der sich von unseren Betriebsberatern begleiten lässt, kann sich wesentlich länger am Markt behaupten als derjenige, der seinen Kreditantrag ohne Beratung bei den Bürgschaftsbanken einreicht.

Wie beurteilen Sie Kooperationen im Marketing zwischen Geldinstituten und Handwerk?

Kentzler: Hier können die Institute sehr hilfreich sein. Jetzt kommt beispielsweise die bundesweite Kampagne „Gutes Klima fängst zuhause an“ – damit kann der energetischen Gebäudesanierung ein wichtiger Schub gegeben werden. Und wir begrüßen sehr, dass die Sparkasse ihre Kunden neben den eigenen Finanzierungsangeboten auch Fördermöglichkeiten der staatlichen Programme aufzeigen will. Die Kunden vertrauen hier der Kompetenz der Sparkassen. Regional kenne ich persönlich aus Dortmund die erfolgreichen Bauherrentage der Sparkassen. Aber es gibt viele Formen der Zusammenarbeit zwischen Handwerk und den Instituten – Energieberater-Netzwerke, Energiespartage, gemeinsame Messepräsentationen oder Finanzierungspakete mit qualifizierter Beratung durch Handwerker.

Ist das Internet eine geeignete Kooperationsplattform für Handwerk und Geldinstitute?

Kentzler: Auch da gibt es erfolgreiche Beispiele – etwa das Solarpotenzialkataster der Sparkasse Witten. Je besser der Endkunde informiert ist, desto höher sind auch die Chancen eines Meisterbetriebs, seine Qualifikationen unter Beweis stellen zu können. Das Internet ist auch für uns als Zentralverband längst die zentrale Plattform für die interne und externe Kommunikation.

Ist das Internet ein Rekrutierungsmittel für Azubis, auch jenseits der Grenzen?

Kentzler: Die meisten unserer Betriebe haben verstanden, dass die Ausbildungsbewerber nicht mehr in Scharen vor der Tür stehen. Sie engagieren sich immer früher und immer umfassender bei der Werbung um den Nachwuchs. Dabei ist die Homepage des Betriebes eine wichtige Visitenkarte für die Jugendlichen, da dort oft der erste Kontakt stattfindet. Für die bundesweite Imagekampagne nutzt das Handwerk gerade in der Ansprache der Jugendlichen verstärkt das Internet. Die Seite www.handwerk.de hält viele handfeste Informationen über Handwerksberufe vor, aber hier finden sich auch Filme und Spiele. Wir haben unsere Aktivitäten jüngst von einem Jugendbeirat mit jungen Handwerkern kritisch analysieren lassen – und wurden gut bewertet.

Spielen auch soziale Medien eine Rolle?

Kentzler: Natürlich ist die Imagekampagne auch in den sozialen Netzwerken unterwegs. Dort tummeln sich auch bereits einige unserer Mitgliedsverbände und Handwerkskammern. Das Interesse an einer Ausbildung im deutschen Handwerk nimmt auch in den Ländern zu, für die seit 1. Mai die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt. Aus Polen oder Tschechien kamen so viele Anfragen, dass wir auf der ZDH-Homepage www.zdh.de Informationstexte zur dualen Ausbildung in drei Sprachen eingestellt haben. Ich sehe das Thema Ausbildung auch unter dem Aspekt der Völkerverständigung. Was an unserer Westgrenze funktioniert hat, wird auch an der Grenze zu den osteuropäischen Staaten funktionieren. Ausbildung und Arbeit jenseits der Grenzen helfen den Menschen, sich Schritt für Schritt besser zu verstehen. Und wer eine ausgezeichnete Ausbildung hat, kann sich nachher den Arbeitsplatz aussuchen, in welchem Land auch immer.

Haben die ostdeutschen Handwerksbetriebe besondere Schwierigkeiten, Azubis zu bekommen?

Kentzler: Ja, in der Tat. Aufgrund der Abwanderung nach der Einheit und geburtenschwacher Jahrgänge hat sich die Zahl der Schulabgänger dort innerhalb einer Dekade halbiert. Mittlerweile bleiben in jedem Jahr mehrere tausend Ausbildungsplätze unbesetzt – auch in den Top-Ten-Wunschberufen.

Oft wird beklagt, dass Schulabgänger nicht die nötige Qualifikation für eine Lehre mitbringen.

Kentzler: Die Leistungen in Deutsch und Rechnen sind vielfach sehr schwach. Vor allem die Bundesländer müssen ihren Bildungsverpflichtungen besser nachkommen. Aber die Handwerksbetriebe haben vielfach keine Wahl, sie unternehmen selbst etwas gegen die Bildungsdefizite. Die Betriebe erwarten von den Bewerbern aber zumindest, dass sie den Willen zur Ausbildung mitbringen. Über Praktika, Nachhilfeunterricht, Ausbildungspaten beispielsweise begleiten sie die Jugendlichen auf ihrem schwierigen Weg zum Ausbildungserfolg. Wer sich in der Schule schwer tat, blüht oft in der Lehre mit ihrer Praxisorientierung auf. Hilfe brauchen die Jugendlichen auch bei der Berufsorientierung. Schule und Familie müssen sich hier ebenfalls engagieren.

Wie können die Kammern helfen?

Kentzler: Das Bildungszentrum der Handwerkskammer zu Leipzig pflegt so viele Kooperationen mit Schulen, dass es sozusagen „ausgebucht“ ist. Schon in der siebten und achten Schulklasse werden dort die Interessen der jungen Leute für die verschiedenen Berufswelten geweckt. Viele Schüler motiviert es, dass sie in einem Arbeitsteam gebraucht werden und ein positives Echo erhalten. Nach so einer positiven Erfahrung klappt es oft auch in der Schule besser. Ähnliche Projekte blühen auch in vielen anderen Orten.

Spielt die Internationalisierung des Handwerks auch in der Ausbildung eine Rolle?

Kentzler: Es gibt viele Programme im Handwerk, die darauf zielen, dass Auszubildende während oder nach der Ausbildung im Ausland arbeiten und sich international vernetzen. In vielen Gewerken gehört ein Auslandsaufenthalt seit jeher dazu, so gehen junge Fliesen- und Mosaikleger oder Maler und Lackierer gerne nach Italien, um dort mit besonderen Materialien arbeiten und andere Techniken erlernen zu können..
Das Interview führten Christoph Becker und Peter Müller.

Quelle: ZDH

Weitere Informationen unter: http://energie-und-fassade.de/

Zu Handwerksthemen finden Sie auch Berichte unter http://malerillu.de, dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf

Autor:

Heiner Pistorius aus Düsseldorf

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