Kentzler: Rentenbeiträge dürfen nicht "nach Lust und Laune" festgelegt werden

Otto Kentzler, Präsident des ZDH | Foto: ZDH
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Zu den aktuellen Plänen des Bundesarbeitsministeriums einer Zuschuss-Rente, zur Diskussion um Beitragssenkungen bei der Rentenversicherung sowie zum Thema Rente mit 67 und anderen wichtigen Themen äußerte sich Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Rente war schon immer das Lieblingsthema der Populisten im Wahlkampf."

Herr Kentzler, Gewerkschaften, Arbeitgeber und der Wirtschaftsminister haben die von Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) geplante Zuschuss-Rente in der Luft zerrissen. Was halten Sie von der?

Kentzler: Das Äquivalenzprinzip der Rentenversicherung – also die Gleichwertigkeit von Beiträgen und Versicherungsleistung – hat sich bewährt. Die teilweise Abkehr von diesem Prinzip durch die Zuschussrente führt zu höchst fragwürdigen Umverteilungseffekten, das ist Flickwerk. Diesen Griff in die Beitragskasse lehnen wir ab. Die rentenrechtliche Honorierung von Kindererziehung oder Pflege muss vollständig aus Steuermitteln beglichen werden. Schließlich sind dies Leistungen, von denen die gesamte Gesellschaft profitiert. Positiv werten wir die Kombirente, dieses Instrument macht einen schrittweisen Übergang aus dem Erwerbsleben möglich.

Finden Sie es richtig, dass die Ministerin ihr Renten-Paket mit der ohnehin gesetzlich fälligen Senkung für Kritiker schmackhaft machen wollte?

Kentzler: Die Senkung zum 1. Januar ist richtig. Einer ausdrücklichen Aufnahme ins Gesetzespaket hätte es aber nicht bedurft. Das hat unnötig Unruhe in die Regierungskoalition gebracht. Gut, dass die Beitragssenkung vom Gesetzespaket abgekoppelt wird.

Der DGB will Entlastungen bei der Rentenversicherung verhindern…

Kentzler: Die Beiträge dürfen doch nicht nach Lust und Laune festgelegt werden. Die Gesetzeslage sieht vor, dass der Rentenbeitrag dann gesenkt wird, wenn die Reserven den gesetzlichen Anforderungen genügen. Dank der guten Konjunktur mit vielen zusätzlichen Jobs ist das jetzt der Fall. Der genaue Spielraum wird bei der nächsten Schätzung im Oktober festgelegt.

Es gibt weiterhin Gegenwind zur Rente mit 67…

Kentzler: Einige versuchen immer noch, den Kopf in den Sand zu stecken. Doch in 15 Jahren werden 40 Prozent der Menschen über 65 Jahre alt sein. Die Zahl der Leistungsbezieher steigt massiv, die der Beschäftigten sinkt drastisch! Es ist unsere Verantwortung, dennoch die Finanzierbarkeit der Rente zu ermöglichen – eben durch Arbeiten bis 67.

Wird der Kampf gegen die Rente mit 67 im nächsten Bundestagswahlkampf ein großes Thema?

Kentzler: Rente war schon immer das Lieblingsthema der Populisten im Wahlkampf. Aber man darf – neben der Herausforderung - auch die große gesellschaftliche Chance dieser Entwicklung nicht übersehen. Da kommt ein großer Teil der Bevölkerung ganz neu zur Geltung, dem die Gesellschaft viel zu lange Kompetenz und Leistungsfähigkeit abgesprochen hat. Mit meinen 70 Jahren weiß ich, wovon ich spreche.

Die Opposition pocht auf Umverteilung. Die Reichen sollen mehr Steuern zahlen, damit den Armen geholfen werden kann. Können Sie da folgen?

Kentzler: Nein, denn wer hier "Reiche" sagt, meint den Mittelstand. Deutschland zehrt von einem beeindruckenden wirtschaftlichen Aufschwung, davon dass mehr Menschen beschäftigt sind als je zuvor, davon dass die Arbeitslosigkeit sich halbiert hat. Rekordeinnahmen bei der Steuer, prall gefüllte Kassen bei den Sozialversicherungen. Da muss man schon schamlos sein, wenn man alle diejenigen, die das erarbeitet haben, mit noch mehr Steuern belegen, mit noch mehr Abgaben belasten will.

Das Handwerk steht unter Druck: 23 000 Lehrstellen sind unbesetzt. Ärger gibt es um Doppelverträge, die Jugendliche abschließen. Brauchen wir hier Strafen?

Kentzler: Nein. Wir müssen es schaffen, Jugendliche bei der Wahl des Berufes und des Ausbildungsbetriebes so zu beraten, dass sie die richtige Wahl treffen. Denn genau so ärgerlich wie die Doppelverträge sind Vertragslösungen während der Ausbildung. Wir begrüßen daher ein bildungspolitisches Papier der CDU, das vorsieht, die Berufsorientierung an allen Schulen auszubauen und die Lehrer bereits im Studium damit vertraut zu machen. Wer nach der Schule genau weiß, welchen Beruf er lernen will, braucht auch keine teuren und unproduktiven Warteschleifen mehr.

Das Bundesumweltministerium will Umwelt-Kontrolleure losschicken, die jederzeit in Deutschlands Häusern und Wohnungen die Energieeinsparauflagen prüfen dürfen…

Kentzler: Glücklicherweise wird es nicht jede Referentenidee ins Gesetzbuch schaffen. Mit überzogenen Anforderungen und Drohungen vergrault die Politik nur die Gutwilligen. Vorrangig ist, dass die Menschen die Ziele der Energiewende teilen und mitmachen. Ich bin gegen Umwelt-Kontrolleure – ansonsten sehe ich schon die Komiker der "heute-show" vor mir, die bei arglosen Rentnern anklopfen und "Energiepolizei" spielen.

Der Kauf von Steuerdaten-CDs scheint sich auszuzahlen. Immer mehr Steuersünder zeigen sich an...

Kentzler: Ich setze auf das Steuerabkommen, das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Schweiz ausgehandelt hat. Denn ich halte nichts davon, wenn der Staat gestohlene Steuerdaten kauft.

Interview: Beate Tenfelde

Quelle: ZDH

Zu Handwerksthemen finden Sie ebenfalls Beiträge unter http://malerillu.de. , dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf sowie unter http://malerdüsseldorf.de und http://energie-und-fassade.de

Autor:

Heiner Pistorius aus Düsseldorf

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