Schachnovelle - Theater in der Rheinhausenhalle

Schachnovelle
Nach der gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig
von Helmut Peschina

Das gestrige Stück war das 4. in der Theatersaison 2010/2011 in der Rheinhausenhalle.
Alle Darbietungen hatten ihren besonderen Reiz von lustig bis mysteriös, die Don Kosaken im Dezember für die Seele.

Die Schachnovelle aber war etwas ganz Besonderes. Was auf einem Kreuzfahrtschiff zwischen einer lustigen, bunt zusammengewürfelten Gesellschaft als Spaß beginnt, entwickelt sich nach und nach zu bitterem Ernst:

Ein junger, russischer Schachweltmeister sondert sich völlig von den anderen Passagieren ab. Diese fordern ihn zu einer Schachpartie heraus, die der Meister Mirko Czentovic (Daniel Pietzuch) annimmt, nicht ohne ein sattes Honorar zu verlangen. Der “in Öl” machende McConners (Harry Täschner) der die Kosten trägt, verliert haushoch. Er fordert Revanche und das Spiel scheint wieder zu seinem Nachteil zu enden. Doch da greift ein seltsamer Mann in das Spiel ein und verwandelt die schon fast verlorene Partie in ein Remis. Allerdings weigert er sich, am nächsten Tag gegen den Weltmeister anzutreten und muss erst von seinem österreichischen Landsmann, einem Nervenarzt, überredet werden. Diesem erzählt er unaufgefordert seine Lebensgeschichte.

Ab hier nehmen Spannung, Nervenkitzel, Beklemmung und Betroffenheit kontinuierlich zu.
Er, Dr. Bertram (Gerd Silberbauer), Anwalt einer bekannten Anwaltskanzlei in Wien, wurde von den Nazis in Einzelhaft genommen. Tisch, Bett, Stuhl und Ausblick auf ein vergittertes Fenster, ein unmenschlicher Wärter, der ihm das Essen bringt, aber kein Wort mit ihm sprechen darf und will, bringen ihn langsam aber sicher an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Er lenkt sich mit Rezitationen früher gelernter Gedichte ab, aber auch das hilft ihm nicht weiter. Fast ist er soweit, vor der Gestapo ein Geständnis abzulegen, da gelingt es ihm, aus dem Mantel des ihn verhörenden Gestapomannes ein Buch zu stehlen.

In freudiger Erwartung eines Gedichtsbandes oder eines spannenden Romans, öffnet er das Buch. Die Enttäuschung ist groß. Es ist die Beschreibung großer Schachpartien erfolgreicher Schachmeister. Nach und nach aber lernt er die Züge der einzelnen Spiele auswendig und spielt sie nach. Seine Decke wird zum Schachbrett, Brotkrumen zu Schachfiguren. Am Ende aber entdeckt der Wärter dieses Buch und nimmt es ihm weg. In seiner Verzweiflung weiß er nicht weiter, zwingt sich aber, alle Züge und Regeln und alle Partien im Kopf abzurufen und weiter zu spielen. Er erkennt aber die Schwierigkeit dieses Unterfanges, gegen sich selber zu spielen, sich selber zu besiegen.

Dr. Bertram spricht laut mit sich selber und steht am Rande des Wahnsinns. Er bekommt einen Nervenzusammenbruch und wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Die dortigen Ärzte helfen ihm und retten ihn vor dem Naziregime. Sie warnen ihn allerding davor, jemals wieder Schach zu spielen, weil die Erinnerung an die monatelange Isolationszeit zurück kehren und ihm großen Schaden zufügen könnte.

Am nächsten Tag stellt er sich der Partie mit dem Schachmeister und gewinnt. Entgegen der Warnung des Nervenarztes gibt er Czentovic Revanche. Der allerdings nutzt es aus, dass jeder 5 Minuten Zeit hat, bis er einen Schachzug ausgeführt haben muss. Dr. Bertram, der 4 bis 5 Züge im Voraus in Sekundenschnelle vor vollziehen kann, macht dies zunehmend nervöser. Der Schachweltmeister erkennt dieses Manko und macht es sich zunutze. Nach einigen Zügen verliert Dr. Bertram die Nerven und kann nur mit Mühe beruhigt werden. Er erkennt, in welche Gefahr er sich gebracht hat und bricht die Partie zugunsten Czentovics ab. - Ende -

Nach einigen Sekunden der Besinnung begann das Publikum zu applaudieren. Erst zaghaft, dann frenetisch, bis es am Ende zu stehen Ovationen kam. Dieses Stück ist an Eindringlichkeit kaum zu überbieten.

Dem Hauptdarsteller, Gerd Silberbauer, der 2/3 des Stückes in einer unglaublichen Glaubwürdigkeit und Intensität gespielt hat, war seine Erschöpfung am Ende anzusehen.
Solche Hingabe und Identifizierung für und mit einer Rolle findet man selten.

Alle Rollen waren in diesem Stück perfekt besetzt. Alle wirkten authentisch, selbst die kleinste Nebenrolle überzeugte das Publikum.

Informationenen:

Silberbauer studierte zunächst
Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Neben dem Studium jobbte er als Bühnenarbeiter und entschloss sich 1978 zu einer Schauspielausbildung an der Schauspielschule Zerboni in München. Es folgten erste Engagements am Württembergischen Staatstheater Stuttgart, am Berliner Schillertheater und am Düsseldorfer Schauspielhaus. 1985 kam Silberbauer schließlich an die Münchener Kammerspiele an der Maximilianstraße. Bis 1990 gehörte Silberbauer zum Ensemble des Bochumer Schauspielhauses.
Seit Anfang der 1990er-Jahre ist Silberbauer vermehrt im Fernsehen zu sehen, so etwa in SOKO 5113, Der Landarzt, Rosamunde Pilcher - Wechselspiel der Liebe, Drehkreuz Airport, Klinik unter Palmen oder in verschiedenen Episoden der Krimireihe Tatort. Seit 2007 ist er als Gerd Steiner in Alles außer Sex zu sehen. Des Weiteren spielte er vom 16. bis 19. Oktober 2007 den Golf-Profi Rainer Saremba in der Telenovela Sturm der Liebe. In der Kult-Serie SOKO 5113 wurde er 2008 der Nachfolger von Wilfried Klaus („Horst Schickl“). Außerdem spielt er in der Neuauflage von Der Bergdoktor eine durchgehende Rolle. 2010 spielte er in der Die Akte Golgatha. (Quelle: WIKIPEDIA)

Schachnovelle ist eine Novelle von Stefan Zweig, die er zwischen 1938 und 1941 im brasilianischen Exil schrieb. Es ist sein letztes und zugleich bekanntestes Werk.
Die Erstausgabe erschien am 7. Dezember 1942 in Buenos Aires in einer limitierten Auflage von 300 Exemplaren. In Europa wurde das Werk im Dezember 1943 im Stockholmer Exilverlag von Gottfried Bermann Fischer verlegt. 1944 erschien in New York die erste Übersetzung ins Englische. In Deutschland hat sich das Buch seit dem Erscheinen der Taschenbuchausgabe 1974 zu einem Dauerbestseller entwickelt. Mittlerweile wurden weit über 1,2 Millionen Exemplare verkauft. (Quelle: WIKIPEDIA)

Autor:

Ingrid Lenders aus Duisburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

6 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.