Würdevolle Übergabe des Mahnmals für die Opfer der Loveparade

Das Mahnmal für die Opfer der Loveparade
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Mahnmal für die Opfer der Loveparade übergeben

Rund 250 Duisburger waren am Sonntag 26. Juni zur Karl Lehr Straße nach Neudorf gekommen, als Duisburgs Altoberbürgermeister und Ehrenbürger Josef Krings um 12 Uhr im Namen der „Initiative Spendentrauermarsch“ das Mahnmal aus Anlass des Loveparade Unglücks den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt übergab.

Es war eine schlichte, würdevolle Feier. Den musikalischen Rahmen setzte mit “With a little help from your friends!” das Trio „Gospel Train“. Auch Künstler Gerhard Losemann, nach dessen Entwurf das Werk entstand, war anwesend. Im Anschluss an die Begrüßung von Hermann Kewitz, Vorsitzender proDUISBURG, mahnte Josef Krings dabei ein neues Denken - abseits des „Höher, Schneller, Weiter“ für Duisburg an.

(Die ausführlichen Reden sind unten zu finden!)

Das bürgerschaftliche Engagement für das Gedenkzeichen nach der Katastrophe am 24. Juli 2010 nannte er ein Beispiel für dieses neue Denken.

Das Mahnmal hat in einem Park nahe des Unglückstunnels an der Karl – Lehr – Straße seinen Platz. Geschaffen hat es der Duisburger Künstler Gerhard Losemann. Die Umsetzung der Skulptur mit 21 Vierkantrohren, die an die 21 Toten während der Loveparade in Duisburg erinnern, nahmen die Auszubildenden von ThyssenKrupp Steel Europe vor.

Das Mahnmal ist über sechs Meter lang, 3,50 Meter hoch und 10,5 Tonnen schwer. Eine Glasplatte an der Frontseite benennt die Namen der Menschen, die während der Massenpanik an der Rampe zum Loveparade Gelände ums Leben kamen.

In der Initiative Spendentrauermarsch engagierten sich der Stadtsportbund Duisburg, der Lions Club Duisburg - Rhenania, das Bürgerhaus Steinhof e.V. und die bürgerschaftliche Vereinigung proDUISBURG e.V.

Gemeinsam hatte man bereits am 1. August 2010 einen Trauermarsch organisiert und dabei insgesamt knapp 27.000 Euro an Spenden eingesammelt. Eine Ausschreibung lud Duisburger Künstler ein, sich mit einem Entwurf für das Mahnmal zu beteiligen.

Eine Jury mit Altoberbürgermeister Josef Krings als Vorsitzendem wählte schließlich das Werk des Duisburger Künstlers Gerhard Losemann aus.

Die Jury traf sich mehrfach in den Räumen des Stadtsportbundes in dem auch die Modelle der Künstler über Monate aufbewahrt wurden. Diese befinden sich zur Zeit in einer Ausstellung im Lehmbruck Museum. (siehe gesonderten Bericht!)

Die Realisierung des Siegerentwurfes gelang dank der Unterstützung zahlreicher Unternehmen, die ihre Hilfe freiwillig und kostenlos anboten.

In das Fundament war zuvor ein Edelstahlbehälter mit den Trauergaben, die im Tunnel abgelegt worden waren, eingebracht worden. Damit hatte auch der Glaskubus auf der benachbarten Seite des Parks seine Aufgabe erfüllt und konnte wenige Tage vor dem Aufbau des Mahnmals abtransportiert werden.

In seiner Begrüßung bedankte sich Hermann Kewitz, Vorsitzender von proDUISBURG e.V. bei den vielen Helfern und Spendern.

Zum Abschluss der Arbeit in der Initiative wird in den kommenden Wochen eine Dokumentation herausgeben.

Rede von Altoberbürgermeister Josef Krings:

„Wir stehen vor dem Mahnmal, das Duisburger Bürger errichten ließen. Gemeinsam mit den Angehörigen der Toten, der Verletzten erinnern wir uns an die Loveparade, die vor knapp einem Jahr stattfand. Wir alle meinen, dass der 24. Juli nicht vergessen werden darf.

Dieses Mahnmal bauten junge Auszubildende in der Werkstatt von ThyssenKrupp. Einige von ihnen erlebten selbst den bedrückenden Verlauf der Loveparade.

Gerd Losemann gab dem entsetzlichen Geschehen eine künstlerische Form. Thyssenstahl ist das wichtigste Bauelement seines Werkes. Die 21 Vierkantrohre sind ein hartes Material. Sie stehen sinnbildlich für 21 Tote.

Wir erkennen das Fallen, das Stürzen. Das Mahnmal zeigt uns, dass die Welt, in der wir leben, zerbrechlich ist. Stabilität ist eine Illusion. Auch das Harte zerbricht.

Wir brauchen die helfende Hand des Menschen. Wir brauchen ein neues Denken. Die große Zahl, die schnelle Zeit, der weiteste Sprung, das alles darf nicht das entscheidende Maß sein. Fortan sollten wir die Entscheider fragen:

Kannst du die Entscheidung verantworten? Bedenke sie noch einmal! Wir sollten uns das auch fragen. Ein deutliches „Nein“ gehört auch zu einem wachen politischen Verständnis. (Applaus!)

Ich erinnere mich an kein Ereignis in unserer Stadt, das Bürger so stark packte wie der Verlauf der Loveparade. Dieses Mahnmal erinnert an Entsetzliches. Aber es mahnt uns such zu einem neuen Denken. Bürger haben selbst über das Mahnmal entschieden. Sie bekommen Hilfe von vielen Mitbürgern. Das ist ein Beispiel für dieses neue Denken. Darauf können wir stolz sein. Zu einem neuen Selbstbewusstsein muss unsere Stadt zurückfinden.

In das Fundament des Mahnmals ist aufbewahrt, was Menschen an den Tatort brachten: Blumen, Kerzen, Texte. Was brachte Menschen zu diesen Zeichen der Verbundenheit und der Trauer? Auf der Stahlplatte steht eine Antwort:

,,Sie kamen, um zu feiern, und fanden den Tod!“

Icj möchte in dieser Stunde der Trauer und der Nachdenklichkeit die Opfer mit ihrem Namen ansprechen. Wir widmen das Mahnmal:

CLARA ZAPATER CAMINAL
B.-E. B.
KEVIN BÖTTCHER
JAN WILLEM VAN HELSDINGEN
MARINA HEUVING
ANNA KOZOK
ELMAR L.
FABIAN LORENZ
JIAN LIU
VANESSA MASSAAD
MARTA ACOSTA MENDOZA
GIULIA MINOLA
E. M.
CHRISTIAN MÜLLER
SVENJA REISSAUS
CLANCIEE ELIZABETH RIDLEY
MARIE ANJELINA SABLATNIG
FENJA SIEBENLIST
DENNIS STOBBE
KATHINKA TAIRI
LIDIA ZAFIROVSKI

Während Josef Krings die Namen der Opfer verlas, legten die Vertreter der Initiative und Angehörige für jeden Toten eine rote Baccara Rose am Mahnmal ab. Im Anschluss an die bürgerschaftliche Veranstaltung wurde durch Bürgermeister Benno Lensdorf und Peter Wende vom Referat für Repräsentation und Internationale Beziehungen im Dezernat des Oberbürgermeisters offiziell ein Kranz der Stadt Duisburg am Mahnmal niedergelegt.

Die Rede von Hermann Kewitz:

„Sehr geehrte Angehörige! Sehr geehrter Herr Altoberbürgermeister Josef Krings! Sehr geehrter Herr Burgermeister Benno Lensdorf! Sehr geehrte Frau Grillo als Sprecherin des Bürgerkreises Gedenken und sehr geehrter Herr Janssen, als Sprecher des Bürgerkreises und Kulturdezernent der Stadt Duisburg! Liebe Mitbürgerinnen und Bürger!

Ich begrüße Sie alle hier am heutigen Sonntag. Wir wollen das Mahnmal aus Anlass des Loveparade Unglücks an die Bürger übergeben. Ich darf dies im Namen der Initiative Spendentrauermarsch tun.

Der Stadtsportbund mit seinem Vorsitzenden Franz Hering, der Lions Club Duisburg - Rhenania mit seinem Mitglied Jörg Bunert - der auch die Idee zu dieser Initiative hatte - , das Bürgerhaus Steinhof mit seinem Geschäftsführer Arno Eich und die 1910 gegründete bürgerschaftliche Vereinigung proDuisburg, deren Vorsitzender ich sein darf, sie alle arbeiteten hier eng zusammen.

Gemeinsam haben wir die Idee und die Verwirklichung dieses Mahnmals buchstäblich auf den Weg gebracht. Der Spendentrauermarsch am 1. August 2010, an dem sich viele hundert Duisburger beteiligten, wollte ein Zeichen setzen:

ein Zeichen der Trauer, ein Zeichen des Mitfühlens und ein Zeichen des dauerhaften Erinnerns und Mahnens.

So viel Leid, so großes Unglück kam am 24. Juli 2010 über so viele Familien. Es geschah hier in Duisburg, hier bei uns. Und deshalb war es an uns, als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, ein solches Zeichen zu setzen.

Und wahrlich, die Duisburger haben Initiative ergriffen und sich von unserer Initiative ergreifen zu lassen. Mehr als 26.000 Euro kamen an Spenden zusammen. Viele Einzelbeträge durften wir entgegennehmen.

Dieser Einsatz, dieser Gedanke wirkte weiter. Zahlreiche Unternehmen unterstützten uns. Ohne lange zu fragen, ohne auf den eigenen Vorteil zu schauen. Vielmehr aus dem Bedürfnis, mithelfen zu wollen, mit ihrem Können ihren Beitrag zu leisten.

ThyssenKrupp Steel Europe hat uns gebeten, mit seinen Auszubildenden den Entwurf in die Tat umsetzen zu dürfen. Und das ist nur ein Beispiel.

Von weiteren wunderbaren Momenten dieser Zusammenarbeit will ich berichten:

Das Rheinhauser Unternehmen AVG ist an uns herangetreten, um den Beton für das Fundament zu stiften. Und es hat auch gleich eine benachbarte Bauunternehmung gefragt, auf dass es die notwenigen Ausschachtung übernimmt.

Die Firma Bracht hat den Schwerlastkran gestellt. Sie wollte auch den Transport leisten. Doch das Mahnmal wurde etwas größer, als ursprünglich geplant. Ein größerer LKW musste her. So also bat man ein befreundetes Unternehmen aus Dinslaken um Hilfe. Wir als Organisatoren haben von Problem und Lösung erst im Nachhinein erfahren.

Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, die uns am 1 . August begleiteten, habe ich später bei anderer Gelegenheit immer wieder getroffen. Und oft haben Sie gefragt: „Wie weit seid ihr? Klappt auch alles?“ Unser Anliegen war zu ihrem Anliegen geworden.

Diese Unterstützung so vieler Bürgerinnen und Bürger bewegt mich tief. Weit über 300 Duisburgerinnen und Duisburger beteiligten sich.

Die Liste der Menschen, denen ich danken möchte ist lang - auf gute Weise zu lang, um alle namentlich zu nennen.

Besonders erwähnen möchte ich gleichwohl den Duisburger Künstler Gerhard Losemann. Nach seinem Entwurf entstand dieses Mahnmal. Mehr noch, er begleitete mit hohem Engagement auch seine Verwirklichung. Mein Dank gilt allen Künstlern, die sich mit ihren Vorschlägen an unserer Ausschreibung beteiligten.

Vor allem aber gilt mein Dank der Jury, die aus 38 Vorschlägen einen Entwurf auswählte. Eine Vertreterin der Angehörigen und ein Vertreter aus der Gruppe der Verletzten arbeiteten in der Jury mit. Wer mag ahnen, wie viel Kraft dies verlangt hat? Denn es war kein Auftrag ohne Widernisse.

Und such das ist etwas, das für mich von Wert bleibt. Wie die Jury selbst in schwierigsten Momenten Zusammenhalt bewies, sich zur Initiative und der guten Idee bekannte, das wärmte die Seele.

Ausdrücklich erwähnen möchte ich auch die Frauen und Männer aus dem Kulturbüro der Stadt Duisburg. Sie haben uns, was den bürokratischen Teil, den ein solches Projekt verlangt, den Rücken frei gehalten. Wohlwollend, mitdenkend, mithelfend.

Es hat gut getan und es war wichtig dies von den Mitarbeitern der Stadt Duisburg so wahrnehmen zu dürfen. Der Rat der Stadt hat unseren Vorschlag für den Bau des Mahnmals einstimmig zugestimmt.

Ein besonderes Wort möchte ich an Arno Eich richten, der für uns den Kontakt mit den Angehörigen gehalten hat. Das war kein leichter Dienst. Umso mehr ein notwendiger, denn es ist uns ein Anliegen, dass Sie, die Angehörigen der 21 Menschen, die hier zu Tode kamen und die vielen Verletzten diese Zeichen aus unserer Stadt wahrnehmen und annehmen.

Es soll unser Mahnmal sein - in übergreifendem Sinne des Wortes!

Ihrem Wunsch entsprechend übergeben wir es an die Bürger vier Wochen vor dem Jahrestag.

Namentlich nennen möchte ich auch Georg Stahlschmidt, den Geschäftsführer von proDuisburg und Uwe Busch mit seiner Mannschaft vom Stadtsportbund. Sie haben jedes Detail der Realisierung im Blick behalten und den Baufortschritt begleitet.

Und es waren unvorstellbar viele Kleinigkeiten zu beachten. Euer Einsatz gibt Beispiel für die Ausdauer und das nicht nachlassende Gefühl der Verpflichtung, das gegebene Versprechen zu halten.

Alle diese Bürgerinnen und Bürger verleihen unserem Mahnmal mehr Wert, als es sich in Materialkosten und Arbeitsstunden ausdrücken lässt. Sie alle geben unserer Stadt Mut und Zuversicht, dass Notwendiges ohne Lärm und Eitelkeit getan wird, wenn wir es gemeinsam angehen.

Sie alle repräsentieren einen bedeutenden Teil der Würde unserer Stadt. Im Augenblick der Not, der Bedrängnis und des Leids sich nicht wegzuducken, sondern aufrecht Anteil zu nehmen, Einsatz zu zeigen. Das ist, was uns ausmacht. Wer nach dem positivem Bild von Duisburg sucht, hier kann er es finden.

Wir können die Ereignisse des 24. Juli 2010 nicht wieder gutmachen. Aber, wir können das, was jetzt zu tun ist, gut machen. Das haben wir versucht.

Denn nichts weniger waren und sind wir den Menschen schuldig.

Den Menschen, die wir als Gäste zu uns eingeladen hatten!
Den Menschen, die ihre Lieben in der Erwartung glücklicher Heimkehr zu der großen Party in Duisburg verabschiedeten.

Ich kann nur hoffen, dass wir für diese Verpflichtung ein Zeichen gesetzt haben.
Dass Sie in diesem Zeichen unser Mitfühlen erkennen und vielleicht ein Stück Trost finden.

“With a little help from your friends!”

Dafür haben wir uns auf den Weg gemacht.

Ich darf nun Duisburgs Altoberbürgermeister und Ehrenbürger Josef Krings bitten, die offizielle Übergabe vorzunehmen. Josef Krings war Vorsitzender unserer Jury und hat auch die Rede beim Spendentrauermarsch am 1. August gehalten. Er hat uns als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt eine Stimme gegeben. Er hat dies ganz selbstverständlich getan und vielen Menschen aus der Seele gesprochen. Ich danke ihm für die Bereitschaft, auch heute zu uns hier zu sprechen.

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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