„Duisburg 1933–1945“ - Dokumentarfilm zeigt „1000 Jahre“ Duisburger Geschichte

Anfang des National Sozialismus in Duisburg
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  • hochgeladen von Harald Molder

Das „1000 jährige Reich“, daß in der Realität nur 12 Jahre von 1933 bis 1945 dauerte, wird in einem beeindruckenden Dokumentarfilm geschildert, der jetzt im FILMFORUM seine Premiere feierte.

Diesen Film hat der Düsseldorfer Geschichtsprofessor Prof. Dr. Volker Ackermann und die Filmproduktion „dembach mediaworks“ aus Krefeld realisiert.

„Jede Stadt hat ihre eigene Geschichte. Die Menschen, die dort leben, können uns ihre Erinnerungen erzählen, die so weder in Büchern noch in Akten stehen“, erklärt Ackermann seine Motivation. „Durch den lokalen Bezug und das Medium DVD wollen wir auch diejenigen erreichen, die sich normalerweise weniger mit Geschichte beschäftigen.“

Die Firma dembach mediaworks stammt ursprünglich selbst aus Duisburg. Gegründet wurde sie 1986 in Duisburg Rumeln - Kaldenhausen. Mit den detailliert recherchierten Geschichtsdokumentationen beschäftigt sich Inhaber Rudolf Dembach seit 2001 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Autoren, u.a. Prof. Dr. Volker Ackermann.

Besonders stolz ist auch Jörg Kaiser, Mitarbeiter der „dembach mediaworks“ seit 1998. Er ist selbst in Duisburg geboren, hat besonders viel Zeit und Arbeit in die Erstellung des Konzeptes gesteckt und den gesamten Schnitt übernommen.

19 Zeitzeugen berichten von ihren Erlebnissen in der Zeit des National Sozialismus und im 2. Weltkrieg. Bekannte Namen wie Heimatdichterin Marianne Intveen – Lindner, Alt-Bürgermeister Heinz Pletziger, Fritz und Aenne Elsposch, um nur einige zu nennen, kommen in dem Film „Duisburg 1933–1945“, der an bereits erschienene Filme über die Städte Krefeld, Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Gelsenkirchen anschleißt, zu Wort, aber auch viele andere Zeitzeugen, die über diese bewegte Epoche der Stadtgeschichte berichten. Viele waren natürlich auch als Gäste zur höchst bewegenden Uraufführung gekommen und sahen sich erstmals selber auf der Leinwand.

Mit rund 90 Minuten ist der Film zwar lang, aber nicht langweilig. Bewegende Schilderungen derjenigen „die dabei waren“ wechseln sich ab mit beeindruckenden Fotos aus der Zeit und machen neugierig auf das was da als „Neues von Gestern“ berichtet wird.

Auch ist diese nicht zu vergleichen mit den bekannten Duisburg-Filmen von Kai Gottlob, der das im Stadtarchiv und darüber hinaus vorhandene Filmmaterial aus Duisburg der Jahre zwischen 1914 und 1966 gekonnt zusammenfasste.

Zudem geben Dr. Hans Georg Kraume und Dr. Michael Kanther vom Stadtarchiv Duisburg noch zusätzliche fundierte Informationen.

Dank sprach Prof. Ackermann auch an drei Duisburger aus, die bei der Realisierung des Films geholfen haben: Harald Molder (Luftkriegshistoriker und Vorsitzender ZEITZEUGENBÖRSE DUISBURG), Wolfgang Esch (Volkshochschule Duisburg) und Wolfgang Scharf für seine Literaturtipps.

Jörg Kaiser, Mediengestalter Bild und Ton der Firma „dembach mediaworks“ verdeutlicht noch einmal, daß man aus 8 Stunden Film Rohmaterial 90 Minuten zusammengefasst hat, was nicht immer einfach war. Doch es ist in dem Film eine gesunde Mischung entstanden aus Zeitzeugenberichten, z.T. bislang unveröffentlichten Bilddokumenten, die durch die Einordnung in den Kontext der Gesamtgeschichte jener Jahre und die Informationen des Duisburger Stadtarchivs ein beeindruckendes Dokument Duisburger Stadtgeschichte darstellt.

Und es ist schon etwas Anderes, wenn die Menschen, die die Jahre des National Sozialismus und die leidvollen Kriegsjahre miterlebt haben, darüber berichten, anstatt hiervon nur in Büchern zu lesen. Hinzu kommen die Bezüge zur eigenen Stadt, die die Geschichte in greifbare Nähe rücken. Und nur diese können aus ihrer Erinnerung die für die Nachgeborenen oft unverständlichen Einstellungen zum damaligen Regime erzählen.

Und niemand kann sich ein Urteil erlauben, der eine solche Situation nicht selbst erlebt hat. Waren die Zeitzeugen, die Jahrgänge 1919 – 1936 sind vertreten, damals noch Jugendliche und junge Erwachsene.

Da wird realistisch darüber berichtet, wie man bereits in der Schule oder in der Hitlerjugend auf die Nazi Ideologie gedrillt wurde, und dieses ohne die so oft geforderte „political correctnes“ zu erfüllen. Dieses würde der Intention eines solchen Filmes auch nicht gerecht.

Chronologisch berichtet der Film von allen relevanten Ereignissen und ihre Auswirkungen auf und in Duisburg. Man erfährt über die hohe Arbeitslosigkeit zu Beginn der 30er Jahre, die den NAZIS und ihren Versprechungen noch vor der Machtübernahme die Wähler zutrieb. Man hört von Straßen und Saalschlachten und der brutalen Ermordung der vier Duisburger Gewerkschafter.

Fehlen dürfen auch nicht die Zeitzeugen Erinnerungen an den Sitz des Duisburger Widerstandes in der Hamborner Brotfabrik Germania. Ein Zeitzeuge erinnert an den Brotfahrer August Kordass, der nicht nur Brot ausfuhr sondern Flugblätter an Haushalte verteilte.

Beklemmend die Erzählungen zur Verfolgung der Duisburger Juden von den Übergriffen nach der Machtübernahme über die „Arisierung“ des Kaufhauses Arlsberg durch Helmut Horten bis zur „Reichspogromnacht“ und deren Auswirkungen.

Das man als unbedarftes 6 jähriges Kind den Brand einer Kirche, nämlich der Pauluskirche, mit ganz anderen Augen sieht, als ein Erwachsener, zeigen die Erinnerungen von Alt Bürgermeister Heinz Pletziger, der diese als „schön anzusehende Fackel“ bezeichnet.

Wichtig ist es aus Sicht des Historikers, das man endlich auch einmal etwas über das Leid und Elend der Menschen bei der Zerstörung Duisburgs hört. Eindrucksvoll zeigt Prof. Ackermann dieses durch Filmausschnitte von der Bombardierung der Stadt und Aufnahmen der Zerstörungen. Beeindruckend auch die Schilderungen der damaligen „Kindsoldaten“, die als 14jährige als Flakhelfer bereits im Militärdienst standen und sich über jeden Abschuss Ring auf dem Rohr des Flakgeschützes freuten, und dieses obwohl in jeder Maschine 7 Menschen ums Leben kamen.

Das eine Zeitzeugen Dokumentation auch kein Bericht sein kann, der eine bestimmte Ideologie verfolgt oder Menschen für ihr Handeln in der Vergangenheit anprangert ist ebenso wichtig. Hier wurde ohne irgendeine politische Zielrichtung gearbeitet und es kommen Menschen zu Wort.

Und für die heutige Generation ist es leicht, sich darüber zu wundern, warum sich damals 6 – 13 jährige Kinder nicht gefragt haben, was nach der Pogromnacht 1938 und in den Kriegsjahren aus ihren jüdischen Nachbarn geworden ist. Die Antwort liefern die Zeitzeugen. Sie haben halt lieber Bombensplitter gesammelt und sind als „in die Zeit Hineingeborene“ lieber zum Samstag Appell in der HJ gegangen, „weil wir dann nicht in die Schule mussten“.

Und als junger Mensch, der mit Nazi Ideologien aufgewachsen und erzogen wurde, waren die Paraden und Aufmärsche eben genauso begeisterungsfähig, wie für den Nachkriegsgeborenen der Besuch eines Rock Konzertes. Daran erinnert man sich halt sein Leben lang, auch, wenn die Aufdeckung des „Holocaust“ einem nach den Kriegsjahren die Augen über die „Shoah“ geöffnet hat. Erinnerungen kann man nicht verdrängen und diese sollten auch nicht verdrängt werden.

Und dann hat man „damals“ die Befreiung Duisburgs durch die Amerikaner auch nicht als solche empfunden sondern einfach gedacht hat „wir haben den Krieg verloren“.

Ideologisch besetzte Informationen zur Stadtgeschichte gibt es zuhauf. Die Dokumentation „Duisburg 1933 - 1945“ unterscheidet sich hiervon und lässt Menschen zu Worte kommen, die das Berichtete so erlebt haben und wertneutral berichten. Sie wird im Buchhandel als DVD angeboten (Preis: 19,90 Euro). Eine lohnende Ausgabe!

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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