Umstrukturierung der Jugendhilfe: Dorthin, wo sie gebraucht wird - in den Norden

Das Kinderspielhaus Kalle in Karnap soll weichen und Platz für neue Angebote schaffen. Foto: Gohl
  • Das Kinderspielhaus Kalle in Karnap soll weichen und Platz für neue Angebote schaffen. Foto: Gohl
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Die Kinder- und Jugendarbeit wird neu ausgerichtet: Die Jugendhilfe reagiert auf die jüngsten Entwicklungen und will sich fortan stärker auf „benachteiligte Sozialräume“ konzentrieren. Gleichzeitig schließen zwei Einrichtungen in Altenessen und Karnap. Dies sei jedoch kein Widerspruch, betonen die Verantwortlichen.

Mehrere Faktoren liegen der Neuausrichtung zugrunde. So weist der aktuelle Bildungsbericht auf die „Zunahme sozialer Problemlagen“ hin – und meint damit nicht nur die Entwicklungen rund um den Bahnhof Altenessen. Gleichzeitig berücksichtigt die Jugendhilfe die Ergebnisse einer Befragung aus dem Jugendbericht 2008. Hier äußerten Kinder und Jugendliche mehrfach den Wunsch nach flexibleren Öffnungszeiten in den einzelnen Jugendhäuser – und das auch am Wochenende.

Nach einer einjährigen Beratungsphase liegt nun das neue Konzept vor. „Es wurde von unseren Mitarbeitern in den Einrichtungen erarbeitet. Sie wissen, wo Bedarf besteht“, berichtet Jochen Drewitz, Geschäftsführer der Jugendhilfe. Und der ist nördlich der A 40 bekanntlich größer als im Süden.

Allerdings muss die Jugendhilfe mit gleichbleibenden Mitteln auskommen.
Rund 3,6 Millionen, so Jochen Drewitz, stünden der Jugendhilfe jährlich zur Verfügung.

So werden die Südbezirke II/VII/IX künftig als eine Einheit behandelt, die außerschulischen Angebote sowie die mobile Arbeit in benachteiligten Stadtteilen dagegen verstärkt. „Wir werden unsere Kräfte verlagern und zentralisieren“, ergänzt Arndt Wrona, Fachbereichsleiter der Kinder- und Jungendarbeit. Heißt in der Praxis: Drei Jugendeinrichtungen schließen, darunter die Räumlichkeiten in der Neuessener Schule in Altenessen und das Kinderspielhaus Kalle in Karnap. „Für die direkte Nachbarschaft ist das sicherlich ein Verlust“, räumt Wrona ein. Allerdings hätten die extreme Randlage (Kalle) bzw. die Enge der Räumlichkeiten (Neuessener Schule) die Einrichtungen entbehrlich gemacht. Der Fachbereichsleiter verweist zudem auf die Jugendhäuser JuCaKa in Karnap (VKJ) und JUAN (ev. Kirche) in Altenessen-Nord. Diese seien fußläufig von den jetzigen Jugendhilfe-Standorten aus zu erreichen.

Zudem würden diese Angebote nicht ersatzlos gestrichen, sondern an einem neuen Standort, der weit weniger erschlossen ist, weitergeführt: In Altenessen-Süd nämlich. Wo genau die neue Jugendeinrichtung entstehen soll, möchte Jochen Drewitz zum jetzigen Stand der Verhandlungen nicht verraten. Nur so viel: „Wir haben ein, zwei Objekte im Auge.“

Zweieinhalb Planstellen werden so in Altenessen zusätzlich besetzt. Während die verbleibenden Einrichtungen im Stadtgebiet gestärkt werden (mit zusätzlichen Öffnungszeiten etc.), werden durch Mieteinsparungen und entfallende Praktikantenstellen neue Ressourcen für die mobile Arbeit frei. 18 Mitarbeiter sind künftig dort vor Ort, wo sie gebraucht werden. „Ein Vorbote dieser Entwicklung“ ist der aufsuchende Sozialarbeiter, der seit dem 1. Mai in Altenessen unterwegs ist. Nach einem Quartal kann Wrona ein positives Fazit ziehen: „Der Kollege ist voll akzeptiert, er spricht die Sprache der Jugendlichen“.

Erste Früchte der aufsuchenden Arbeit: Nach den Sommerferien gehen zwei neue Projekte an den Start. Bei den Fair Fighters werden auf Carl respektvoll die Boxhandschuhe geschwungen, Mitternachtsfußball gibt es in der Fußballhalle an der Heßlerstraße.

Kommentar: Soziale Mathematik

Die Jugend im Norden stärken, aber gleichzeitig werden hier zwei Einrichtungen der Jugendhilfe geschlossen - auf den ersten Blick eine krude Rechnung. Tatsächlich bleiben die vornehmlich auf (Grundschul-)Kinder ausgerichteten Angebote aus Karnap (Kinderspielhaus Kalle) und Altenessen-Nord (Neuessener Schule) erhalten. „Allerdings an einem anderen Standort“, wie Kritiker und Anwohner anmerken dürften. Tatsächlich wurde der Bedarf von den Mitarbeitern an der Basis und nicht abstrakt vom Schreibtisch in der Geschäftsführung aus ermittelt. Unter welchen Vorgaben, das bleibt zwar offen. Bei näherer Betrachtung scheint die Rechnung doch plausibel. Arbeitsplätze sind nicht in Gefahr, im Norden wurden zusätzliche Stellen geschaffen. Ob sie nachher auch ohne Rest aufgeht, wird sich zeigen.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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