Am 17. April 1945 endete auch in Werden der Zweite Weltkrieg
Erbitterter Kampf um die Brücke

Postkartenidyll Ende der 30er Jahre: Zum Kriegsende lag die Werdener Brücke unter Dauerbeschuss. 
Repro: Henschke
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  • Postkartenidyll Ende der 30er Jahre: Zum Kriegsende lag die Werdener Brücke unter Dauerbeschuss.
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Die ersten Amerikaner kamen zu Fuß, ihre Panzer hinterher. Sie wurden mit weißen Fahnen begrüßt. Am 17. April 1945 war auch in Werden der Zweite Weltkrieg zu Ende.

Die letzten Kriegsmonate hatten das Abteistädtchen gezeichnet. Während Essen schon komplett eingenommen war, bereiteten sich in Werden und Schuir versprengte Kampfeinheiten aus Volkssturm und Hitlerjungen auf eine erbitterte Verteidigung der Brücke vor. Geschütze standen oben auf dem Pastoratsberg, an Haus Hohenstein und am Gymnasium.

Übereifrige Hitlerjungen

Aus der Pyrophorfabrik wurde mit einem Maschinengewehr geschossen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Da dort noch eine Tonne Zündsteinen lagerte, wurden die Fabrik und umliegende Häuser restlos zerstört. Übereifrige Hitlerjungen hatten die Turmuhr der Evangelischen Kirche ausgebaut und dort ein Maschinengewehr postiert. Doch einige besonnene Erwachsene holten die fanatisierten Kinder da bald wieder runter. Die Amerikaner warfen Flugblätter über Werden ab, die dazu aufforderten, den Widerstand aufzugeben. Sonst werde Werden zerstört. Vor dem Milchgeschäft Hüls in der Grafenstraße schlug eine amerikanische Granate in die wartende Kundenschlange ein. Es starb mehr als ein Dutzend Menschen. Die Brücken in Kettwig und Kupferdreh waren schon zerstört, die leicht beschädigte in Werden stand noch, aber unter ihr hatte man auch schon Bomben angebracht. Der für die Sprengung zuständige Oberst der Wehrmacht wurde davon überzeugt, dass ein Erhalt für die Versorgung der Bevölkerung überlebenswichtig sei. Der Weg war versperrt durch Barrikaden aus Schulbänken und einem umgestürzten Möbelwagen. Auf der Werdener Seite sollten zusätzlich Betonblöcke die Panzer stoppen. Doch die Blöcke waren zu schwer und krachten durch die Brücke.

Schlimmeres verhindert

Am 16. April stand plötzlich ein Jeep mitten in Werden, mit amerikanischem Major und dessem Fahrer. Da kam Auke Loos ins Spiel. In jedem Gespräch mit Zeitzeugen wird sein Name geradezu ehrfürchtig genannt: „Er ist über die Brücke den Amis entgegen, hat mit ihnen verhandelt und Werden gerettet.“ Loos war Niederländer. Der Geschäftsführer der Kapokfabrik war ein Menschenfreund. Einer, der sich auch in der Nazizeit was traute. Der jüdischen Mitmenschen half, zum Beispiel der Familie Simon. Dieser mutige Mann war nun auserkoren, für seine Werdener das Schlimmste zu verhindern. Der damals 40-Jährige wollte dem amerikanischen Kommandanten am anderen Ruhrufer klarmachen, dass alle Soldaten geflohen waren und eine vielleicht Handvoll Hitlerjungen keine Gefahr mehr darstellten. Loos wurde mit zwei weiteren Werdenern verhaftet und begleitete die beiden Amerikaner über die Brücke, kletterte mit ihnen durch die Barrikaden. Dabei wurde Offizier und Chauffeur getroffen. Die tödlichen Schüsse kamen wohl aus dem Gymnasium. Loos überstand den Beschuss und überzeugte den wütenden US-Kommandanten davon, keine Flugzeuge anzufordern, die Werden in Schutt und Asche gebombt hätten. Auke Loos wollte hinterher nie so recht sprechen über diesen entscheidenden Moment. Doch die Werdener wussten genau, was sie ihm zu verdanken hatten.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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