Schauspiel in der Schule
"Nun sag, wie hast du's mit dem Theater?": Das artEnsemble Theater führte in der Alfred-Krupp Schule in Essen-West Goethes Faust für die Oberstufe auf

Die Distanz zwischen zwei Menschen durch ihr eigenes Gefühlsleben ist ein eindrückliches Thema dieser Faust-Inszenierung. | Foto: Nils Krüger
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  • Die Distanz zwischen zwei Menschen durch ihr eigenes Gefühlsleben ist ein eindrückliches Thema dieser Faust-Inszenierung.
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Viele Schüler in der Oberstufe lesen den Faust. Doch wenige bekommen die Möglichkeit eine Theater Inszenierung direkt an ihrer Schule zu sehen. Die Oberstufe der Alfred-Krupp Schule konnte nun dem Stoff in der eigenen Aula näher kommen, wie es gedacht ist: auf der Bühne.

Goethes deutschsprachiges Theaterstück par excellence dreht sich viel um die Existenzängste des gleichnamigen Protagonisten Doktor Faust. Der schon betagte Intellektuelle verzweifelt hauptsächlich an der Unzulänglichkeit seiner Welterkenntnis. Sein abstraktes Problem dürfte vor allem in einer Welt des Studierzimmers an den Tag treten.
Doch dieses Problem wird auch an alltägliche Erfahrungen gebunden. Denn Faust ist auch die Gretchenfrage. Und Gretchen ist die große dichterische Erfindung von Goethe, die seinen Faust prägt. Das artEnsemble Theater greift diesen Fokus auf Gretchen in ihrer Inszenierung auf. Mit einer Einarbeitung der Dokumente um den Kindsmordprozess der Susanna Margaretha Brandt, die Goethe die Inspiration für seine Figur gab, wurde den Schülern der Alfred-Krupp Schule in Holsterhausen eine Fassung präsentiert, die die Themen des Fausts auch für die heutige Welt nachvollziehbar darstellt. Dabei wird kein Abstand von Goethes Originaltext und Sprachstil genommen. Gespielt mit eindrucksvollen Rollenwechseln der zwei Schauspieler Jürgen Larys und Susanne Hocke erscheint eine auf die Beziehungen der Figuren reduzierte Fassung, die die unterschiedlichen Charakterzüge in uns allen verdeutlicht. "Wir sind nicht alle nur Engel oder nur Teufel", resümiert Jürgen Larys.
Die Schüler dankten es den beiden Schauspielern nach der 90 minütigen Vorstellung mit lautem Beifall und Jubel. Und die Begeisterung wurde von Jürgen Larys erwidert. "Ihr wart unglaublich diszipliniert und leise. Ein großes Kompliment an euch."

Möglichkeit zum Nachfragen

In einer Nachbesprechung des Stücks zeigte sich das Interesse der Schüler an den Details der Dramaturgie und Inszenierung des Stücks. Sie sprachen mit den Darstellern über die Wahl der Szenen, die Besetzung aus zwei Schauspielern und den heutigen Bezügen des Stoffs. Auf diese Weise hatten die Oberstufen-Schüler die Möglichkeit sich noch tiefer mit dem Theater und Faust auseinanderzusetzen.
Dabei gingen die Fragen bis zu den scheinbar kleinsten Entscheidungen, die das Theater prägen. "Warum trägt Mephistopheles weiß?", fragte eine Schülerin mit Blick auf die symbolischen Charakterisierungen des Schauspiels. Für Darstellerin Susanne Hocke eine zentrale Wahl, die sie von Tag zu Tag mit anderen Assoziationen verbinden würde. "So habe ich mir das Böse vorgestellt", sagt sie den Schülern. Ihre Vorstellungen kreisten um weiße Fliesen in einem Schlachtbetrieb, in dem das Blut einfach abgewaschen werden kann.
Jürgen Larys weist in diesem Rahmen auf die weitreichenden Konsequenzen von Goethes Faust hin. Es geht nicht nur um einen Stoff, der bis ins Mittelalter zurückreicht. Ihm zufolge können Jugendliche auch in den Tagen von "Fridays for Future" interessante Gedanken in dem über 200 Jahre altem Stück finden.

Nicht nur Profis, sondern auch Schüler

Doch nicht nur die Inhalte der Inszenierung fielen auf. Was wäre Theater ohne die passende Beleuchtung? Und damit das funktionierte, packte die Aula AG der Alfred-Krupp Schule mit an. Marie-Sena, Ilva, Alexander und Mehmet-Emin ließen die beiden Schauspieler immer im richtigen Licht dastehen. Und dabei standen sie nicht im Schatten eines Profis. Seit zwei Jahren unterstützt die AG die Veranstaltungen an der Schule mit technischer Finesse. Und beim Faust war dazu sogar nur eine einzige Probe nötig. "Das hat super geklappt", bedankte sich das Ensemble.
Bei diesem Einsatz und Interesse der Schüler lässt sich die im Titel gestellte "Gretchenfrage" ganz klar beantworten.

Autor:

Nils Krüger aus Essen-Süd

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