Lokalkompass-Interview mit Prof. Dr. Tienush Rassaf
Herzinfarkt: Jede Minute zählt

Die schnelle Wiedereröffnung des verschlossenen Herzgefäßes erfolgt im Herzkatheterlabor. | Foto: Universitätsmedizin Essen
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Ein Herzinfarkt ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die sofort behandelt werden muss - auch in Zeiten von Corona. Nähere Informationen unter anderem zur Behandlung sowie Vorsorge gibt Prof. Dr. Tienush Rassaf, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Essen im exklusiven Stadtspiegel-Interview. Er macht dabei deutlich, wie wichtig schnelle Hilfe ist: Jede Minute zählt.

Was passiert bei einem Herzinfarkt?
Ein Herzinfarkt ist ein lebensbedrohliches Ereignis. Durch Einreißen bzw. Lösen einer Gefäßablagerung, der sogenannten Plaque, kommt es zu einem Verschluss einer Arterie, die das Herz versorgt. Der Verschluss führt dazu, dass das nachfolgende Herzgewebe nicht mehr mit Blut versorgt werden kann. Hierdurch können der lebensnotwendige Sauerstoff und die Nährstoffe nicht mehr zum Herzen gelangen. Dadurch sterben Herzmuskelzellen ab: Dies nennt man Herzinfarkt. Je nachdem an welcher Stelle des Gefäßes der Verschluss ist und wie lange es dauert, bis dieses verschlossene Gefäß wieder eröffnet wird, hängt dann das Ausmaß und die Größe des Herzinfarktes ab.

Welche Symptome treten auf?
Wir unterscheiden typische von nicht-typischen Symptomen. Typische Beschwerden sind der klassische Vernichtungsschmerz in der Brust mit Ausstrahlung in den Arm. Nun ist es aber so, dass insbesondere Frauen, ältere Menschen und Patienten mit Diabetes eher nicht-typische Symptome aufweisen. Hierzu zählen Ziehen in den Kiefer, Bauchbereich oder Rücken, Kaltschweißigkeit, Übelkeit, Luftprobleme. Die Beschwerden können ganz verschieden sein. Wichtig, dass man alarmiert ist, wenn solche Beschwerden neu auftreten. Hier sollte man an einen Infarkt denken und großzügig die 112 anrufen.

Wie sieht die Behandlung des Herzinfarkts aus?
Die schnelle und erfolgreiche Wiedereröffnung des verschlossenen Herzgefäßes ist die optimale Therapie. Hierzu wird der Patient in ein Herzkatheterlabor gebracht. Mit Hilfe eines Zugangs über die Leisten- oder Armarterie wird ein sogenannter Katheter unter Röntgenkontrolle bis in das Herz vorgeführt. Mit speziellen Drähten und Ballons kann der Kardiologe dann die verschlossene Stelle wiedereröffnen. Meist wird dann an der ursprünglichen Verschlussstelle noch ein Stent implantiert. Das ist eine Gefäßstütze, die wie ein Lockenwickler, nur kleiner, aussieht. Danach muss der Patient bestimmte Medikamente einnehmen, damit der Stent offen bleibt und ein erneuter Herzinfarkt verhindert werden kann.

Was kann man vorbeugend tun, um einen (weiteren) Herzinfarkt zu verhindern?
Vorsorge ist immer besser. Es gibt Risikofaktoren die wir beeinflussen können und welche, die wir nicht beeinflussen können. Zum Beispiel haben wir keinen Einfluss auf unser Alter und unsere Genetik. Aber wir können ansonsten sehr viel tun: nicht rauchen oder mit dem Rauchen aufhören, Bluthochdruck einstellen sowie erhöhte Blutfettwerte behandeln lassen. Außerdem fünf bis sieben Mal in der Woche für 30 bis 60 Minuten Laufen, Schwimmen oder Radfahren. Zu empfehlen ist zudem eine gesunde Ernährung mit weniger Fleisch, fettarmen Milchprodukte, wöchentlich zweimal Fisch sowie Vollkornprodukten.

Welche Auswirkungen der Corona-Epidemie spüren Sie?
Wir sehen, dass die Patienten zum Teil Angst haben, mit ihren Herzbeschwerden in die Kliniken zu gehen. Bei uns im Universitätsklinikum Essen sehen wir aktuell rund 50 Prozent weniger Patienten mit Herzinfarkten. Die Patienten befürchten, dass sie in den Kliniken eventuell nicht behandelt werden oder, dass sie sich im Krankenhaus anstecken könnten. Das ist nicht so. Ein Herzinfarkt ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Er muss immer schnell behandelt werden. Hier geht es um jede Minute. Jede Minute Verzögerung führt zu weiterem Absterben von Herzgewebe.
Die Kliniken in Essen, im Ruhrgebiet und in ganz Deutschland sind sehr gut aufgestellt. Wir haben in Deutschland ein exzellentes Gesundheitssystem. Die Patienten werden immer und überall entsprechend gut versorgt werden. Angst, dass man sich im Krankenhaus infiziert, diese braucht man nicht zu haben. Wie gesagt, bei einem Herzinfarkt geht es um jede Minute.

Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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