Aufklärung beim Themenabend der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF)
K.O. für K.O.-Tropfen - die unterschätzte Gefahr im Glas

Lydia Sommer (l.), Vorsitzende der AsF Essen-Frohnhausen, freut sich über den informativen Vortrag von Gastreferentin Melanie Kessenich von der Frauenberatung „Frauen helfen Frauen Essen e.V.“
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  • Lydia Sommer (l.), Vorsitzende der AsF Essen-Frohnhausen, freut sich über den informativen Vortrag von Gastreferentin Melanie Kessenich von der Frauenberatung „Frauen helfen Frauen Essen e.V.“
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Die Karnevalszeit steht traditionell für ausgelassenes Tanzen, Trinken und Flirten. Doch schnell lauert Gefahr im Glas: K.O.-Tropfen im Getränk machen benommen, willenlos und garantieren ein böses Erwachen. Die Fallzahlen derartiger Übergriffe sind in den letzten drei Jahren gestiegen. Die „Frauenberatung Essen e. V." klärt auf.

Unter dem Motto „Wir lassen uns nicht K.O.-Tropfen“ hat die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF) des SPD-Ortsvereins Essen Fronhausen zum Themenabend eingeladen. Für praxisnahe Aufklärung über die unsichtbare Gefahr im Glas sorgte Referentin Melanie Kessenich von der Frauenberatung „Frauen helfen Frauen Essen e. V.“.
„Der Begriff K.O.-Tropfen umfasst eine Menge unterschiedlicher Substanzen – z. B. Beruhigungs- und Schlafmittel, Muskelrelaxantien oder Narkotika“, berichtet die Diplom-Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin und ergänzt: „Über 100 verschiedene Mittel sind missbräuchlich als K.O.-Tropfen einsetzbar.“ Die Substanzen seien meist farb- und geruchlos und können daher nur schwer erkannt werden. Am häufigsten zum Einsatz komme jedoch das sogenannte „Liquid Ecstasy“, das in den zwei Varianten GHB und GBL vorkomme. Besonders heimtückisch: Die Vorstufe GBL ist frei und legal in großen Mengen erhältlich.

Häufig verabreicht: Liquid Ecstasy

Die Mittel an sich seien noch keine K.O.-Tropfen. „Die Einordnung als K.O.-Mittel ist erst dann angebracht, wenn der Stoff heimlich verabreicht wird“, weiß Melanie Kessenich. Dieser lande meist unbemerkt in der Flasche oder im Glas des Opfers, um es willenlos zu machen. Die Wirkung tritt schnell ein. „Liquid Ecstasy wirkt bereits ab einer geringen Dosierung von 0,5 ml“, so Kessenich. Ähnlich einem Alkoholrausch führe es zur Enthemmung und Stimmungsverstärkung. Mit gesteigerter Dosis verstärken sich auch die Effekte - bis hin zu Schwindel, Übelkeit, Benommenheit und Willenlosigkeit. Ab 2 ml könne von einer Überdosis gesprochen werden, bei der akute Lebensgefahr durch möglichen Atemstillstand bestehe. „Wenige Tropfen können den ganz entscheidenden Unterschied machen“, warnt Melanie Kessenich. Besonders gefährlich sei der „Mischkonsum“ mit Alkohol oder anderen im Vorfeld konsumierten Substanzen.

Jeder kann Opfer werden

Opfer werden könne prinzipiell jeder - überall und zu jeder Zeit: In Großraumdiscos, Kneipen oder auf privaten Partys. Das Spektrum der Übergriffe reiche von Diebstahl bis hin zu sexuellen Übergriffen. Täter seien sowohl Fremde als auch Freunde. Auch Männer können Opfer werden. Um möglichst viele Übergriffe zu verhindern, setzt der Verein „Frauenberatung Essen e. V.“ auf Prävention durch Aufklärung. Grundlegend sollte beachtet werden, die eigenen Getränke nicht aus den Augen zu lassen, keine offenen Getränke von Fremden anzunehmen und vor allem: aufeinander aufzupassen. „Außenstehende können meist gar nicht sehen, dass die Person schon einen Blackout hat, weil sie scheinbar noch aktiv am Geschehen teilnimmt“, mahnt Melanie Kessenich. Hilfreich können auch die sogenannten „Spikeys“ sein – kleine Stöpsel für Getränkeflaschen, die unbemerktes Einfüllen schädlicher Substanzen verhindern sollen. Erhältlich sind sie gegen eine Spende in der Beratungsstelle des Vereins.

Schnell handeln im Verdachtsfall

Um das Thema stärker in die Öffentlichkeit zu bringen, hat der Verein zahlreiche Info-Flyer und Poster mit Verhaltensweisen entwickelt und in der Essener Club- und Bar-Szene verteilt. Trotz aller Aufklärung und Vorsichtsmaßnahmen lässt sich die Gefahr nur schwer eindämmen: „Hundertprozentigen Schutz gibt es nicht“, bedauert Melanie Kessenich und rät im Verdachtsfall zu schnellem Handeln: „Sofort ins Krankenhaus fahren oder den Notarzt holen und den Verdacht auf K.O.-Tropfen äußern. Die Stoffe haben nur eine extrem kurze Nachweisbarkeitsdauer.“

Der missbräuchliche Einsatz der Substanzen sei kein Kavaliersdelikt, sondern könne verschiedene Straftatbestände erfüllen. „Man nimmt in Kauf, dass jemand stirbt“, macht es Melanie Kessenich noch einmal deutlich. Daher sei bei nachweislichem Einsatz von K.O.-Tropfen auch die Einschaltung der Polizei angeraten. Hilfreich für Aufklärung können die Sicherung der ungewaschenen Kleidung und die Anfertigung eines Gedächtnisprotokolls sein. Im Notfall steht auch der Verein den Opfern zu Seite und hilft, die richtigen Schritte zu gehen.

Kontakt:
„Frauenberatung Essen e.V.“
Zweigertstraße 29, 45130 Essen
Notruf und Beratung: 0201 - 78 65 68
www.frauenberatung-essen.de

Autor:

Claudia Kornicki aus Essen-Borbeck

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