Draußen vom All, da komm’ ich her...

Raumschiff Enterprise trifft den Weihnachtsmann auf seinem Schlitten und mit dem Rentier-Gespann. So ähnlich kann man sich die Geschichte der Flying Dolfin vorstellen, die Hans Frey zu Papier gebracht hat. Von ihm stammt übrigens auch dieses fantastische Bild. Foto: Montage Hans Frey | Foto: Foto: Montage Hans Frey
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  • Raumschiff Enterprise trifft den Weihnachtsmann auf seinem Schlitten und mit dem Rentier-Gespann. So ähnlich kann man sich die Geschichte der Flying Dolfin vorstellen, die Hans Frey zu Papier gebracht hat. Von ihm stammt übrigens auch dieses fantastische Bild. Foto: Montage Hans Frey
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„Ich werd’ verrückt“, ächzte Nimrod Perm, der Navigator. „Der Nikolaus ist da!“ Alle starrten gebannt auf den Panoramabildschirm. Vor dem grandiosen Sternenhintergrund hob sich deutlich ein prächtiger Schlitten ab, der von acht stattlichen Rentieren gezogen wurde. Im Schlitten selbst thronte kein Geringerer als Santa Claus höchstpersönlich. Schon zum fünften Mal hatte er den mächtigen Kugelrumpf der FLYING DOLFIN umkreist, um schließlich vor dem Hauptschott anzuhalten.

Von Hans Frey (© 2011)

GE. „Ho, ho, Freunde“, dröhnte es plötzlich aus den Lautsprechern. „In eurem neumodischen Haus gibt es leider keinen Kamin. Deshalb komme ich ausnahmsweise durch die Tür.“
„Was ist jetzt wieder los?“, fragte Navigator Perm verwirrt.

Weihnachtsmann und seine Rentiere in Sicht

„Der Weihnachtsmann ist mitsamt seinem Rentierschlitten durch die Wandung gegangen. Er befindet sich nun innerhalb des Schiffs“, meldete AsimoUltra, ein hoch entwickelter humanoider Roboter, der den neusten Stand der Robotik repräsentierte und von Captain Peer Lindbloom aus Testgründen auf diesem Routineflug mitgenommen worden war.
„Alarm“, befahl Lindbloom, um sich dann dem Robot zuzuwenden. „AsimoUltra, Generalscan durchführen!“
„Nach unseren Sensoren gibt es das gar nicht, was wir sehen, Sir.“
„Sub- und Parascans dazu schalten. Achtung Sicherheit, bitte Lagebericht!“

Ein mit Geschenken
gefülltes Raumschiff

„Hier Sicherheit, Sir. Unser Nikolaus befindet sich augenblicklich auf Deck 5 und überschwemmt die Gänge und Räume mit Geschenken. Dasselbe findet jetzt auf den Decks 6, 7 und 8 statt. Eine unmittelbare Gefahr ist allerdings nicht zu erkennen.“
Perm verfärbte sich. „Geschenke...? Was zum Teufel...?“
„Halt die Luft an, Permi-Maus“, meldete sich jetzt Kapriol, der Mehrfachmutant von BEVTAV IV zu Wort. Theatralisch setzte er sich in Positur und verkündete besserwisserisch:
„Einen Weihnachtsmann, der aus dem Weltall kommt, durch Supranit geht, nicht gescannt werden kann und auf der FLYING DOLFIN Geschenke verteilt, kann es nach den Naturgesetzen nicht geben.“
„Und so schloss er messerscharf, es kann nicht sein, was nicht sein darf“, zitierte Verdigan Moto, der kolosshafte Alien aus dem Pferdekopfnebel, einen terranischen Dichter des frühen 20. Jahrhunderts und gab ein rumpelndes Geräusch von sich, das bei ihm ein Lachen war.

„Das Universum steckt voller Wunder“

„In der Tat“, mischte sich der Chefwissenschaftler des Schiffes Bertram Julian ein, „ich wäre an deiner Stelle nicht so voreilig, Kapriol. Das Universum steckt voller Wunder.“
Peer Lindbloom wandte sich ebenfalls an den Multimutanten, der entfernt einem etwa einen Meter großen terranischen Teddybären glich.
„Na, Kleiner? Hast du irgendwelche emphatischen Eindrücke?“ Kapriol, der mit erstaunlicher Geschwindigkeit von seinem hohen Ross wieder herunter gekommen war, schüttelte ratlos den Kopf, eine menschliche Geste, die er sich im Laufe der Zeit angewöhnt hatte.
„Ich spüre ganz verhalten eine positive Grundstrahlung, sonst nichts.“
Lindbloom nahm stirnrunzelnd eine Folie zur Hand.
„Santa Claus befindet sich seit einer halben Stunde an Bord. In dieser Zeit hat er bereits 32 Decks so mit Geschenkpaketen voll gestopft, dass unsere Leute kaum mehr Platz haben. Es muss etwas geschehen.“
Der mehrere Tonnen schwere Verdigan Moto beugte seine gewaltige Körpermasse vor, sodass der Kommandant unwillkürlich den Eindruck hatte, ein kleiner Berg wollte ihn zermalmen.
„Peer, die Situation ist noch prekärer. Meine Analysen sagen mir, dass der Weihnachtsmann seine Geschenke aus dem Hyperraum materialisiert. Dadurch findet eine schleichende Energieüberladung statt, die den Linearantrieb irrreversibel angreift.“
„...und das heißt?“

Zu viele Geschenke für ein einzelnes Raumschiff

„Das heißt“, sagte der Riese dumpf grollend, „dass das Schiff in spätestens einer Stunde explodiert, wenn die Bescherung kein Ende nimmt.“
„Schöner Routineflug“, knurrte Perm. AsimoUltra drehte sich von der Bedienungskonsole des Zentralcomputers weg in der Absicht, das Ergebnis seiner Nachforschungen einem erwartungsvollen Publikum zu verkünden.
Alle Blicke richteten sich ebenso gespannt wie hoffnungsvoll auf den einem Menschen täuschend ähnelnden Roboter. Besonders scharf observierte ihn Lindbloom, der sich langsam ernsthaft Sorgen machte. Schließlich wurde die Zeit immer knapper und die Mannschaft verständlicherweise zunehmend nervöser.

NIkolaus – ein kosmisches Energiewesen

„Santa Claus besteht aus einer seltenen paraphasischen Energieart, die intelligent ist“, erläuterte AsimoUltra. „In den Speichern habe ich entdeckt, dass die Solare Flotte schon einmal mit ihr Kontakt hatte. Es handelt sich, unpräzise gesagt, um ein kosmisches Energiewesen, das sich Axhalaisom nennt.“
„Ist es gefährlich?“ fragte Perm. „Im Gegenteil, Sir“, verneinte AsimoUltra. „In Axhalaisom begegnen wir einer ethisch hochstehenden Intelligenz, die allen anderen Spezies nur Gutes tun will.“
Nimrod Perm, der grantelige Navigator, verzog die Miene zu einem gequälten Lächeln.
„Ein toller Wohltäter, der dabei ist, uns alle hochzujagen“, rief er sarkastisch.
Peer Lindbloom erhob sich aus seinem Pneumosessel, straffte sich und sagte entschlossen: „Ich werde mit ihm sprechen!“
Der Terraner, der schon so viel erlebt hatte, aber immer wieder von neuen Geheimnissen des Kosmos überrascht wurde, traf den Weihnachtsmann auf Deck 56, wo dieser, ein fröhliches „Jingle Bells“ summend, ein Geschenkpaket nach dem anderen aus einem riesigen Sack zauberte.
„Du bist nicht Santa Claus“, sprach ihn Lindbloom ohne Umschweife an. „Du bist Axhalaisom, das kosmische Nebelwesen.“
Das Wesen blickte auf und meinte mit gutmütig blitzenden Augen: „Einmal bin ich dies, und einmal bin ich das, und heute bin ich eben der Weihnachtsmann, der euch beschenkt. Ist das nicht großartig, Lindbloom?“
Hoch konzentriert setzte der Kommandant zum alles entscheidenden Vorstoß an. „Es wäre so, mein lieber Axhalaisom, wenn deine Großzügigkeit nicht dazu führen würde, uns alle umzubringen.“

Da wird selbst Santa Claus ganz blass

Santa Claus fiel vor Schreck der Sack aus der Hand. „Wie...wie meinst du das?“, stotterte er ungläubig.
„Alles, was du uns gibst, ist aus Formenergie“, erklärte Lindbloom. „Und diese führt zu einer Energieüberladung, die uns töten wird.“
Axhalaisoms Santa-Claus-Gestalt flimmerte hektisch und wurde an einigen Stellen sogar durchsichtig, offenbar seine Art, tiefe innere Erregung zu zeigen.
„Das...das wollte ich nicht“, stieß das Nebelwesen hervor. „Sag mir, Peer Lindbloom, was ich tun soll.“
„Gib uns ein wirkliches Geschenk“, drängte der Captain. „Sammele alles wieder ein, und verlasse uns. Dann werden wir glücklich sein.“
„Eine interessante Rasse“, murmelte Axhalaisom in Verkennung der Sachlage. „Sie ist dann glücklich, wenn man ihr nichts schenkt. Und das, obwohl sie ständig an Geschenke denkt. Rätselhaft und kaum zu glauben, aber wenn es dieser Lindbloom sagt, muss es wohl wahr sein.“

Und „puff“ weg ist der Weihnachtsmann

Übergangslos verwandelte sich der Weihnachtsmann in einen fluoreszierenden Energiewirbel, der in rasender Geschwindigkeit alles wieder aufsog, was er zuvor so freigebig ausgestreut hatte. Dann war Axhalaisom auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
„Eines ist mir noch unklar“, sinnierte AsimoUltra, während er den Teil seiner Speicher abfragte, der Auskunft über die Märchen und Mythen der Menschheit gab.
„Axhalaisom hätte doch in jeder Gestalt kommen können, als Fee, als Osterhase, als die sieben Zwerge oder als was weiß ich. Warum hat er sich ausgerechnet die Weihnachtsmannfigur ausgesucht?“
Lindbloom lachte. „Ein derart gutmütiges, in seiner Art aber auch naives Wesen forscht natürlich in den Gedanken derer, die es beglücken will. Und zurzeit beschäftigen sich die Menschen nun mal mit Geschenken.“
Da AsimoUltra kein Mensch war, verstand er immer noch nicht.
„Computer“, rief Lindbloom aufgeräumt, „welches Datum haben wir heute?“
Die einschmeichelnde weibliche Stimme antwortete sofort.„Heute schreiben wir den 24. Dezember 2225. Fröhliche Weihnachten, Sir!“

Merry Christmas & Happy Birthday, Herr Frey

Der Gastautor des Stadtspiegel feiert am 24. Dezember nicht nur die Geburt Christi, sondern auch seine eigene.

Zur Person:
Geboren am 24. Dezember 1949 in Gelsenkirchen.
1956 Einschulung in die Volksschule, 1960 Wechsel zum Grillo-Gymnasium
1969 Abitur, anschließend Wehrdienst
Ab Oktober 1970 Studium der Germanistik und Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum
1975 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien, anschließend Referendariat, 1977 2. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien
1977 bis 1980 Studienrat am Grillo-Gymnasium
Mai 1980 bis 2005 Landtagsabgeordneter
Seitdem Zeit für Hobbys: Klönen in geselliger Runde, Reisen, Lesen, Schreiben, Science Fiction, Griechenland/klassische Antike, Philosophie, Entwicklung der Wissenschaften, Disney, Kochen und gute Rotweine.

Raumschiff Enterprise trifft den Weihnachtsmann auf seinem Schlitten und mit dem Rentier-Gespann. So ähnlich kann man sich die Geschichte der Flying Dolfin vorstellen, die Hans Frey zu Papier gebracht hat. Von ihm stammt übrigens auch dieses fantastische Bild. Foto: Montage Hans Frey | Foto: Foto: Montage Hans Frey
Der Gelsenkirchener Science-fiction Autor Hans Frey. Foto: Gerd Kaemper
Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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