Arbeit, Angst, Armut – Sind wir alternativlos? Veranstaltung mit Inge Hannemann und Dieter Heisig

Im Mai haben wir von der Bürgerinitiative „Stellen anzeigen“ in Zusammenarbeit mit der Bleckkirche – Kirche der Kulturen Hartz-IV-Gegnerin Inge Hannemann und Sozialpfarrer Dieter Heisig in Gelsenkirchen zu Gast gehabt. Unser Konzept lag darin, die Gäste zu den vier Themenbereichen Arbeit, Angst, Armut und Alternativlosigkeit, zu befragen.

Arbeit:

Frage von Stellen anzeigen:

Arbeitslosenstatistik und die offenen Stellen. Was habt Ihr für Ideen und Vorschläge, Menschen in Arbeit zu bringen, wenn in kaum einer Stadt 3-10% an offenen Stellen gegenüber der Arbeitslosigkeit zur Verfügung stehen? Alleine in Gelsenkirchen gibt es ca. 55.700 Arbeitslose, dem gegenüber stehen ca. 2.000 offene Stellen.

Inge Hannemann:

Inge Hannemann bestätigt, dass dieses Verhältnis bundesweit zu erkennen ist. Für sie wäre die 30-Std.-Woche bei vollem Lohnausgleich ein Ansatz, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Darüber hinaus müssen im Bereich der Bildung bei der Bundesagentur für Arbeit die Qualifizierungsmittel aufgestockt werden. Dazu gehören Weiterbildungsmaßnahmen und Umschulungen. Hier wurden die Mittel in den letzten Jahren um ca. 40% gekürzt. Auch die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens wäre ein weiterer Lösungsansatz. Ferner wurden wir informiert, dass mit Einführung der elektronischen Akte bei der Bundesagentur für Arbeit etwa 1.500 Stellen verloren gehen.

Wenn das nicht ein Beispiel dafür ist, wie die Technologie des 21. Jahrhunderts unsere Arbeit übernimmt und wir uns anderen Dingen zuwenden können, wie z. B. mehr Bildung, Wissenschaft, Forschung, Kultur, etc.

Dieter Heisig:

Im Grunde teilt Dieter Heisig den Ansatz der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, wies aber ausdrücklich darauf hin, dass dies durch die Gewerkschaften ausgehandelt werden muss. Dieses Modell darf nicht vom Staat diktiert werden. Auch sympathisiert er mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, was aber in seiner Konzeption noch weiter diskutiert werden soll. Darüber hinaus ist es erforderlich, über die Definition des Begriffes Arbeit zu reden. Was bedeutet Arbeit im 21. Jahrhundert? Gibt es nur noch die Erwerbsarbeit oder haben wir auch andere Entwicklungen, die als Arbeit anzuerkennen sind, jedoch nicht entsprechend vergütet werden.

Stellen anzeigen:

Aus dem „Einsiedler-Papier geht hervor, dass der Mensch im Vordergrund des Fallmanagers stehen soll. Herr Einsiedler stellt die Frage, ob die Bundesagentur für Arbeit Teil des Problems ist. Unsere Frage richtete sich insbesondere an Dieter Heisig. In welcher Weise wäre es möglich, diese Gesichtspunkte in der Beratung der Trägerversammlung und der Geschäftsführung des Jobcenters IAG in seiner Beiratsarbeit umzusetzen? Unsere Frage zielte auf eine entsprechende Einflussnahme ab.

Dieter Heisig:

Dieter Heisig stellte fest, dass sich einige Politiker der wahren Situation scheinbar nicht stellen wollen. In der Praxis wird dem Menschen, der ja im Mittelpunkt steht, die Lebensgrundlage entzogen.

Inge Hannemann hat zu diesem Papier in ihrem Blog Folgendes geschrieben:

„Ja, wir sind ein Teil des Problems. Und damit, meine ich, die Struktur der BA als auch die Arbeitsvermittlung in ihrer gesamten Funktion und deren Umsetzung. Unsere Aufgabe besteht darin, die Leistungsempfänger in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu vermitteln. Als Hilfsinstrumente stehen uns das Profiling und die entsprechende Matching-Strategie zur Verfügung. Ebenso stehen uns aber auch die Macht der Sanktionen und der Eingliederungsvereinbarung zur Seite. Das primäre Ziel ist die Konsolidierung von Vermittlungsvorschlägen über BA / JC integriert. Unabhängig davon, ob der Vermittlungsvorschlag durch eine private Arbeitsvermittlung, Zeit-, Leiharbeit oder regulär durch ein Unternehmen von statten geht. Der Blick in die Jobbörse, insbesondere des gewerblichen Bereichs und Helfertätigkeiten gibt mehrheitlich Zeitarbeit frei. Die Aufstockung der Teams „AGS-Zeitarbeit“ und die damit verbundene Steigerung von Fallzahlen in den Agenturen für Arbeit macht deutlich, wo die Prämisse der Bundesagentur für Arbeit derzeit liegt.“

Stellen anzeigen:

Wie werden die Anweisungen, wie sanktioniert wird und welche Quoten erreicht werden sollen, mit den Mitarbeitern kommuniziert? Wer bestimmt die Quoten?

Inge Hannemann:

Die Integrationsrate liegt zwischen 2% - 3%, eine Quote bekommt der Mitarbeiter jedoch nicht genannt. Wenn er sein Leistungsziel nicht erreicht, wird ihm schon vermittelt, dass er es nicht erreicht hat. Es wird Druck aufgebaut. In die Vermittlungsquote wird auch die Zeitarbeit eingerechnet. Somit kann ein Arbeitsloser 12 mal im Jahr vermittelt werden, was die Quote steigen lässt. Inge Hannemann hat sich der Anweisung widersetzt, in Zeitarbeit zu vermitteln. Die Quote der Eingliederungsvereinbarung liegt bei ca. 96%, Beratungsvermerke bei 80%. Zu den Beratungsvermerken gibt es eine Liste in der steht „Eingeladen ja/nein“. Diese wird dann abgearbeitet. Das bedeutet natürlich, dass ein Mitarbeiter seiner Leistung bei Urlaub oder Krankheit nicht nachkommen kann. Auf diese Weise wird die Quote des Mitarbeiter gesenkt, an der man gemessen wird, ob gut oder schlecht gearbeitet wird. Das erhöht den Druck. Wenn jemand die Leistung nicht bringt, kann dies Mehrarbeit für das Team bedeuten. Konkurrenz und Mobbing können die Folge sein.

Publikum:

Im Publikum wurde erwähnt, dass es immer mehr Ehrenamtsaufgaben gibt. Inge Hannemann bekräftigte, dass das Ehrenamt kein Hobby, sondern Arbeit ist. Auch hier setzte Dieter Heisig noch mal an, über den Begriff „Arbeit“ neu zu diskutieren.

Ferner gab es aus dem Publikum die Anmerkung, Überstunden und Wochenendarbeit abzuschaffen. Dieter Heisig wünscht sich in dieser Angelegenheit eine bedachte Diskussion. Denn es gibt Berufe, die auch am Wochenende ausgeübt werden müssen. Was eine Dame im Publikum, welche als Krankenschwester arbeitet, klar bestätigte.

Angst

Stellenanzeigen:

Die NRW-Piraten haben einen Antrag in den Landtag gebracht, die Sanktionen abzuschaffen. Am 23.5.2014 war die Anhörung, an der Inge Hannemann als Sachverständige teilnahm. Wir baten Inge, uns etwas über diesen Antrag zu erzählen.

Inge Hannemann:

Die Argumentation der Piraten, wieso die Sanktionen abgeschafft gehören, liegt schwerpunktmäßig in der Vergeudung von Geldern. Durch Sanktionierungspraktiken würde viel zu viel Zeit verschwendet werden, die effizienter in die Vermittlung investiert werden könnte. Die Bearbeitung der Sanktionen würden zu viel Lohnkosten mit sich bringen. Inge Hannemann hielt dies für einen „interessanten Ansatz“ und zählte uns im Groben die Bearbeitungsprozesse bei Sanktionen auf. Dem Publikum machte sie klar, dass es wichtig ist, gegen Sanktionen immer Einspruch einzulegen. Je mehr Arbeit durch Sanktionierung entsteht, desto mehr Möglichkeiten haben wir, dass in Zukunft davon abgesehen wird. Ein mal mehr bekräftigte Inge Hannemann, dass Strafe (Sanktionen) keine Anreize schafft.

Dieter Heisig:

Die „Geldverschwendung“ zur Abschaffung der Sanktionen zu nennen, hält Dieter Heisig für ein schwaches Argument.

Inge Hannemann erwähnte, dass bei der Bundesagentur für Arbeit intern scheinbar ein Umdenken stattfindet. Mittlerweile würde bemerkt, dass Inge gar nicht so Unrecht mit ihren Forderungen und Ideen hat. Man beginnt bereits mit der Umsetzung einzelner Konzepte, für die sie zur Zeit ihrer Beschäftigung im Jobcenter kein Gehör gefunden hat. Zudem müsse sich die Bundesagentur für Arbeit mittlerweile mehr öffentlich rechtfertigen.

Stellen anzeigen:

Welche psychische Folgen des enormen Drucks, des fehlenden Freiheitsgefühls und der Missachtung der Menschenwürde sind erkennbar? Gibt es Statistiken?

Inge Hannemann:

Der Krankenstand bei der BA liegt bei ca. 15%. Dazu gehören die typischen Stresskrankheiten, wie Rückenprobleme oder psychische Erkrankungen. Gezählt werden die Mitarbeiter, welche 6 Monate + 1 Tag erkrankt sind. Krankentage, die nicht in diesen Zeitrahmen passen, werden nicht mitgezählt. Somit dürfte der Krankenstand noch höher liegen. Ab 10% gilt ein Unternehmen nicht mehr als gesund. Kaum ein Mitarbeiter stellt eine Überlastungsanzeige, was wahrscheinlich mit einer Angst einhergehen könnte, den Arbeitsplatz zu verlieren. Darüber hinaus gäbe es keine Kausalität in Bezug zur Erkrankung von Beziehern durch Hartz IV. Aber es gibt Hinweise, dass Hartz IV bereits vorhandene Krankheiten verstärkt. Erschreckend sei die Entwicklung bei jungen Menschen, den U25. Hier ist ein vermehrter Drogenkonsum festzustellen. Das bestätigte die Dame aus dem Publikum, die Krankenschwester ist.

Dieter Heisig:

Die Jobcentermitarbeiter sollten mehr in die Lage versetzt werden, Arbeitslose fördern zu können. Ihnen müssten mehr Kompetenzen, Handlungsspielräume, Schulungen und Mittel zur Verfügung gestellt werden, den Menschen auch eine Vermittlungsmöglichkeit zu verschaffen.

Stellenanzeigen:

Wie kann ein Arbeitsloser seinen Auflagen und Formalitäten entsprechen, wenn ein Hausverbot ausgesprochen wird?

Inge Hannemann:

Zunächst wäre es möglich, dass ein Mitarbeiter sich dem widersetzt, in dem man sich vor dem Haus verabredet und auf einer Parkbank oder ähnlichem die Beratung absolviert. In der Tat ist es so, dass die Sachbearbeiter vor die Tür gehen müssen und die Menschen in aller Öffentlichkeit betreut werden. Jeder, der Mitarbeiter der BA ist, kann ein Hausverbot aussprechen. Danach ist ein schriftliches Prozedere erforderlich. Dem man dann auch nur schriftlich widersprechen kann.

Publikum:

Im Publikum wurde die Frage laut, ob ein Wechsel des Beraters möglich sei. Inge Hannemann antwortete, dass es darauf keinen Rechtsanspruch gebe. Dennoch sollte ein Antrag bei berechtigten Beschwerden bei der Teamleitung eingehen. Wenn das nicht hilft, eine Dienstaufsichtsbeschwerde stellen. Diese landen zwar zumeist im Mülleimer, aber vielleicht nützt es in dem einen oder anderen Fall etwas. Bei Beschwerden wird vielleicht der Mitarbeiter noch von dem Vorgesetzten ermahnt, aber wirklich passiert nichts. Dennoch ermutigte Inge Hannemann, sich weiter zu beschweren, um evtl. Veränderungen herbeiführen zu können.

Ferner wurde gefragt, ob es Wege raus aus Hartz IV gibt. Inge Hannemann machte uns nichts vor und teilte uns mit, dass knapp 50% der ALG-II-Bezieher mind. 4 Jahre und mehr im Bezug sind. Daraufhin verließ der Fragesteller die Veranstaltung.

Am Rande gab sie uns noch den Hinweis, dass es eine interne Anweisung beim Jobcenter gibt, die besagt, dass Arbeit und Maßnahmen vor einem Termin beim Jobcenter gehen. Ein wichtiger Tipp wenn es beispielsweise mal wieder heißt, dass man eine Prüfung wegen eines Jobcenter-Termins nicht absolvieren kann.

Armut

Stellen anzeigen:

Können Sie uns etwas dazu erzählen, wie sanktionierte Menschen ohne ausreichend Geldzufluss im Monat, die ihre monatlichen Stromabschläge nicht zahlen können und somit Wohnungslosigkeit droht, eine Hilfe erfahren können?

Inge Hannemann und Dieter Heisig sind sich darin einig, dass der Regelsatz unbedingt erhöht gehört. Die Bälle der Stromschulden werden den einzelnen Stellen (Stromanbieter – Jobcenter) zugeschoben. Leider gibt es keine einheitliche Regelung darüber. Die Stromregelung sei ein Konstruktionsfehler im ALG-II.

Inge Hannemann erläuterte, dass zwar vom Jobcenter Darlehen angeboten werden. Dies führen jedoch zu einer weiteren Schuldenspirale und zu noch mehr Armut und drohender Wohnungslosigkeit. Dieter Heisig legte den Fokus auf die Stromsperren, die mittlerweile bei ca. 600.000 Haushalten pro Jahr bundesweit liegen. Vor dem Jahr 2013 lagen die Sperrungen etwa 300.000-400.000.

Stellen anzeigen:

Wie kann Überleben gesichert werden, wenn die Grundsicherung durch Sanktionen abgesetzt wird? Gibt es Ratgeber oder Hilfen von den Jobcentern oder wird ein Abrutschen billigend in Kauf genommen?

Dieter Heisig:

In Gelsenkirchen wird versucht, durch die Zusammenarbeit mit Gruppen hier und da einzuwirken. Gespräche an den runden Tischen mit den entsprechenden Verantwortlichen sind sehr wichtig. Das Industrie- und Sozialpfarramt (ISPA) bietet mit seiner Arbeitslosenberatung Unterstützung bei Fragen rund um das ALG II. Darüber hinaus wird ein enger Kontakt zum Jobcenter Gelsenkirchen (IAG) gepflegt.

Stellen anzeigen:

Für den Herbst wurde eine weitere Reform des SGB II erwartet. Bei den U25 soll es Verbesserungen geben, weil das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingesehen hat, dass zu viel junge Menschen „verloren“ gehen. Wie geht das Jobcenter mit den Sanktionierungen in dieser Altersgruppe um?

Inge Hannemann:

Nominell soll es keine Streichung der KdU (U25) in Hamburg geben. Das ist durch die Bürgerschaft beschlossen worden. Jedoch hält sich in den Jobcentern nicht jeder daran.

Alternativlos

Stellenanzeigen:

Ist es vorstellbar, dass es im Jobcenter künftig Mitarbeiter gibt, welche sich nicht nur auf die Beziehung zwischen Arbeitsmarkt und Arbeitslose fokussieren, sondern sich auch mit den Fähigkeiten der Kunden auseinandersetzen? Das Wichtigste daran wäre nicht die Frage, was man bisher gemacht hat, sondern was man kann oder was man tun will.

Inge Hannemann bezog diese Frage auf eine psychologische Betreuung, was so natürlich von uns nicht gemeint war. Denn das ist nicht die Aufgabe eines Jobcentermitarbeiters. Aus dem Publikum kam dazu die Meldung, dass wir von den Arbeitslosen nichts mehr fordern dürfen. Sie haben schon so viel zu ertragen, dass dort das Ende der Fahnenstange erreicht ist.

Mir wurde nun bewusst, dass ich mich hier ein wenig klarer ausdrücken musste. Denn bisher ist es so, dass bei der Bundesagentur für Arbeit gemäß Gesundheit, Ausbildung und Arbeitsmarkt Arbeitslose zu vermitteln ist. Jedoch ist ein Arbeitsloser nicht nur auf seinen erlernten Beruf beschränkt. Ein Mensch ist vielseitig, auch wenn nicht jeder sofort weiß, was für Fähigkeiten in ihm stecken. Danach wird in Deutschland überhaupt nicht gefragt: „Was kannst Du?“ immer beziehen sich die Frage auf die Vergangenheit: „Was hast Du bisher gemacht?“.

Mein Schlussplädoyer für diese Veranstaltung einläutend, war es mir wichtig, Alternativmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Datenbanksystem der Jobcenter stehen zwar die Fähigkeiten der Arbeitslosen, aber nicht mehr als 5. Mehr kann das System nicht erfassen. Gibt es darüber Auswertungen? Wird der Arbeitslose gefragt, was er denn überhaupt machen möchte?

In Gelsenkirchen leben über 55.000 Arbeitslose. Welch ein Potenzial liegt hier brach? Wenn diese Menschen keine Ängste mehr vor Sanktionen haben müssten und man ihnen Möglichkeiten bietet, sich gesellschaftlich einbringen zu können, wäre Gelsenkirchen eine ganz andere, buntere und lebendigere Stadt. Hier könnte der Gelsenkirchener Appell einen Ansatz bieten. Der Grundgedanke ist nicht schlecht, aber er ist nur für 1.000 Arbeitsplätze gedacht. Wie wäre es, wenn wir grundsätzlich über den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor reden und langfristige Projekte andenken?

Die Finanzierung wird sich nach und nach erarbeiten lassen. Die EU, Bund und Länder geben Fördergelder. Aber nur nach Konzepten. Der Gelsenkirchener Appell ist nur ein Aufruf aber kein Konzept. Wie wäre es in Richtung „Autarke Stadt“ zu denken. Menschen bringen sich ein in das urbane Leben. Es können Projekte der Selbstversorgung gefördert werden. Know How schaffen! Es könnten Projekte der Energieversorgung gefördert werden. Einiges läuft bereits in dieser Stadt. Aber nicht so wirklich richtig. Wenn 55.000 Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sich frei nach ihren Fähigkeiten und ihren Wünschen einbringen zu können, könnte Gelsenkirchen ein Vorzeigeprojekt bundesweit werden. Dazu bedarf es jedoch Mut und hier muss noch eine Menge an menschlichen Hürden abgebaut werden. Wenn immer noch nach den Sandkastenregeln „Mit dem spiele ich nicht“ gearbeitet wird, kann das auch so nichts werden.

Darüber hinaus gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die Alternativlosigkeit zu überwinden. Was hemmt die Gesellschaft derzeit, sich zu bewegen? Die Angst. Angst, aufzufallen, bestraft zu werden, seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder sanktioniert zu werden. Gerade ALG-II-Bezieher leben in großer Gefahr, bestraft zu werden. Überall muss man aufpassen, hier darf man nicht und dort bloß kein Geld verdienen, wenn doch, dann wieder ganz viel Bürokratie bewältigen. Damit verbunden ist die Angst wieder aufzufallen, was falsch zu machen und dann sanktioniert zu werden.

Wir brauchen nach vorne gewandt mutige Menschen, die diese Hürden nehmen wollen. Menschen, die sich durch Selbstversorgergärten zusammenschließen. Menschen, die neue Wohnprojekte erarbeiten. Menschen, die nicht warten, bis dass die Politik was ändert. Menschen, die von sich aus Änderungen herbeiführen. Wir können nicht sofort alles ändern. Aber wir können mit kleinen und auch verschiedenen Schritten und Ansätzen eine große Wirkung erzielen. Wir müssen uns frei machen von der Erpressbarkeit, nur weil wir uns ernähren müssen und ein Dach über dem Kopf brauchen. Es gibt mittlerweile Tendenzen, die neue Wege aufzeigen. Das Stichwort ist „Gemeinschaft“. Eine Vollbeschäftigung wird es nicht mehr geben. Es muss ein Umdenken im Bezug zum Begriff „Arbeit“ stattfinden.

Wir Stellen anzeiger, das sind Susanne Helmke, Joachim Sombetzki, Rainer Kleinau und Sandra Stoffers, bedanken uns an dieser Stelle noch mal bei den Unterstützern der Veranstaltung:

Thomas Schöps – Bleckkirche-Kirche der Kulturen
Inge Hannemann – Hartz-IV-Gegnerin
Dieter Heisig – Industrie- und Sozialpfarrer
Die Linke Gelsenkirchen
Consoltheater
und natürlich bei dem Publikum!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

6 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.