„Das fehlende Quantum Mut“

„Nur gucken - nicht füttern sollte man eigentlich rund um den Teich auf Schildern kundtun“, wünschte sich Beate Rafalski, die als Spielplatzpatin häufig dort anzutreffen ist. Denn sie weiß, wie gefährlich das gutgemeinte Brot für die Enten, aber auch das Wasser ist. Foto: Gerd Kaemper
  • „Nur gucken - nicht füttern sollte man eigentlich rund um den Teich auf Schildern kundtun“, wünschte sich Beate Rafalski, die als Spielplatzpatin häufig dort anzutreffen ist. Denn sie weiß, wie gefährlich das gutgemeinte Brot für die Enten, aber auch das Wasser ist. Foto: Gerd Kaemper
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Sorgte dafür, dass Beate Rafalski der Stadt Gelsenkirchen nie in ihrem Leben den Rücken kehrte. Wenn Beate Rafalski, die Geschäftsführerin der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen, über sich selbst erzählt, dann stellt sie ihre Qualitäten gern unter den altbekannten Scheffel. Denn die Gelsenkirchenerin ist selbst aktive Ehrenamtlerin und hat sich durch ihre vielseitigen Interessen ein großes Netzwerk aufgebaut.

Eine Gelsenkirchener Geschichte

Und doch sagt sie, dass sie durch ihre Tätigkeit bei der Ehrenamtsagentur noch sehr viel gelernt hat. Vor allem auch darüber, wie Hilfsbereit die Gelsenkirchener sind, wenn es nötig ist.
Die in Ückendorf geborene und aufgewachsene Rafalski zog es als Erwachsene in die Altstadt. Zunächst in die Munckelstraße, wo sie noch einmal die Position wechselte bis zu ihrem heutigen Domizil in der Teutstraße. „Das ist für mich schön, weil ich dort sehr zentral wohne. Ich bin schnell in der Stadt, am Bahnhof und bei der Arbeit, aber auch schnell im Stadtgarten, wo ich gern joggen gehe“, erzählt sie und gleich fällt ihr dazu ein, dass sie ja auch Patin des Spielplatzes am Ententeich ist, den sie natürlich auch schnell erreicht von ihrer Wohnung aus.

Gelsenkirchen oder Brüssel - das war einst die Frage

Nur einmal dachte Beate Rafalski daran, ihre Geburtsstadt zu verlassen: „Das ist schon lange her. Damals war Karin Junker Europaabgeordnete und wollte mich nach Brüssel holen. Aber da kam dann die Schwangerschaft mit meinem Sohn dazwischen. Mit Kind fühlte ich mich gebundener an die gewohnte Umgebung, aber es fehlte auch das letzte Quäntchen Mut.“
Ihre berufliche Karriere startete Beate Rafalski in der Praxis des Neurologen und Psychiaters Dr. Fähr an der Ringstraße, wo sie Arzthelferin lernte. Nach der Ausbildung studierte sie in Essen Sozialarbeit, absolvierte ein Praktikum im Frauenhaus Gelsenkirchen und ihr Anerkennungsjahr beim Jugendamt der Stadt.
Dem Frauenhaus blieb sie als Vorstandsmitglied treu und leitete über zehn Jahre sogar ehrenamtlich die Geschicke des Frauenhauses. „Das war 1978 als ich dort anfing noch eine andere Zeit. Es gab noch nicht das Gesetz gegen Häusliche Gewalt und die Polizei musste nicht einschreiten in solchen Fällen. Trotzdem waren wir Ehrenamtlichen im Einsatz, wenn die Hauptamtlichen Feierabend hatten. Wir haben damals oft auf dünnem Eis agiert!“

Von Jugendamt und Quartier Tossehof zur Ehrenamtsagentur

Beim Jugendamt war sie im allgemeinen sozialen Dienst (ASD) und auch im besonderen sozialen Dienst tätig und beschäftigte sich mit den Themen Adoption, Pflege, Heim. Später wechselte sie zur Stadterneuerung und war als Quartiersmanagerin im Tossehof tätig, bis sie schließlich zur Geschäftsführerin der Ehrenamtsagentur wurde.

Mit Ehrenämtern kennt sie sich aus

Eigentlich ein Feld, auf dem sie sich bestens auskennt, denn nach ihrem Engagement im Frauenhaus ist sie auch im Kunstverein und der Opera School aktiv und gründete das „Kinderland“ an der Husemannstraße.
„Das war natürlich auch aus der Not heraus geboren. Mein Sohn war mit dem Kind der Rechtsanwältin Sabine Menne im Kindergarten und weil es damals noch keinen Offenen Ganztag und keine Horte gab, haben wir uns gedacht: Dann machen wir es eben selbst. Gemeinsam haben wir dann das Kinderland an der Husemannstraße ins Leben gerufen“, schildert Rafalski.
Mit dem damaligen Propst Sternemann war alles schnell geklärt und Beate Rafalski staunt rückblickend noch heute: „Das war ein interessanter Prozess und was man so alles wird, wenn man so eine Einrichtung aus der Taufe hebt: Einrichter, Ausstatter und so weiter.“

Jeder Job war anders

Als Geschäftsführerin der Ehrenamtsagentur lernte die Gelsenkirchenerin einen neuen Umgang mit den Menschen kennen. Beim Jugendamt hatte sie zu tun mit Menschen, die einen problembezogenen Beratungsbedarf hatten. Schon als Quartiersmanagerin kamen die Menschen mit anderen Anliegen zu ihr, etwa weil sie etwas an ihrem Quartier verändert haben oder es selbst verändern wollten.
„Die Ehrenamtsagentur wird aber aufgesucht von Bürgern, die etwas wiedergeben möchten, das sie selbst erfahren durften. Oder die aufgrund einer persönlichen Erfahrung etwas tun wollen, um anderen zu helfen. Bei dieser Tätigkeit hilft mir mein Netzwerk, das ich mir als hier Lebende und Arbeitende mit den Jahren aufgebaut habe. Aber mein Netzwerk wird auch immer größer, weil hier vieles zusammenläuft. So kann ich viele Anfragen schnell beantworten und lerne trotzdem immer noch dazu.“

Flüchtingshilfe als spannende Sache

Besonders interessant fand sie die Entwicklung in der Flüchtlingshilfe. „Es war eine Herausforderung den Ansturm der Menschen, die helfen wollten, zu stemmen. Da mussten die verschiedensten Hilfsangebote kanalisiert werden, damit die Ehrenamtlichen ihren Möglichkeiten und Interessen entsprechend sinnvoll eingesetzt werden konnten. Wir haben hier 560 Menschen in rund vier Monaten in Ehrenämter vermittelt. Das war spannend.“

Aber es könnte noch mal eine Änderung geben...

Doch bei all den Herausforderungen, die die Arbeit in der Ehrenamtsagentur zu bieten hat, hat Beate Rafalski noch eine Ambition, die ihr am Herzen liegt. „Ich könnte mir wirklich gut vorstellen, Frauenbeauftragte zu werden. Die Zuwanderer mit ihren unterschiedlichen kulturellen Aspekten bieten in den nächsten Jahren ein breites Tätigkeitsfeld. Wir vergessen nämlich immer gern, dass wir noch gar nicht so lange so modern sind wie heute. Scheidungen ohne Schuldfrage gibt es erst seit etwa 1977. Dass Frauen arbeiten gehen dürfen, ohne Genehmigung ihres Ehemannes, ist auch eine Errungenschaft, die noch gar nicht so lange Gültigkeit hat. Und doch fragen wir uns, ob Frauen mit Kopftuch auch so modern sind. Natürlich müssen den Zuwanderern unser durch Werte geregelter Geschlechterfrieden und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erklärt werden. Und auch auf die Kindergärten und Grundschulen kommen große Herausforderungen zu, es muss umgedacht werden. Der Arbeitsmarkt muss sich für die Zuwanderer öffnen und sie nach ihrer Bildung und Ausbildung eingliedern. Das sind viele spannende Themen, die da in den nächsten Jahren auf uns zukommen.“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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